087 - Bei Vollmond kommt der Tod
können?
Die Sonne hatte sich verabschiedet, Dämmerung kroch über die endlose Weite des kanadischen Waldes.
Aber es würde heute nicht so dunkel werden, daß man die Hand nicht vor den Augen sah. Der Vollmond würde reichlich Licht spenden und die schwarzen Wesen mit unheilbringenden Kräften nähren.
Werwölfe… Immer wieder hatte ich mit ihnen zu tun. Zuletzt war es ein besonders gefährliches Exemplar gewesen: Xarr, der Wolfsmann, ein schwarzer Druide, der den Vollmond nicht brauchte, um sich in eine reißende Bestie verwandeln zu können. Xarr konnte auch bei Tag, im grellsten Sonnenschein, zum Monster werden.
Wenn ich an ihn dachte, beschlich mich selbst jetzt noch ein eigenartiges Gefühl.
Ich sah vor meinem geistigen Auge das Boot explodieren, auf dem er sich befunden hatte, aber war Xarr wirklich tot? [1]
Der schwarze Druide besaß die Fähigkeit, sich mittels eines magischen Katapults aus dem Gefahrenbereich zu retten.
Wer war schneller gewesen?
Xarr oder die Explosion?
Ich wurde das häßliche Gefühl nicht los, daß wir irgendwann wieder von dem Wolfsmann hören würden.
Ich schüttelte die unangenehme Erinnerung an Xarr ab und schickte mich an, aus dem Hubschrauber zu klettern. Da tauchte plötzlich Alain Delacorte in meinem Blickfeld auf.
Ich dachte, er hätte die Absicht, auch mich um Hilfe zu bitten, doch bei dem, was er vorhatte, brauchte er meine Hilfe nicht.
Mir gefror das Blut in den Adern, als er mich in die Mündung seiner Pistole blicken ließ.
Was ist mit Mr. Silver? durchzuckte es mich. Ich machte mir in diesem Moment mehr Sorgen um den Ex-Dämon als um mich. Der Hüne hätte nie zugelassen, daß mich Alain Delacorte mit einer Waffe bedrohte. Was war ihm zugestoßen?
Ganz schmal waren die Augen des Piloten. Eiskalt starrte er mich an.
Blanke Mordlust glitzerte in seinen Augen, und mir wurde klar, daß es in Wirklichkeit gar keine Panne gab. Delacorte hatte sie simuliert.
Ich überspielte das flaue Gefühl, das mich ausfüllte. Meine Brauen zogen sich zusammen. Ich starrte den Piloten ärgerlich an. »Delacorte, haben Sie den Verstand verloren? Was soll das?«
Alain Delacorte grinste feindselig. »Sie denken, ich weiß nicht, was ich tue, Mr. Ballard?«
»So sieht es aus. Wo ist Mr. Silver?«
»Ich habe ihn schlafen gelegt.«
»Einfach so? Das glaube ich nicht.«
»Ich habe ihn genauso Überrascht wie Sie.«
»Und was bezwecken Sie damit?«
»Hab' ich doch geschickt eingefädelt, das Ganze, nicht wahr?«
»Wenn Sie sich ein Lob von mir erhofften, können Sie lange warten«, sagte ich schneidend, während sich in meinem Kopf die Gedanken überschlugen. Ich suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus dieser miesen Situation. Aber eine entsicherte Waffe war ein gutes Argument, mich zum Stillsitzen zu überreden.
»Mit dem Hubschrauber ist alles in Ordnung«, sagte Alain Delacorte. »Als ich hörte, wen ich zu Fisher fliegen soll, war mir klar, was ich tun muß«, sagte der Pilot. »Sie wollen zu Pasquanell. Und Pasquanell ist ein Werwolfjäger. Er ist hinter Eliot Oakland her, und nun schließt sich der Kreis, denn Oakland ist mein Bruder.«
»Ach, Sie heißen nicht Delacorte, sondern Oakland?«
Der Pilot lachte. »Meine Güte, Ballard, Sie verstehen aber auch gar nichts. Eliot Oakland ist ein Werwolf !«
»Jetzt geht mir ein ganzer Kronleuchter auf«, sagte ich mit belegter Stimme. »Ihre brüderlichen Bande zu Oakland bestehen auf magisch-dämonischer Basis.«
»Sie haben es erfaßt, Mr. Ballard. Deshalb werden Sie verstehen, daß ich Sie daran hindern muß, sich Pasquanell anzuschließen.«
»Das lag eigentlich nicht in meiner Absicht.«
»Ach, kommen Sie, Ballard. Wenn Pasquanell Hilfe braucht, sind Sie der Letzte, von dem er sie nicht bekommt; so viel Menschenkenntnis habe ich.«
Verdammt und zugenäht, durchfuhr es mich. Alain Delacorte hat Mr. Silver spielend ausgeschaltet, und ich bin ihm nun auf Gedeih und Verderb ausgeliefert! Wie läßt sich das ändern?
Die Sonne war untergegangen. Die Dämmerung eilte mit Riesenschritten über das Land.
Die Stunde der Wölfe würde bald anbrechen. Sobald sich der Vollmond blicken ließ, würde Alain Delacorte fähig sein, sich in ein gefährliches Monster zu verwandeln.
Wollte er mich bis dahin mit der Pistole in Schach halten?
»Okay, Delacorte. Sie haben Ihre Karten gut ausgespielt«, sagte ich grimmig. »Was nun?«
»Das liegt doch eigentlich auf der Hand, oder? Ich werde Sie töten.«
»Wenn das Ihr fester
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