0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
sondern wanderte auf der kleinen Plattform hin und her.
Die Nervosität steigerte sich bei ihm. Er kannte den Grund nicht, versuchte allerdings, ihn herauszufinden und dachte auch daran, daß er aus der nebligen Dunkelheit hervor belauert wurde.
Da war jemand.
Da hatte sich jemand versteckt.
Bäume und Nebel gaben ihm Schutz, aber dieser Jemand war mit Augen ausgerüstet, denen diese Umgebung nichts ausmachte. Er schaute hindurch, er war den Menschen überlegen. Er war ein Etwas, das aus irgendeiner Höhle hervorgekrochen war, um plötzlich zuschlagen zu können.
Ein Förster ohne Gewehr war kein Förster. Brandon hatte die Waffe zuvor gegen die Brüstung gelehnt. Nachdem sich seine Gedanken in eine negative Richtung entwickelt hatten, nahm er das Gewehr doch an sich und hängte es über die linke Schulter.
So wartete er ab. Stand wie eine Statue, den Blick zu Boden gerichtet, der für ihn nicht sichtbar war, denn über ihn hinweg wallte das Meer aus Dunst. Es riß einfach nicht ab, und der Förster fragte sich, woher es diesen gewaltigen Nachschub bekam. Da mußte sich schon die Erde geöffnet haben, um aus der Tiefe den Nebel auszustoßen, damit er die Oberwelt bedeckte.
Wieder griff er zum Glas. Mehr aus Nervosität, denn sehen würde er kaum etwas.
Er schaute hinunter.
Nebel waren Schatten, Schatten waren Nebel. Sie flossen, sie wölkten sie strömten, sie waren träge und langsam, sie hatten alle Zeit der Welt, denn nichts störte sie.
Nichts?
Brandon King zuckte zusammen, als er den Schatten sah, der von der rechten Seite her über die Lichtung huschte: ein langgestrecktes Etwas.
Trotz der schlechten Sicht ging der Förster davon aus, Bescheid zu wissen.
Was da unter ihm herhuschte und aussah, als würde es in dem Dunst schwimmen, erinnerte ihn an einen Schäferhund und an einen Wolf.
Der Förster drehte sich nach links. Das Glas machte diese Bewegung mit, es war bereits zu spät, denn von dem Schatten entdeckte er nichts mehr. Er war einfach an der linken Seite der Lichtung verschwunden und mußte sich im Unterholz des Waldes verkrochen haben, obwohl Brandon kein Rascheln oder Knacken gehört hatte.
Er atmete stark aus und ließ das Glas langsam sinken. Der Schweiß lag plötzlich wie kaltes Öl auf seiner Stirn, und das gab ihm schon zu denken. Da war etwas geschehen, das er sich nicht eingebildet hatte. In den letzten Sekunden war er zu einem Zeugen geworden.
Dieser Wald war nicht normal. In ihm lebte etwas, das er nicht hatte identifizieren können. Ein böser, schrecklicher Schatten, ein Tier auf vier Beinen und…
Ein anderes Geräusch lenkte ihn ab.
Er hatte dafür keine Erklärung, aber er spitzte die Ohren und lauschte diesen ungewöhnlichen Lauten.
Flapp… flapp…
Was war das?
Unwillkürlich duckte sich der Förster, weil er den Eindruck hatte, aus der Höhe attackiert zu werden, denn über seinem Kopf war das Geräusch erklungen.
Und über den Bäumen…
Er legte den Kopf zurück, stierte hinein in den wandernden Nebel, der auch durch die Höhe floß, aber von keinem anderen Gegenstand unter- oder durchbrochen würde.
Auch das Geräusch war verstummt.
Die Stille drückte gegen den einsamen Mann auf dem Hochsitz. Brandon King stellte sich die Frage, ob dieser Hochsitz noch der richtige. Platz für ihn war. Seine Bewegungsfreiheit war doch ziemlich eingeengt. Das konnte, wenn er sich wehren mußte, zu einem gefährlichen Hindernis werden, und deshalb mußte er weg.
Das Gewehr ließ er nicht über seiner linken Schulter hängen, als er sich auf den Weg machte. Die Glätte der Stufen hatte nicht abgenommen, noch immer mußte er sehr vorsichtig sein und schauen, wohin er trat, als er nach unten stieg.
Aus diesem Grunde schaffte der Mann es nicht, die Umgebung so zu beobachten, wie es hätte sein müssen. Er befand sich etwa auf der Mitte der Leiter, als er wieder dieses Geräusch hörte. Plötzlich war es gar nicht mal weit von ihm entfernt. Es klang verdammt laut und häßlich.
King blieb stehen. Sein Kopf ruckte nach links. Von dort hatte er die Laute vernommen.
Blitzschnell war der Schatten da. Zu schnell für den Förster, der sich nicht mehr wehren und nur noch die Arme hochreißen konnte. Von zwei Seiten erwischten ihn die ledernen Schwingen. Bevor sie auf ihn niederfielen, hatte er noch einen Blick in eine häßliche Fratze werfen können, in der sich besonders die kleinen, unwahrscheinlich kalten Augen abzeichneten, und dann stürzte er von der Leiter.
Es war nicht
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