0860 - Dämonische Zwillinge
bleiben?«
»Es ist unsere Art«, erwiderte ich lächelnd.
Der Bischof dachte nach. »Ich denke, wir werden später darüber noch zu reden haben.«
»Gern.«
Der Mann wandte sich ab. Er ging zu den Priestern hin, die er kannte. Auch Abbé Bloch stand dort.
Man unterhielt sich leise, während man auf den Wagen wartete, der die beiden Särge zu den Gräbern hinfuhr. Es war ein Elektroauto ohne Abgas. Man konnte auch direkt hinter ihm hergehen, ohne Angst davor zu haben, seine Gesundheit zu gefährden. Ich dachte daran, daß wir zuerst einen Erfolg erreicht, aber trotzdem verloren hatten.
Weder der Abbé noch Suko oder ich waren glücklich über diesen verdammten Fall. Was immer dieser Josephiel auch hinterlassen haben konnte, würde es in seinem Sinn weitermachen?
Wir hofften es, denn wir waren diejenigen gewesen, die den Abtrünnigen vernichtet hatten, natürlich unter Mitwirkung anderer Kräfte, aber gegen die vier mächtigen Erzengel würden auch Josephiels Erben nicht ankommen.
Es stellte sich auch die Frage, wie diese Erben oder dieses Erbe überhaupt aussah. Gab es mehrere Abtrünnige. Hatten wir mit weiteren Josephiels zu rechnen, die aus ihrer Zeit oder ihrer Dimension auf uns niederfielen?
Wir wußten die Antwort nicht, wir schlossen sie allerdings in unsere Berechnungen mit ein, auch wenn es nur Vermutungen waren.
Der Trauerzug hatte sich formiert. Tanner blieb nicht an unserer Seite.
Der Chiefinspektor hatte sich wahrscheinlich auf anderen Wegen den beiden Gräbern genähert.
Egal, was kam, egal, was passierte, ob die Hölle losbrach oder der Tag normal vorbeiging. Ich würde auf jeden Fall meine Augen offenhalten. Und wenn ich auf mein Gefühl hörte, dann wußte ich, daß es noch nicht vorbei war…
***
Chiefinspektor Tanner war kein Freund von Friedhöfen. Er mied sie nach Möglichkeit. In seinem Leben hatte er schon zu viele gesehen.
Tanner nahm die schmalen Wege zum Ziel. Wo dies lag, hatte er sich erklären lassen.
So sonnig der Tag auch aussah, auf einem Friedhof verlor sich diese Helle immer. Das mochte am Bewuchs liegen, aber auch an der Atmosphäre, die auf einem derartigen Gottesacker herrschte.
Hecken grenzten Teilstücke des Friedhofs ein, dessen Wege schachbrettartig angelegt worden war.
Ein Manhattan für Tote, dachte der Polizist und spürte die Wärme in seinem Rücken. Eigentlich war er zu warm angezogen, aber er verzichtete nun mal nicht gern auf seinen grauen Anzug, und die Weste gehörte ebenso dazu wie der Hut und die oft kalte Zigarre, die er durch die Breite seines Mundes wandern ließ. Tanner war eben ein Typ, von denen es nicht mehr viele bei der Polizei gab.
Die jungen Kollegen verließen sich mehr auf ihre Hilfsmittel, die Computer, als auf ihre Intuition oder auf ihr Gefühl. Obwohl das sehr wichtig war, aber wo sollten die jungen Kollegen auch Intuition und Erfahrung her haben?
Nur wenige Menschen hielten sich auf dem Friedhof auf. Es war besonders für ältere Leute gefährlich geworden, die Gräber ihrer Angehörigen zu besuchen, denn nicht wenige kriminelle Typen lauerten darauf, die Wehrlosen zu überfallen.
Die Welt war kälter und brutaler geworden, das wußte nicht zuletzt der Chiefinspektor, der tagtäglich mit diesen Phänomenen konfrontiert wurde und sich oft genug fragte, wie Menschen es fertig brachten, so grausam zu sein.
Aber auch er lernte.
Seit einigen Jahren kannte er die beiden Geisterjäger, die zwar Polizisten waren, sich aber mit Fällen beschäftigten, über die viele ihrer Kollegen noch immer lachten.
Auch Tanner war am Anfang skeptisch gewesen, hatte seine Meinung aber revidieren müssen. Sehr oft war er nach Beendigung der Fälle mit einbezogen und informiert worden. Da hatte er dann von Tatsachen gehört, die selbst einem abgebrühten Mann wie ihm noch die Haar zu Berge stehen ließen.
Auch jetzt war er wieder in Fälle eingespannt, bei denen er sich persönlich betroffen fühlte. Da wurden in verschiedenen Teilen Europas Priester oder Theologen umgebracht, die sich mit bestimmten Forschungen beschäftigten. Und einer dieser Männer war Malcolm Worriner gewesen.
Dieser Mann war mit dem Kopf zuerst in ein Ölfaß gesteckt worden. So etwas zeugte von einem ungeheuren Haß oder dem Willen, grausam abzurechnen.
Oft gab es Friedhöfe, die aus zwei Teilen bestanden. Einem alten und einem neuen. Das war hier nicht so. Auch die neuen Gräberfelder waren so in den alten Teil integriert worden, daß es höchstens dem Kenner auffiel, wo
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