0889 - Der Robot-Vampir
Sommer heiß, dann machte er keinen Spaß.
Britt verließ die Nähe des Sees. Sie lief eine breite und flach ansteigende Böschung hoch, um wenig später den normalen Spazierweg zu erreichen. Die Lichtinseln der Laternen schienen sie zu erwarten.
Für einen Moment zögerte sie und geriet etwas aus dem Laufrhythmus, denn sie wunderte sich darüber, wie allein sie auf der Strecke war. Nur weiter vorn kam ihr ein Mann entgegen, von dessen Gesicht kaum etwas zu sehen war, weil der Bart sich darin verteilte wie dickes Gestrüpp.
Britt kannte ihn, nannte ihn immer nur Nikolaus, denn den richtigen Namen wußte sie nicht. Beide grüßten sich durch das Heben der Hände, als sie aneinander vorbeiliefen.
Britt Owens schaute nach vorn. Der Weg führte hinter der nächsten Laterne in eine Linkskurve. Auf dem Boden lagen noch die Blätter vom letzten Sturm. Auch sie waren mit einer hellen Schicht überzogen und machten die Unterlage glatt. Trotz ihrer guten Sohlen hütete sich die Läuferin, über diesen Teppich hinwegzulaufen, denn einen Sturz wollte sie nicht riskieren.
Sie lief zwar, aber sie kam sich vor, als würde sie einfach nur federn. Es lag an der Polsterung ihrer Joggingschuhe, die wirklich zu dem Besten gehörte, was der Markt zu bieten hatte.
Die Laterne tauchte auf. Ein Lichtfleck auf der Erde. Dann die Kurve. Britt lief hinein.
Locker, leicht und…
Da hörte sie das Knurren.
Es war ein Geräusch, auf das sie zuerst nicht achtete, außerdem klang es weit entfernt, aber das Gehirn und auch ihr Gehör hatten es trotzdem registriert, und die Angst des Joggers vor einem Hund brandete in ihr hoch. Hunde mußten an der Leine geführt werden, aber daran hielten sich nicht alle Besitzer.
Sie war zwar von keinem Hund angefallen worden, aber sie kannte Menschen, denen dieses Schicksal widerfahren war.
Sie schaute sich um. Der Rhythmus ihrer Bewegungen veränderte sich, aber es war nichts zu sehen, und so fand sie schnell ihren normalen Lauftakt wieder.
Tiefer hinein in den Park. Auch schneller laufen, denn sie wollte Glenda Perkins nicht so lange warten lassen. Britt atmete heftig, sie keuchte, sie kämpfte sich voran. Längst schwitzte sie unter dem Anzug, und der Schweiß war auch in ihr Stirnband gesickert. Er rann an den Wangen entlang, dem Kinn, erreichte ihren Hals und wurde vom Kragen aufgefangen.
Es war alles normal, es war alles…
Bis auf den Schatten!
Links von ihr bewegte er sich. Genau dort, wo Büsche einen kleinen Wall bildeten. Hier wuchs auch keine Laterne hoch, es war düster und schattig.
War da jemand?
Sie schaute hin!
Der Schatten blieb. Er mußte sich jenseits der Büsche bewegen, und er hatte sich voll und ganz auf sie eingestellt, denn er lief weder schneller noch langsamer und konnte so mit der Frau auf einer Höhe bleiben.
Sie glaubte nicht daran, daß es ein Jogger-Kollege war. Dahinter mußte sich jemand anderer verbergen, jemand, der etwas zu verbergen hatte, sonst hätte er ja den normalen Weg nehmen können.
Das tat er nicht.
Und er blieb.
Immer öfter schaute sie nach links. Ihr Herz schlug unregelmäßig. Es lag an der Furcht, die in ihr steckte, die zu einer heißen Woge geworden war und sich gegen die Kälte anstemmte.
Wer war da?
Sie lief weiter. Nur nicht stehenbleiben. Wenn sie das tat, gab sie dem anderen eine Chance, sie zu überfallen, und das wäre wirklich fatal gewesen.
Also weiterlaufen.
Und der Schatten war weg.
Sie lachte auf, hustete, sah das Licht der nächsten Laterne, aber keinen anderen Jogger. Dennoch freute sie sich über die Helligkeit, denn Licht gibt jedem Menschen Sicherheit.
Schneller als normal lief sie darauf zu. Dahinter würde es besser gehen, da war es dann nicht mehr zu weit bis zu dem Platz, wo Glenda Perkins auf sie wartete. Zu zweit würden sie die Runde dann noch einmal unter die Füße nehmen.
Das Licht lockte. Sie lief noch schneller, dabei hatte sich Britt auf den gelben Fleck am Boden konzentriert und mußte sehen, daß sich plötzlich jemand löste.
Eine Gestalt huschte aus dem Licht und aus dem Schatten hervor. Sie war für die einsame Joggerin nicht zu fassen oder zu begreifen. Sie war einfach anders. Sie sah aus wie ein Mensch, aber sie war in dem Sinne kein Mensch mehr, da war eine Gestalt aus… aus…
Ihr fiel kein Vergleich ein, und sie war auch schon zu nahe an dieser Person. Ein blanker Kopf, ein blankes Gesicht, anzusehen wie ein stählerner Schatten. Dazu Augen wie Löcher, in denen ein kaltes, gelbes Licht
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