0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
zurecht, fuhr aber weiter, ohne es so recht zu merken, daß er zurückgeschaltet hatte und das Tempo geringer wurde.
Auch der Schatten machte diese Aktion mit. Nicht nur das, er kam auch näher.
Kenneth Bromley bremste nicht. Er folgte seinem Gefühl. Wenn er jetzt anhielt, würde er in große Gefahr geraten, das sagte ihm sein Instinkt. Deshalb rollte er so langsam weiter, daß er sich auf den Schatten konzentrieren konnte, und trotz des Nebels kristallisierten sich die Umrisse deutlicher hervor.
Das war ein Gesicht!
Ja, daran gab es keinen Zweifel. Ein Gesicht über der Straße, doch nicht das eines Menschen, sondern die Fratze eines… eines… er wollte es kaum glauben.
Eines Hundes!
Nein, auch das paßte ihm nicht.
Wo gab es Hunde mit einem derartig großen Kopf? Die Köpfe der Schäferhunde waren kleiner.
Dieser schwebende hier paßte nicht in den allgemeinen Rahmen hinein. Ken sah unter dem Kopf auch die breite Brust.
Das war… das war…
Ein Wolf!
Wie ein schrilles Alarmsignal sägte diese Tatsache durch seinen Kopf. Ein Wolf, wie es ihn eigentlich nicht geben konnte. Nicht in England, nicht in dieser Region, und dieser verdammte Wolf schwebte zudem in einem Nebelteppich über der Straße.
Unmöglich!
Kens Gesicht verzerrte sich. Der Mann, der sich weder vor Nacht noch vor Nebel fürchtete, bekam es plötzlich mit der Angst zu tun, denn was er in dieser einsamen Gegend durchlebte, das war der reine Grusel.
Er hörte sich selbst keuchen. Für einen Moment sah er seine Augen im Innenspiegel, und er hatte auch die Furcht darin erkannt.
Großer Gott!
Er bremste und brachte den schweren Truck zum Stehen.
Er saß in seinem Fahrerhaus, hätte sich eigentlich ziemlich sicher fühlen können und stellte den Motor ab. Eine ungewöhnliche Stille trat ein. Nur unterbrochen von leisen Geräuschen. Hier und da ein Knacken, als würden Knochen brechen. Der große Truck »atmete« aus, Laute, die ihm bekannt waren. Sie gehörten einfach dazu. In diesem Fall jedoch, einsam auf einer nebligen Landstraße stehend, empfand er sie als schaurig und unangenehm.
Wieder floß eine Gänsehaut über seinen Körper. Langsam schaute er auf.
War der Schatten noch da? Tatsächlich!
Und er schwebte!
Ken stockte der Atem. Plötzlich spürte er Stiche hinter seiner Stirn. Er fragte sich, ob er bereits auf der ersten Stufe zum Wahnsinn stand. Das konnte doch nicht wahr sein, was er da zu sehen bekam.
Diesmal waren es keine Nebelschwaden, aus denen sich das Gesicht hätte bilden können, dieses Gesicht war tatsächlich vorhanden, es hatte sich sogar noch etwas erhoben und schwebte jetzt, von grauen Schleiern umflort, über der Kühlerhaube.
Konnte ein Hund- oder Wolfsgesicht tatsächlich schweben - und das ohne Körper?
Ein leiser Windhauch spielte mit dem Dunst und riß ihn so weit auseinander, daß der Fahrer für einen Moment einen freien Blick auf die Haube bekam.
Das war nicht nur ein Gesicht. Das war ein kompletter Wolf, der langsam seine Schnauze öffnete und zwei Reihen mörderischer Reißzähne präsentierte, wobei zwei von ihnen wie lange Dolche leicht gekrümmt aus dem Oberkiefer wuchsen…
***
Ken Bromley fror entsetzlich, doch es war eine innere Kälte, die ihn erstarren ließ. Er versuchte trotzdem, seine Gedanken zu ordnen, das mußte er einfach tun, sonst drehte er durch.
Der Wolf stand wie ein Wächter auf der Kühlerhaube, und Ken hatte nichts gehört. Keinen Aufprall, kein Echo, auch kein Fauchen oder einfach nur einen Schrei. Es war gar nichts da gewesen. Der Nebel hatte die Geräusche verschluckt, so, wie er vieles verbarg, das in den Wäldern am Rand der Straße lauerte.
Unheimliche Wesen, schaurige Gestalten, wie eben dieser Wolf, der in Großbritannien eigentlich nicht hätte existieren dürfen. Er war ein Tier, das in Osteuropa seine Heimat hatte, auch in Amerika, aber doch nicht in England! Es sei denn, er hatte es geschafft, aus dem Zoo auszubrechen. Man las hin und wieder davon, daß Tiere ihr Gefängnis verließen und einfach verschwanden.
Komischerweise beruhigte ihn der Gedanke, daß das Tier aus dem Zoo entwichen war. Er wußte, daß in den Zoos immer gut gefüttert wurde, der Wolf konnte nicht so hungrig sein, daß er sich auf einen Menschen stürzte.
Aber warum hockte er auf der Kühlerhaube und glotzte durch die Scheibe herein?
Ken fror stärker. Es war der Anblick der Augen, der für diese Zunahme der Kälte sorgte. Er wußte es nicht zu erklären, aber die Augen kamen ihm so
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