0869 - Die Tage des Ungeheuers
die von allen Seiten auf ihn eindrangen. Er erkannte, daß er noch weit von seinem Ziel entfernt war. Auf der anderen Seite aber nahm er auch zur Kenntnis, daß nichts versäumt wurde, was zu unternehmen wert war. Das war gut.
4.
„Ich stelle zur Debatte", sagte Jen-tho Kanthall, „daß unser bisher meistversprechender Versuch, die von Dargist ausgehende Gefahr zu bannen, ein absoluter Fehlschlag war und daß unsere Mittel, dem Ungeheuer zu begegnen, erschöpft sind."
Er sprach in bitterem Ernst. Seine Zuhörer waren Payne Hamiller, Kershyll Vanne, Walik Kauk, Mara Bootes Kauk und - wenn man ihn dazurechnen wollte - Augustus, der Ka-zwo, der, wie es seine Art war, in einer Ecke des Besprechungsraums stand und so tat, als gehe ihn das alles nichts an.
Payne Hamiller musterte Kanthall aus kurzsichtigen Augen.
„Ich habe dem nur eines entgegenzusetzen", erklärte er. „Eine theoretische Erwägung, wenn Sie so wollen. Dargist wurde von Menschen erschaffen, deren technologisches Wissen nicht größer ist als das unsere. Wie kommt es, daß wir uns gegen ein von unseresgleichen erschaffenes Wesen nicht wirksam zur Wehr setzen können?"
„Ihre Frage stellt die Lage zu einfach dar", antwortete Jentho Kanthall. „Wenn wir die Zeit und die Mittel hätten, könnten wir Dargist letzten Endes bezwingen. Aber es fehlt uns beides. Vor allen Dingen fehlen uns die Mittel. Denn es gibt keinen Zweifel daran, daß das Ungeheuer zumindest von einem Teil der posi-Die Tage des Ungeheuers 13 ironischen Elemente an Bord unterstützt wird."
„Als Nichtfachmann hätte ich gerne gewußt", bemerkte Walik Kauk, „ob man inzwischen schon eine Vorstellung hat, wer oder was Dargist eigentlich ist."
„Wir können spekulieren", sagte Hamiller, „und ich glaube, unsere Spekulationen sind ziemlich gut. Dargist besteht aus einer großen Menge halb-selbständiger Elemente, von denen die Mehrzahl positronisch, einige aber ganz ohne Zweifel organisch, also bionisch sind. Diese Elemente sind die winzigen Gebilde, die wir im Innern des Nebels umhersurren sehen. Eine Gruppe solcher Elemente, nehme ich an, bildet den Steuer- und Kontrollmechanismus. Die übrigen haben spezifische Funktionen wie die Energieversorgung, Orten und Tasten oder ganz allgemein Wahrnehmung, Projektion des fünfdimensionalen Feldes, das wir als Nebel sehen, Kommunikation mit den Anlagen an Bord, die Dargist unterstützen -und so weiter. Dargist ist, bis auf die Verbindung mit Einheiten der Bordpositronik, autark. Das macht ihn so schwer angreifbar."
Jentho Kanthall machte eine ungeduldige Geste.
„Wir schweifen ab!" mahnte er. „Auf unserer Tagesordnung steht nur ein einziger Punkt: Wie beseitigen wir die Gefahr?"
Walik Kauk sah unwillig zu ihm auf.
„Du klingst ganz so, als wärest du sicher, daß es darauf eine Antwort gibt."
„Das will ich hoffen", knurrte Kanthall. „Ich habe die Lösung vor zwei Tagen zum erstenmal angedeutet. Dargist will, daß an Bord der BASIS die Lehre der Reinen Vernunft herrscht. Also muß ein Aphili-ker her, und dieser Aphiliker muß das Kommando an Bord übernehmen!"
Seine Zuhörer blickten überrascht auf. Hamiller blinzelte.
„Ich erinnere mich, daß ich Sie das sagen hörte. Aber woher wollen Sie einen Aphiliker zaubern?"
„Die Frage geht an Sie zurück", antwortete Jentho Kanthall. „Sie sind der Wissenschaftler. Sie sind der Fachmann.
Die Aphilie und ihre Ursachen sind- bis ins kleinste Detail studiert worden. Wir wissen alles, was es über die Aphilie zu wissen gibt, von der Deformation des Medaillon-Spektrums bis zur Modifizierung der Zellkernstrahlung aphilischer Gehirne. Meine Frage an Sie: Läßt sich der Effekt, der die Aphilie erzeugt, im Labor simulieren?"
„Du meine Güte!" rief Hamiller überrascht. „Wollen Sie uns alle in Aphiliker verwandeln?"
„Nein. Nur einen von uns!"
„Wen?"
Ein bitteres Lächeln flog über Jentho Kanthalls kantiges Gesicht.
„Den Mann, der in der Aphilie nach Trevor Casalle die zweite Rolle spielte: mich!"
„Kanthall, Sie verlangen nahezu Unmögliches!" antwortete Payne Hamiller, nachdem er ein paar Sekunden lang nachgedacht hatte. „Um die Strahlungsverhältnisse von Medaillon im Labor zu simulieren, müssen wir experimentieren. Niemand kann sagen, wie lange das dauern wird. Und selbst wenn wir Erfolg haben - wollen Sie vierzig Jahre lang warten, bis die Aphilie von Ihnen Besitz ergreift?"
„Man muß die Strahlung intensivieren!" erklärte Kanthall.
Hamiller
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