0869 - Die Tage des Ungeheuers
gefragt?"
„Der Befehl wurde durch den Diensthabenden der Hafenwache übermittelt, Sir", erklärte die Ordonnanz. „Dieser war über das Fahrtziel nicht informiert."
„Durch die Hafenwache?" polterte Bahrajn. „Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?"
Wenige Minuten später erschien Segun Bahrajn im Kommandoraum. Der Erste erstattete Bericht. Es verhielt sich alles so, wie die Ordonnanz gesagt hatte.
„Sie sind sich darüber im klaren, daß ich einen solchen Befehl nicht anerkennen kann!" grollte Bahrajn.
„Völlig, Sir", antwortete der Erste. „Aber die Sache ist merkwürdig genug, daß ich es auf mich nahm, Sie wecken zu lassen."
„Verdammt richtig!" knurrte Bahrajn. „Wenn hier einer Späßchen mit uns macht, dann wollen wir herausfinden, wer es ist!"
In den nächsten zwanzig Minuten führte er mehr als ein halbes Dutzend Radiokom-Gespräche. Er erreichte das Amt des Obersten Terranischen Rates, aber es gelang ihm nicht, mit Roi Danton selbst in Verbindung zu treten. Im Amt wußte man nichts von etwaigen Reiseplänen des Obersten Rates.
Bahrajn führte die Gespräche von seinem Privatquartier aus. Er sprach gerade mit dem Offizier der Hafen-Die Tage des Ungeheuers wache, als der Summer ertönte. Ohne sich in seiner Beschäftigung stören zu lassen, betätigte Bahrajn den Schottöffner. Er hörte Schritte hinter sich, sah jedoch nicht auf. In diesem Augenblick sagte der Mann von der Hafenwache: „Wenn er keinen Doppelgänger hat, dann muß er es selbst sein. Ich werde doch Danton erkennen, wenn ich ihn ..."
Er stockte und bekam merkwürdig große Augen.
„Was ist?" fragte Segun Bahrajn ungeduldig.
„Drehen Sie sich um!" riet ihm der Wachhabende. „Und sehen Sie selbst!"
Segun Bahrajn wirbelte den Sessel herum. Vor sich sah er den Ersten Offizier und, in seiner Begleitung, den Obersten Terranischen Rat. Er sprang auf.
„Sie...?"
Roi Danton wirkte ungewöhnlich ernst.
„Sind Sie startbereit?" fragte er.
„Jederzeit, Sir!" versicherte Segun Bahrajn.
„Dann starten Sie!"
„Ich habe kein Fahrtziel, Sir!"
Roi Danton griff in die Tasche und brachte einen kleinen Plastikumschlag zum Vorschein. Er reichte ihn Bahrajn.
Der Kommandant öffnete den Umschlag und entnahm ihm eines jener dünnen Halbleiterplätt-chen, wie sie zur Speicherung computergerechter Daten verwendet werden.
„Das sind die Zielkoordinaten", erklärte Roi Danton. „Ich möchte, daß wir in fünfzehn Minuten unterwegs sind."
Bahrajn begriff, daß hier jedes weitere Wort als unnütz empfunden wurde. Er eilte zum Kommandostand, erwirkte binnen acht Minuten die Starterlaubnis, spielte die Koordinaten des Zielpunkts in den Bordrechner und brachte es fertig, daß die BAIKO genau dreizehn Minuten nach dem kurzen Gespräch mit Danton von ihrem Startplatz abhob.
Den Obersten Terranischen Rat schien der Startvorgang als solcher nicht im geringsten zu interessieren. Er hatte sich vom Ersten Offizier ein Quartier anweisen lassen und war darin verschwunden.
Als die BAIKO die irdische Atmosphäre verließ, nahm Segun Bahrajn sich Zeit, die Daten zu inspizieren, die er von Roi Danton erhalten hatte. Der Bordrechner erzeugte auf einem Datenbildgerät eine perspektivische Ansicht der Milchstraße. Hoch über dem galaktischen Sternengewirr markierte ein gelbleuchtender Punkt den Zielort, den die BAIKO ansteuerte.
„Fast hätte ich's mir denken können!" murmelte Segun Bahrajn zu sich selbst. „Der Standort der BASIS!"
Als am Morgen des 4. Mai 3586 Julian Tifflor sein Arbeitszimmer betrat und als erstes das Datensichtgerät aktivierte, um zu sehen, ob während der Nacht irgendwelche Nachrichten für ihn eingetroffen waren, fand er eine Memozeile, die mit dem Kürzel ROD begann. Das war die Abkürzung, die Roi Danton benutzte.
Tifflor holte das Memo aus dem Speicher und las es. Es bestand nur aus fünf Zeilen. Der Inhalt war schwerwiegend. Roi Danton hatte nur die Tatsachen mitgeteilt, aber keine Erklärung gegeben.
Tifflor saß eine ganze Zeitlang da, nur mit seinen Gedanken beschäftigt. Eine Viertelstunde verging. Dann rief er einen seiner Ratgeber -den zuverlässigsten von allen, Henry den Zweiten, einen Roboter vom Typ Vario-211.
Henry trat ein. Er war verhältnismäßig hochgewachsen. Glatze, wäßrige Augen und dümmliches Gesicht vermittelten den Eindruck, als könne Henry kein Wässerchen trüben. Das war Tarnung. In seiner früheren Erscheinungsform, als Henry der Erste, hatte der Vario zuviel weibliches
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