0887 - Blutiger Nebel
konnte er Quentin aus dem Konzept bringen - und genau das wollte er.
»Was glaubst du wohl, was ich hier mache? Probeliegen vielleicht? Mensch, Quentin, ich habe dich für einen vernünftigen Kerl gehalten. Und was machst du nun? Mir meinen Job versauen!« Automatisch - ganz Polizist - begann Pierre Robin den gescholtenen Genada abzuklopfen. Bei seinen Jackentaschen angekommen, stoppte er. »Was hast du da? Wolltest du dich unglücklich machen? Ist nicht alles schon schlimm genug für dich?«
Genada wusste nicht, was er antworten sollte, doch dieses Problem löste sich für ihn auf eine Weise, mit der er nicht gerechnet hatte.
In der folgenden Sekunde schon war plötzlich alles anders, belanglos. Ein Rauschen lag in der Luft, ein Klang. Einer von der Sorte, die nicht von dieser Welt war. Robin wirbelte herum. Genada war augenblicklich vergessen, denn was der Kommissar durch die offenen Türen hindurch sah, war zu unglaublich. Selbst für einen Mann wie ihn, der nun wirklich schon viel gesehen hatte.
Der Begriff Klangfarbe bekam mit einem Schlag eine völlig neue Bedeutung.
Denn der Klang war dichter Nebel.
Und der Nebel war rot wie Blut!
***
Vinca von Parom hatte seinen Schild aufgebaut.
Er drückte seine Frau dicht an seinen Körper, damit auch sie von dem Schutz profitierte, den der Schild seinem Träger gewährte. Ein trügerischer Schutz, denn die Flammen kamen ja nicht nur von vorne auf sie zu. Nein - sie waren überall - unter ihren Füßen, über den Köpfen - im Rücken der Freunde.
Van Zant tat es seinem Kriegerbruder gleich, doch ihm war klar, dass der Schild ihren heißen Tod nicht verhindern konnte. Es war einfach nicht zu übersehen, dass der Wurzelschacht bereits in hellen Flammen stand. Sie konnten die Strecke bis zur vielleicht rettenden Oberfläche einfach nicht lebend überstehen, das war völlig ausgeschlossen.
Gehetzt sah sich der Südstaatler um. Direkt neben dem Aufgang zum Schacht lag eine verschlossene Öffnung, die sicher einmal in eine der Kugelhöhlen geführt hatte. Van Zant wusste, wie intensiv die Praetoren diese Öffnungen versiegelt hatten. Er hatte mehr als einmal den Versuch gestartet, mit seinem Schild diese Verschlusspfropfen zu brechen. Er war immer wieder gescheitert.
Und so konnte er zunächst nicht glauben, was ihm seine Augen da zeigten. Der aus massivem Fels bestehende Verschluss war horizontal mit einem breiten Riss durchzogen. Wie das geschehen war, konnte van Zant sich nicht zusammenreimen - vielleicht hatten die Einstürze an der Oberfläche tektonische Verschiebungen ausgelöst. Vielleicht hatte dieser Fels ganz einfach zu perfekt und nahtlos in der Öffnung gesessen? Vielleicht war es eine Kombination aus der Hitze und den Erschütterungen? Oder einfach Korrosion?
Das war Artimus unglaublich gleichgültig - das Ergebnis zählte. Und er zögerte nun keinen Augenblick länger. Vielleicht würde die Kugelhöhle sie gar nach außerhalb des Kokons führen können… Hoffnung keimte im Physiker auf. Er ignorierte die Hitze und die Flammen, die sich ausgehungert auf ihn stürzten. Er hatte nur einen Versuch, das war klar, und der musste ganz einfach funktionieren.
Aus den Augenwinkeln heraus sah Artimus, dass Vinca ahnte, was sein Freund vorhatte. Ein kurzes Nicken reichte den beiden zur Verständigung aus, dann stürmten sie gemeinsam los.
Die Schilde krachten mit großer Wucht auf den Felsbrocken, der dieser Gewalt einfach nicht mehr gewachsen war. Mit großem Getöse zerbröckelte er in unzählige Teile. Lakir stieß einen Siegesschrei aus, den Artimus so von der Wächterin noch nie gehört hatte. Sekunden später waren alle drei in dem schmalen Gang, der sich der Öffnung anschloss. Es ging bergauf, eher sanft ansteigend als steil, aber ihnen war jetzt alles recht. Wichtig war nur, die Feuerhölle so weit wie möglich hinter sich zu lassen.
Van Zant war Realist - die Flammen würden in den Gang kriechen, würden ihre ständigen Verfolger werden. Als van Zant und die beiden Paromer die erste Kugelhöhle erreichten, löste sich dieses Problem jedoch von selbst. Oben - im Kokon - musste direkt über ihnen ein Gebäude eingestürzt sein. Der Boden unter ihren Füßen schwankte. Hinter ihnen stürzte der schmale Gang mit einem Schlag völlig in sich zusammen. Einen Rückweg gab es nun nicht mehr, aber auch keine direkte Gefahr mehr durch das Feuer.
Van Zant blickte sich um. Die Höhle war relativ klein - kaum zehn Schritte im Durchmesser. Wie diese
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