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0887 - Blutiger Nebel

0887 - Blutiger Nebel

Titel: 0887 - Blutiger Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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präsentiert, doch nun… van Zant war erschüttert. Der Korpus schien geschrumpft zu sein, eingefallen. An mehreren Stellen waren breite Risse zu erkennen, aus denen intensiver Gestank drang. Grünbraune Flecken überzogen die gesamte Wurzel, eine Farbe, die den Tod regelrecht plakatierte, ihn optisch vorwegnahm. In Armakath hatte es einmal einen Austausch der Wurzel gegeben - der wäre auch hier sofort notwendig gewesen, doch Parom war eine Knotenwelt, deren Wurzel im Inneren des Kokons lag. Offenbar funktionierten hier die Kontrollmechanismen der Herrscher und ihrer Helfer nicht. Oder… nicht mehr? War das wieder ein Zeichen dafür, dass diese ominösen Wesen, die im Hintergrund die Fäden zogen, den Überblick zu verlieren schienen?
    Als die mentale Stimme der Wurzel in den Köpfen von Lakir, Vinca und Artimus ertönte, da war in ihr nach wie vor die Arroganz zu spüren, die sie auch vorher ausgezeichnet hatte. Dennoch hatte sie sich verändert, war schwächer, gebrechlicher geworden.
    »Ihr wagt es? Ihr wagt den Weg zu mir? Wächterin und Krieger - ihr habt versagt. Schaut mich an. Ihr hättet das verhindern müssen.«
    Lakir machte einen Schritt auf die Wurzel zu, doch der intensive Gestank hielt sie auf Distanz.
    »Aber wie hätten wir das gekonnt? Sind wir nicht Gefangene? Sag, was ist geschehen?«
    Die Stimme der Wurzel wurde von Sekunde zu Sekunde undeutlicher.
    »Siehst du das denn nicht, törichte Wächterin? Ich vergehe… sterbe… und mit mir der Knotenpunkt Parom. Der Plan - er ist gefährdet, weil diese Knotenwelt versagt, weil ich nicht stark war. Ihr hättet mich retten können, doch mein Mörder kommt aus eurer Mitte.«
    Vinca und Lakir sähen sich entsetzt an. Sie konnten nicht begreifen, was die Wurzel damit meinte. Doch die gab die Antwort selbst.
    »Du hättest nicht noch einmal hierher kommen sollen, fremder Krieger… wolltest du sehen, ob dein böses Werk Früchte trägt? Schau mich an. Du hast ganze Arbeit geleistet - du, mein Mörder!«
    Die letzte Silbe war noch nicht in Artimus' Kopf verklungen, da fühlte er sich gepackt, ganz so, als würde die Wurzel ihn fassen, zu sich ziehen. Van Zant stemmte sich mit aller Kraft gegen den Sog, der ihn Zentimeter um Zentimeter näher zum Wurzelkorpus brachte. Vergeblich - die Kraft, die an ihm riss, sie war viel zu stark.
    Artimus hörte Lakir aufschreien, sah aus den Augenwinkeln heraus, wie Vinca nach ihm griff, doch das war zu spät. Die Wurzel - sie schien auf Artimus zuzufliegen, doch es war exakt andersherum. Am Ergebnis würde es nichts ändern, denn van Zant registrierte mit Entsetzen, wie der größte Riss im Korpus sich auftat, breiter und breiter wurde. So breit, dass er den Physiker schlucken konnte.
    Van Zant wollte schreien, doch da waren keine Töne mehr, die seiner Kehle entrinnen wollten.
    Er sah den Tod vor Augen - und es gab für ihn kein Entrinnen mehr…
    ***
    Lea Genada starb am Nachmittag des Tages.
    Pierre Robin versuchte ihrem Ehemann Quentin zumindest ansatzweise Trost zu spenden, doch das war natürlich vergebliche Mühe. Quentin nahm alles, was um ihn herum geschah, nur ansatzweise wahr.
    Lea… er hatte alles verloren, wofür er leben wollte. Was machte denn nun noch einen Sinn? Warum war sie gegangen? Ihre Phantasien… die wirren Geschichten, die sie ihm berichtet hatte… waren sie denn wirklich real gewesen?
    All diese Fragen füllten Quentins Kopf so gnadenlos aus, dass für anderes kein Platz mehr war. Ein Priester kam zu ihm, bot Beistand und Hilfe an, doch Quentin winkte nur ab. Hilfe wollte er nicht, schon gar nicht von der Kirche, denn Lea war konsequente Atheistin gewesen. Ihm war klar, was man nun von ihm als Ehemann erwartete - Beerdigung, Formalitäten… aber all das war für ihn in diesen Stunden so fern, so unglaublich gleichgültig.
    Nicht einmal die Ankündigung des Chefarztes, dass sie nicht umhin kamen, an Lea eine Obduktion vorzunehmen, konnte Quentin aus seinem Gedankengebäude zerren. Obduktion - was glaubten die Ärzte dabei finden zu können?
    Quentin Genada begann sich selbst zu hassen. In seiner Trauer baute er die Vorstellung auf, er hätte in der vergangenen Nacht bei Lea bleiben sollen, hier, auf der Intensivstation. Hätte er ihr doch nur geglaubt!
    Dann würde sie jetzt vielleicht noch leben. Zumindest aber wären sie vielleicht gemeinsam gestorben.
    Und das war es, was er nun wollte. Was Lea auch gesehen hatte, was ihr auch begegnet war, vielleicht kam es in der kommenden Nacht ja

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