0881 - Das Kind der Mumie
einzufrieren.
Nein, er war nicht leer.
Jemand lag darin.
Kein Erwachsener, auch keine Mumie, es war - und sie wollten es kaum glauben - ein Kind!
***
Wieder hatte es den beiden Archäologen die Sprache verschlagen. Sie betrachteten den lebenden Inhalt und stellten fest, daß dieses kleine Kind in eine helle Decke eingewickelt worden war. Sie war so gefaltet worden, daß nur der kleine Kopf hervorschaute.
Die Männer erkannten, daß sie es hier zwar mit einem Kind zu tun hatten, sie mußten diesen Begriff jedoch spezifizieren, denn vor ihnen lag ein Baby, was die Fragen noch mehr vergrößerte.
»Wie ist das möglich?« hauchte Clayton. Er war ein Psychonaut, er war aus diesem Grunde einiges an Überraschungen gewohnt, aber für dieses kleine Wesen hatte er keine Erklärung.
Ebenso wie sein Kollege, der nur die Schultern hob, denn etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Aber er hatte einen Arm bewegt, die Hand mit der Lampe gekippt und leuchtete direkt in das Gesicht des Babys hinein, wobei er plötzlich zurückzuckte und zur Seite schaute.
»Was ist los?«
Laroche schüttelte den Kopf. »Ich… ich… weiß es nicht genau. Ein Schmerz in meinem Auge. Er strahlte von dem Kind ab.«
»Bitte?«
»Ja, ja…«
Da Laroche keine weiteren Erklärungen hatte geben wollen, versuchte es Clayton. Aber er war vorsichtiger und ließ das Licht von unten langsam nach oben wandern, stets darauf gefaßt, den Platz wechseln zu können, um sich rasch aus einer gewissen Gefahrenzone zu bringen. Der Inhalt des Sarkophags bestand nur mehr aus einem Bündel. Durch die um die Gestalt gewickelte Decke kam es dem Betrachter körperlos vor, aber das war es sicherlich nicht.
Der Lichtkegel erreichte das Gesicht. Er blieb darauf kleben. Nichts geschah, denn das kleine Kind hielt die Augen geschlossen. Clayton schnaufte erregt. Er sah einen winzigen Mund, dessen Lippen geschlossen waren, darunter ein ebenfalls winziges Kinn, auch die Nase entdeckte er, aber sie kam ihm vor wie zwei Löcher, die jemand in die dünne Gesichtshaut gebohrt hatte.
Über die Stirn glitt der helle Schein und verfing sich in etwas Dunklem.
Es waren die Haare des Babys. Der Archäologe wunderte sich darüber, daß dieses Wesen bereits mit derartig vielen und dunklen Haaren bedeckt war.
»Siehst du es auch?« fragte Laroche.
»Nein, ich…«
Da öffnete das Kind die Augen.
Genau in der Sekunde bekam auch Clayton zu sehen, was seinen Kollegen zuvor so erschreckt hatte.
Das weiße Licht der Lampe fing sich in den Augen und verwandelte sich in einen goldfarbenen Reflex, der auch Francis erreichte und wie ein Messerstich in sein drittes Auge hineinglitt, als wollte er es ausbluten oder austropfen lassen. Zum Glück war Clayton gewarnt worden, er riß den Kopf zur Seite, so daß er nicht allzu lange in das Augenpaar hineinschauen mußte. Er blickte zur Seite, der Schmerz in seinem dritten Auge ließ nach, und erst dann hob er den Blick, um Laroche anzusehen.
Sein Kollege, der stets so forsch reagiert hatte, stand auf dem Fleck und zitterte. Er hatte die Schultern angehoben, sie aber nicht wieder sinken lassen. Sein Mund war verzogen, das Auge auf der Stirn zuckte. »Ich weiß nicht, Francis. Verdammt noch mal, ich bin hier einfach überfragt. Wer ist dieses Kind?«
»Keine Ahnung, aber es lebt.«
»Ja…«
»Das Kind eines Gottes, eines Götzen, und einer Mumie.« Clayton zählte auf, was ihm gerade einfiel, »und ich weiß nicht, was wir jetzt tun sollen.«
»Ich auch nicht«, flüsterte Laroche. Dann korrigierte er sich. »Ich hatte gedacht, es mitzunehmen und es der Öffentlichkeit zu präsentieren. Wie stehst du dazu, Francis?«
»Stehlen?« hauchte dieser.
»Ja, so ähnlich.«
»Das will ich nicht riskieren.«
»Warum nicht?«
»Nein, ich habe einfach das Wissen und mehr als ein Gefühl, daß wir hier etwas in Gang gesetzt haben, das auf uns als böses Omen und als eine grausame Rache zurückfallen kann. Es ist nicht gut, was wir hier tun.«
Laroche winkte ab. »Dann willst du von hier verschwinden?«
»Ja, und alles vergessen.«
»Ich nicht, Francis. Wir haben hier einen Auftrag gehabt. Wir sind es den anderen Psychonauten schuldig, daß wir darüber berichten. Diese Entdeckung hier kann ein weiterer Schritt sein zur Erforschung des Wissens, das in dieser Cheopspyramide verborgen liegt. Die Rätsel und Geheimnisse der damaligen Welt. Ich bin davon überzeugt, daß wir endlich Beweise für Besucher aus dem All bekommen. Dieses Kind hier kann
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