0882 - Der Sonnen-Dämon
befand.
Und die Augen!
Plötzlich krümmte sich dieser rotblaue Blitz zusammen. Er fächerte auseinander und jagte in die beiden Augen hinein.
Tief hinein!
Kinok schrie!
Schmerzen durchschossen ihn. Seine Augen schimmerten für einen Moment auf, dann verloren sie ihren Inhalt. Es jagte etwas aus ihnen hervor, eine Masse aus goldfarbenem Licht und von schwarzen Schatten durchzogen. So genau konnte ich es nicht erkennen, vielleicht war es seine in diesem Augenblick zweigeteilte Seele, und der Junge drehte sich auf dem Absatz, um noch im selben Augenblick in die Höhe zu springen.
Drei menschliche Augenpaare verfolgten seinen Sprung, der einzig und allein dem Vater galt.
Die männliche Sphinx stand auf der Stelle, als wäre sie von einem Fluch gebannt worden. Sie traf keine Anstalten, den Kopf zu drehen oder sich selbst in Sicherheit zu bringen. So schafften es die hochgerissenen Arme, den Nacken dieser magischen Figur zu umfassen und sich daran festzuhalten.
Das wäre normalerweise nicht schlimm gewesen, aber der Junge trug das Zeichen des Osiris!
Und dieser Gott war gut.
So gut wie sein stigmatisiertes Symbol, das Allsehende Auge nämlich. Daß Osiris bei den alten Ägyptern im übertragenen Sinne die Sonne auch verkörperte, wurde uns in den nächsten Augenblicken bewiesen, denn Vater und Sohn strahlten so grell auf, als wären sie auf der Stelle in einem gleißenden Lichtbogen explodiert.
Nein, das war die echte Sonne.
Das wunderbare Licht, das uns Menschen ein Leben erst ermöglichte, das nun dabei war, die schlechte Existenz zu zerstören oder sie bereits zerstört hatte.
Es gab die beiden nicht mehr.
Vater und Sohn waren verschwunden.
Aber es gab Shao, mich und natürlich Guy Laroche, den Psychonauten, der überlebt hatte.
Und es gab ein Büro, vor dessen Fenster ein Rollo hing, um das Licht der Sonne abzuhalten.
Dabei war sie doch so etwas Wunderbares…
***
Wir waren zunächst nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. So stark steckten wir noch in den. Erlebnissen der anderen Welt, Zeit oder Dimension.
Ich bückte mich, denn ich wollte mein Kreuz aufheben. Ich nahm es an mich, lächelte ihm zu, es war wieder normal, dann hängte ich es wieder an seinen alten Platz.
Laroche hielt den Kopf gesenkt. Er schluchzte. Shao und Suko standen zusammen, sie hatten sich umarmt und trösteten sich gegenseitig. Ich aber ging auf Guy Laroche zu und führte ihn zu einem Stuhl. Dort drückte ich ihn nieder.
Er konnte nicht sprechen, er würde einige Zeit brauchen, um zu begreifen, daß sein Leben wieder in normalen Bahnen lief, auch wenn er einen Freund verloren hatte.
Ich war ungehalten, als plötzlich die Tür aufflog. Gregory kehrte zurück, nicht allein, er hatte Verstärkung mitgebracht. An den Rangabzeichen des zweiten Mannes, der sich neben Gregory aufgebaut hatte, erkannte ich einen hohen Dienstgrad.
Auf den Gang standen mehrere Beamte wie Leibwächter. Der hohe Offizier herrschte mich an. Er schaute mir dabei drohend ins Gesicht. »Was ist hier vorgefallen?«
Ich lächelte ihm zu. »Vorgefallen?«
»Ja, zum Teufel!«
»Sehen Sie was?«
Er schaute sich um. »Nein«, gab er zu. »Nein, ich sehe nichts.«
»Eben.«
Der Mann wandte sich an Gregory. »Was haben Sie mir denn alles erzählt? Verdammt!«
»Sir, ich… ich…« Er schnappte nach Luft. »Ich habe gesehen, wie… wie…«
»Gar nichts haben Sie gesehen, Gregory. Kommen Sie mit, wir sprechen uns noch.« Dann bekam ich wieder einen bösen Blick zugeworfen. »Und wir auch, Mister…«
»Natürlich«, sagte ich, »aber später, viel später…«
ENDE des Zweiteilers
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