0887 - Das Horror-Pendel
zitterte.
Seine Hand rutschte über das Gesicht. So konnte er wieder klar sehen, denn das schreckliche Bild hatte er sich nur ausgemalt.
Hollmann lag noch immer auf der Steinplatte. Und das Pendel bewegte sich auch weiterhin über seinen Körper hinweg. Kein Blut quoll aus der Wunde, denn die scharfe Schneide des Steins hatte die blanke Haut bisher nicht einmal geritzt.
Aber es würde sehr bald geschehen. Es blieb einfach nicht aus, denn vor jedem weiteren Pendelschwung sackte der mächtige Halbmond aus Stein wieder tiefer.
Harry Stahl zitterte. Er kam mit diesem furchtbaren Bild nicht zurecht.
Er wußte auch nicht, wie es entstanden und ob es echt war. War es eine Halluzination? Trug er die Schuld daran? Waren seine Gedanken dermaßen intensiv und stark, daß sie selbst dieses verdammte Bild hatten erschaffen können?
Nichts, aber auch gar nichts traf zu, zumindest konnte er es sich nicht vorstellen. Hier war alles anders gelaufen. Er befand sich in einem Gefängnis, er steckte fest, andere Mächte hatten die Kontrolle übernommen, und sie zeigten ihm einen Film, was mit Hollmann geschehen war. War es tatsächlich ein Film? Die Gedanken des Agenten hakten genau bei diesem Punkt ein. Ja, sie ließen einen Film ablaufen. Und diejenigen, denen dieses Psycho-Haus gehörte, mußten mit dem Grauen unter einer Decke stecken. Wahrscheinlich trugen sie sogar die Schuld daran. Was dort ablief, entsprach sicherlich den Tatsachen. Man hatte Heinz Hollmann, und man hatte seinen Tod gefilmt, all die Qualen seiner letzten Minuten und Sekunden, um diesen Film den Besuchern zeigen zu können.
Das wäre eine Möglichkeit gewesen, doch hundertprozentig davon überzeugt war Harry Stahl nicht. So etwas zu drehen und es anderen zu zeigen, widersprach jeglicher Moral und Ethik, abgesehen davon hätte es sich sehr schnell herumgesprochen, denn Filme dieser Art waren zum Glück verboten. Die Polizei wäre erschienen und hätte das Psycho-Haus geschlossen. Das also konnte es auch nicht sein.
Was dann?
Doch die Wirklichkeit?
Als sich Harry intensiver mit diesem Gedanken beschäftigte, fing, er an zu zittern. So stark, daß er sich sogar auf die Unterlippe biß und Blut schmeckte.
In den letzten Sekunden war der Schweiß aus seinen Poren gedrungen, und er kam sich nicht vor wie in einem Verlies, sondern wie in einer Sauna. Alles klebte an seinem Körper, er ballte die Hände zu Fäusten und merkte, daß sie glitschig geworden waren.
»Okay, okay«, sprach Harry zu sich selbst. »Es ist also kein Film, es findet in Wirklichkeit statt, was man mir da zeigt. Man hat Heinz Hollmann geholt, und man will ihn töten. Wenn er nicht mehr lebt, wird man sich um ein anderes Opfer kümmern.«
Wer wird das sein? Ich?
Die Frage stellte sich automatisch, und er konnte sich auch vorstellen, daß er an die Reihe kam.
Harry schaffte es, sich selbst zur Ruhe zu zwingen. Er blieb vor dem Bild stehen und konzentrierte sich mehr auf den Hintergrund, weil er sich auch mit der Umgebung vertraut machen wollte. Viel war für ihn nicht zu erkennen, denn das Gewölbe, in dem sich Hollmann befand, wurde nicht eben durch Scheinwerfer erhellt. Zwar floß ein gewisser Lichtstrom über die Wände hinweg, doch der war mehr als schwach.
Das konnte auch nicht normal sein.
Er trat einen Schritt näher an das Bild heran. So konnte er Hollmann besser sehen. Der Mann lag mit dem Kopf an einem Ende dieser Steinplatte, und sein Gesicht spiegelte den Schrecken wider, den er empfand.
Dieser Mensch hatte Todesangst.
Sein Mund zuckte. Er öffnete sich so weit wie möglich, und Harry konnte sich vorstellen, daß er jetzt einen Schrei ausstieß, denn seine verdrehten Augen waren auf das Pendel gerichtet, das wieder ein Stück tiefer gesackt war.
Noch drei, vier Schwingungen, dann war es vorbei. Dann starb dieser Mann unter Höllenqualen.
Harry stöhnte auf.
Er hätte so gern geholfen, er schaffte es nicht. Er war eingesperrt in diesem Loch, und es war auch eine Kraft da, die ihn einfach zwang, hinzuschauen.
Ja, Hollmann schrie!
Der Schrei war laut, furchtbar und wollte kaum enden. Er mußte als frenetisches Echo an den kahlen Wänden entlangwischen, aber er hatte auch einen Erfolg gezeigt.
Schon längst war dem entfernt stehenden Beobachter die Treppe im Hintergrund des Gewölbes aufgefallen. Und über ihre Stufen hinweg bewegte sich jemand nach unten.
Es war eine menschliche Gestalt, ein Mann…
Plötzlich fieberte Harry Stahl noch stärker mit. Er dachte jetzt
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