0853 - Tanz der Skelette
Passagiereaufnahmen, bis selbst das Dach mit Menschen überfüllt war, die teilweise aufeinandersaßen, hatte er das ganz bestimmt nicht getan. Einer seiner Beamten brachte den schon etwas betagten Chevrolet jetzt heim.
Zamorra fühlte, dass es Nicole förmlich in den Fingern juckte, sich selbst ans Lenkrad eines der Autos zu setzen. Sie war vernarrt in diese alten amerikanischen Straßenkreuzer und fuhr selbst einen Cadillac Baujahr 1959, den mit den größten Heckflossen, die es jemals an einem Auto gegeben hatte. Hier in Südamerika waren neben massenhaft Volkswagen diese Dinosaurier der Automobilgeschichte noch zu Tausenden in Betrieb, während sie im Mutterland USA bis auf wenige Ausnahmen ausgestorben waren. Vieles hatte sich verändert. Was heute als respektable Limousine galt, darüber hätte man in den 60er Jahren als unbrauchbaren Kleinwagen die Nase gerümpft.
Kurz darauf erreichten sie Zanhaka. Ein Ortsschild gab es nicht; offenbar war man der Ansicht, dass die Einheimischen ja ohnehin wussten, wo sie waren, und Ortsfremde gefälligst fragen konnten. Und lediglich kleine Wohnbaracken und leichtsinnig auf der Straße herumlaufende Hühner wiesen darauf hin, dass sich hier eine Ortschaft befand.
Langsam wurden die Häuser wohnlicher, die Straße schmaler und die Hühner vorsichtiger. Halb auf den Gehsteigen standen geparkte Autos einträchtig neben überquellenden Mülleimern, und bisweilen ließen die einen sich kaum von den anderen unterscheiden. »Wo ist denn nun dieser Friedhof?«, erkundigte sich Zamorra.
»Eines nach dem anderen«, beschied ihm Rolando. »Ich möchte, dass Sie zuerst-Vater Esteban kennenlernen, den für diese Teilgemeinde der Stadt zuständigen Geistlichen.«
»Stadt nennt dieser Sheriff das«, nörgelte Nicole. »Für mich ist das ein Dorf. Unter Stadt verstehe ich so etwas wie Rio, New York, Tokio, Paris, Rom…«
»Verschonen Sie uns mit Ihrem Größenwahn !«, unterbrach Rolando sie. Der Wagen stoppte vor einem Haus in unmittelbarer Nähe einer Kirche. »Wir sind da.« Der Kommissar stieg aus und öffnete Nicole galant die Tür.
»Machen Sie sich nur nicht zu viel Arbeit«, sagte Nicole. »Das kann ich noch selbst.«
Zamorra grinste beim Aussteigen. »Da wird der Mann alt wie 'ne Kuh und lernt doch immer noch dazu.«
Rolando warf ihm einen bitterbösen Blick zu.
Da Cavaneiro blieb sitzen. »Mit der Geistlichkeit habe ich's nicht so«, gestand er. Derweil hatte Rolando die Haustür erreicht und klopfte an.
Ihm wurde geöffnet.
»Sie schon wieder, Kommissar?«, fragte ein junger Bursche erstaunt.
»Ist der Pfarrer nicht da, Pereira?«
»Ich bin allein hier geblieben. Vater Esteban ist in der Kirche. Er fordert die Gemeindemitglieder auf, den Friedhof wiederherzurichten.«
»Dann hat es sicher keinen Sinn, ihn jetzt dort zu stören.«
»Hat es nicht«, bestätigte der junge Mann. Fragend sah er Zamorra und Nicole an.
»Das sind Professor Zamorra und seine Sekretärin«, stellte Rolando vor. »Und dieser junge Bursche ist Juan Pereira, der den Friedhof heute früh verwüstet vorfand.«
»Arbeitslos?«, fragte Nicole.
»Ich habe mir einfach freigenommen«, erwiderte Pereira. »Mein Chef wird's verstehen. Professor samt Sekretärin, hm…«
»Experten für solche Dinge«, sagte Rolando. »Parapsychologen.«
»Und Dämonenjäger«, fügte Zamorra lächelnd hinzu. »Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?«
»Sicher«, murmelte Pereira nach einem scheuen Blick auf die verführerische Nicole. »Äh, ist es in der Para-Psychologie üblich, dass Sekretärinnen so… äh… gut aussehen?«
»Was glauben Sie wohl, warum ich Parapsychologe geworden bin?«, fragte Zamorra grinsend zurück. »Erzählen Sie uns bitte von heute früh, Juan.«
»Wenn es denn schon wieder sein muss…«
***
Eine Viertelstunde später betraten sie den Totenacker. Diesmal war auch da Cavaneiro wieder dabei. Zamorra fragte sich, weshalb der Kommissar nicht mit ins Pfarrhaus gekommen war. Gut, er schien etwas gegen Geistliche zu haben, vielleicht sogar gegen Religion. Aber das musste ihn doch nicht von einem Gespräch fernhalten. Zudem konnte sich Zamorra nicht daran erinnern, dass da Cavaneiro damals eine solche Abneigung gezeigt hatte. Gut, in neun Jahren konnte einiges geschehen sein. Trotzdem…
Jetzt auf dem Friedhof war er aber wieder voll dabei.
Zamorra war von den Verwüstungen entsetzt. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen. Dass eine Hand voll Gräber zerstört war, weil die
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