0879 - Henker-Dämmerung
als ein Wunder, dass ich überhaupt eure Sprache verstehe. Aber mein Meister hat mir vorausgesagt, dass es so kommen würde. Er wollte mir alle notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, damit ich Professor Zamorra finde.«
»Dann hat dein Meister offenbar damit Erfolg gehabt«, sagte der Dämonenjäger. »Denn ich bin Zamorra!«
Im Blick des jungen Besuchers glomm Misstrauen auf.
»Wirklich?«
»Zeig ihm doch deinen Personalausweis, Chef«, meinte Nicole trocken. Doch ihre Bemerkung war nur als Witz gedacht gewesen. Wenn auch der Fremde durch magischen Einfluss scheinbar fließend Französisch sprach, so würde er wohl kaum die Buchstaben des Alphabets beherrschen.
Simoor wandte sich an die Jugendlichen, in sich inzwischen neugierig genähert hatten. Bei ihnen war jede Furcht verschwunden.
»Spricht dieser Mann die Wahrheit? Ist er wirklich Professor Zamorra, der gegen die Mächte des Bösen kämpft?«
»Klaro«, erwiderte Charlotte. »Er heißt Zamorra und ist der Herr von Château Montagne. Und das ist so, seit ich denken kann.«
Sie hob die Schultern.
Simoor starrte sie an, ihre hautengen Jeans… Ihm fielen bei diesem Anblick fast die Augen aus dem Kopf.
»Ich… ich glaube dir. Wer könnte die Worte einer solch liebreizenden holden Maid anzweifeln?«
»Dann ist ja alles in Ordnung.«
»Warum wollte dein Meister, dass du mich suchen solltest?«, fragte Zamorra.
»Das würde ich lieber unter vier Augen mit dir besprechen, großer Zamorra!«
»Sechs Augen. Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Gefährtin Nicole Duval.«
Mit diesen Worten legte Zamorra eine Hand auf Nicoles Schulter. Simoor zog sie einmal kurz mit seinen Blicken aus und lächelte dann erneut.
»Dies hier muss die Welt der schönen Frauen sein! Aber es sei, wie du es wünschst, Zamorra. Du musst ein glücklicher Mann sein, eine so wunderbare Frau deine Gefährtin nennen zu können!«
»Ein Charmeur mit Schwert und Glatze«, murmelte die Französin. »Was kommt als Nächstes?«
***
Der Henker war ein gut aussehender Mann.
Die Vorstellung, dass sich Bosheit in einem abstoßenden Äußeren widerspiegelt, traf auf ihn nicht zu. Der Künder des Dunklen Herrschers hatte edle, scharfgeschnittene Gesichtszüge. Seine schwarzen, lockigen Haare wallten bis auf die Schultern. -Er trug den Helm unter dem Arm, als er in klirrender Rüstung die Höhle des Dunklen Herrschers betrat. Der Anbetungsplatz wurde nur von wenigen Fackeln erhellt. Die mächtige Bestie hielt sich in den hintersten Felsspalten des unübersichtlichen Grottensystems verborgen.
Der Henker war der einzige Mensch, der ihren Anblick bisher ertragen hatte, ohne wahnsinnig zu werden. Daher war ihm ja auch die zweifelhafte Ehre zuteil geworden, sich als oberster Dämonenknecht des Schwarzblütigen dessen »Künder« nennen zu dürfen.
Obwohl der Henker selbst seine Seele bedingungslos dem Dämon verschrieben hatte, überkam selbst ihn im Allerunheiligsten, in unmittelbarer Nähe seines Herrn, eine grausame Beklemmung des Herzens.
Der Dunkle Herrscher war ohne Zweifel die böseste Entität, die in dieser Welt existierte. Seine bloße Anwesenheit wirkte wie eine zerstörerische Strahlung, die den Menschen und Tieren die Lebensenergie raubte und ihren Lebenswillen zum Verlöschen brachte.
Man musste schon so verdorben und böse wie der Henker sein, um einen Aufenthalt in den Höhlen des Dunklen Herrschers überleben zu können.
Ein dumpfes Grollen erfüllte die Grotte. Geräusche, die aus einer anderen Wirklichkeit kamen. Der Henker kannte diese Anzeichen, mit denen der Dämon signalisierte, dass er den Besucher zur Kenntnis genommen hatte.
Am Anbetungsplatz fiel der Henker auf die Knie. Er legte seinen Kopf auf den Richtblock, der sich hier befand. Durch diese Geste wurde die absolute Unterwerfung unter den Befehl des Dunklen Herrschers versinnbildlicht.
»Ich erwarte deinen Bericht, Künder.«
Die Stimme des Dunklen Herrschers klang wie die Schläge eines Schmiedehammers auf den Amboss. Und sie schmerzte auch genauso in den Ohren wie dieses Schlaggeräusch.
»Die Eroberung von Go'nam ist erfolgreich abgeschlossen, mein Herrscher.«
»Was ist mit den Schwert-Mönchen?«
»Wir haben sie niedergemetzelt bis auf den letzten Mann!« Der Henker lachte dreckig. Sein männlich-schönes Gesicht verzerrte sich zu einer hasserfüllten Fratze. »Diese glatzköpfigen Trottel, die ihre Naturgötzen angebetet haben, gibt es nicht mehr. Durch eine List ist es mir gelungen, die Mönche
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