0862 - Eiswind der Zeit
Los, wir müssen zu der Stelle, an der die GORSELL sein müßte!"
Ja, in ferner Zukunft.
„Trotzdem - oder gerade deshalb! Noch immer sind uns die Zusammenhänge zwischen Raum und Zeit nicht völlig klar. Auch wenn wir von Mugnammor nach Terra versetzt wur-den, so war es stets Kreta. Das beweist doch den Zusammenhang eindeutig, oder bist du anderer Meinung?"
Keineswegs! Finden wir die Stelle.
Adams konnte den Hügel, auf dem er gestern gestanden, leicht identifizieren. Er machte sich die Mühe, noch einmal auf seinen Gipfel zu steigen und sich umzusehen.
Zu seiner Überraschung war die Echse wieder da, sie schien hier ihren Unterschlupf zu haben.
„He, Dino!" rief er ihr gut gelaunt zu. „Schade, daß wir uns nicht unterhalten können.
Ha-be nie gewußt, daß es auf Kreta auch Saurier gab."
Das ist kein Saurier, eher ein Leguan, Homer.
„Sei nicht so kleinlich, Betty. Dort ist übrigens der Pfad, den wir gestern hochgingen."
Pfad ist übertrieben, wies sie ihn zurecht. Und nun rede nicht soviel, ich will versuchen, Kontakt mit Harno aufzunehmen.
„Mit dir möchte ich auch nicht verheiratet sein", knurrte er unwillig und stieg in den weiten Talkessel hinab.
Wir sind mehr als das, gab Betty Toufry zurück.
Adams erkannte das Gelände wieder, wenn er auch gestern in umgekehrter Richtung spaziert war. Von dem Feuer der Eingeborenen war nichts mehr zu bemerken. Wahrscheinlich waren sie nach dem Fest weitergezogen.
Als er stehenblieb, war er sicher, die richtige Stelle gefunden zu haben. Erschöpft setzte er sich auf einen Stein, der von der Sonne erwärmt war.
„Nun?" erkundigte er sich.
Betty Toufry reagierte nicht.
*
Die Impulse waren ungemein schwach und kaum verständlich, aber für die Altmutantin konnte es keinen Zweifel geben, daß sie von Harno stammten.
Allmählich kamen wenigstens Emotionen durch. Sie waren nicht beruhigend, ganz im Gegenteil. Harno schien sich in arger Bedrängnis zu befinden, und mit ihm wahrscheinlich auch Hotrenor-Taak.
Betty Toufry rief immer und immer wieder, aber sie wußte nicht, ob die zurückkommen-den Impulse eine direkte Antwort darstellten oder nicht.
Adams hatte sich lang ausgestreckt und versuchte, sein Gehirn zu blockieren, um Betty Toufry nicht in ihrer Konzentration zu stören. Er empfing die fernen Impulse genauso gut wie sie.
Sie wurden allmählich deutlicher, so als würde sich der Sender - also Harno - ihnen langsam nähern. Durch Raum oder Zeit, das blieb unbeantwortet.
Immer wieder schickte Betty Toufry ihre telepathischen Signale aus, um Harno das An-peilen zu erleichtern. Diese Signale mußten nicht nur unvorstellbare Entfernungen über-brücken, sondern auch unbekannte Zeiträume.
... Insel Kreta ... Terra... etwa achttausend Jahre ...
Harno! Wir SIND auf Kreta, mehr als achttausend Jahre in der Vergangenheit. Was sol-len wir tun?
Die Antwort kam diesmal klar und deutlich: Nichts! Wir werden euch holen!
Betty Toufry stellte die logische Frage: Wir? Wer ist wir? Kann denn Hotrenor-Taak helfen?
Harno teilte mit: Nein, nicht er! Wir - das bin ich und das Unbekannte, das mich in den Zeitstrom zog, ge-gen meinen Willen. Ich weiß es nicht. Wartet!
Von dieser Sekunde an schwieg Harno.
*
Adams richtete sich auf. Er ließ den Platz, an dem er die GORSELL gesehen hatte, kei-ne Sekunde aus den Augen.
„Verstehst du das alles, Betty?" fragte er ratlos. „Es geschehen Dinge, für die es keine vernünftige Erklärung gibt. Aus eurem Dialog geht doch klar hervor, daß Harno keinen Einfluß auf das Geschehen hat. Er ist hilflos wie wir. Etwas Unbekanntes steckt dahinter. Etwas, das eine unvorstellbare Macht besitzt. Etwas, das Raum und Zeit beherrscht und Harno für seine Zwecke gebraucht - oder mißbraucht."
Harno ist hier, wo auch wir jetzt sind. Nur in einer anderen Zeit. Er hat nichts anderes zu tun, als in die Vergangenheit zu reisen - oder uns in seine relative Gegenwart zu holen. Ob ihm das Unbekannte dabei hilft, bleibt vorerst eine offene Frage.
„Du hast eine verdammt nüchterne Art und Weise, die Dinge zu sehen", kritisierte Adams. „Aber wahrscheinlich ist sie richtig."
Da Betty Toufry keinen Kommentar gab, blieb er stumm. Noch einmal rollten die Ereignisse vor seinem geistigen Auge ab. Er sah alle Einzelheiten wie in einem Film vor sich, und er wußte, daß er ohne seine phänomenale Begabung schon diesen Platz, an dem er nun war, nicht wiedergefunden hätte. Leider reichte diese Begabung aber nicht aus, ihm
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