0891 - Geschenk der Götter
Modell. „Es gefällt mir", sagte er. Menketre senkte dankend den Kopf und erwiderte: „Achthundert Arbeiter haben sich aus allen Teilen des Landes eingefunden. Sie beginnen, den Sand zur Seite zu schaufeln."
Die Vision einer endlosen, ameisenartigen Schlange von Menschen, die Sand mKörben von einem Platz in der Wüste zu einem anderen schleppten, drängte sich dem Herrscher auf. „Sie alle lieben dich, Pharao. Sie gerieten, kaum daß sie die Baustelle betraten, in einen Taumel der Schaffensfreude. Jede Arbeit, die hier einen Tag dauert, wird dort in einem halben Tag oder weniger erledigt."
„Das erstaunt mich", gab der Herrscher zurück. „Die Götter sind dir wohlgesinnt, Chnemu Chufu", sagte der Palastpriester, ein hagerer Mann im weißen Lendenschurz, mit einem Schädel, der wirkte, als sei er aus polierter Bronze. „Ich werde ihren Schutz auch weiterhin brauchen", beschied der Pharao. Zwischen den Säulen tauchte Hesirä auf und wirkte sehr verwirrt. Der Herrscher winkte ihn heran. „Ja?"
„Ein Bote erschien eben im Palast. Verwirrende Dinge geschehen, Herr."
„Ein Bote? Woher?" Wie jeder Herrscher hatte auch der Pharao ein zwiespältiges Verhältnis zu jeder Botschaft und deren Überbringer. Die Nachrichten mochten gut oder schlecht sein. Auf jeden Fall bedingten sie meistens schnelle Änderungen eines bestehenden Zustands. Der Herrscher runzelte die Stirn und warf dem Schreiber einen durchbohrenden Blick zu. Hesirä beeilte sich zu versichern:' „Ein Bote von der Baustelle deines Totenmals, Herr. Lasse ihn selbst berichten. Er hat die Barkensklaven bis hierher gepeitscht."
„Er soll kommen." Mit großspuriger Bewegung winkte der Schreiber. Ein schlanker junger Mann erschien, hinter ihm schleppten keuchende Träger einen großen Korb an zwei Stangen. Als sie sich dem Pharao bis auf wenige Meter genähert hatten, warfen sie sich zu Boden und preßten ihre Gesichter auf die Steinplatten.
Der Pharao sah die Spuren der Riemen auf den schweißüberströmten Rücken der Sklaven und verzog mißbilligend das Gesicht. Dann sagte er: „Steht auf und berichtet."
Er wußte mit großer Zuverlässigkeit, daß er im Land beliebt war. Er versuchte, seine unumschränkte Macht vorsichtig anzuwenden und Gerechtigkeit an die Stelle von Hochmut und Kälte zu setzen. Der junge Mann lächelte scheu und sagte: „Nach zwei Tagen, Herrscher des Nillands, als wir etwa so tief gegraben hatten, daß der Scheitel eines großen Mannes nicht mehr sichtbar war, fanden wir einen sehr seltsamen Gegenstand. Niemand kann sich erinnern, je etwas dieser Art gesehen zu haben. Die Götter müssen es geschaffen und im Sand verborgen haben."
Er schnippte mit den Fingern. Menketre grinste verhalten; er kannte die Eigenschaft seines Vertreters. Der Junge besaß einen guten Verstand und war hart genug, um sich gegen mehrere hundert Bauarbeiter, Steinmetze und Holzarbeiter durchzusetzen. Die Rudersklaven schleppten den Korb herbei, hoben den Deckel ab und zogen etwas heraus, das in Tücher eingeschlagen und etwas länger als ein Unterarm war. Sie legten es vor die Füße des Herrschers und schlugen die Leinenfetzen zurück.
Omen-tep-phaser, der Palastpriester, die einzige Verbindung zum Temper und somit zu den Göttern, stieß einen erstickten Laut aus. Er konnte Schrecken oder glühende Begeisterung ausdrücken. Dem unbewegten Gesicht sah man keine Regung an. „Kennst du es, Priester?" fragte der Baumeister rauh. Er mochte Omen-tep-phaser nicht. „Nein. Zweifellos ein Werk der Götter. Sie haben dich dadurch vor allen ausgezeichnet."
„Wen? Mich etwa?" erkundigte sich Menketre spöttisch. „Nicht daran zu denken! Ich meine den göttlichen Herrscher des Landes, Beweger der Steine."
Vor den Männern lag ein seltsamer Gegenstand. Er bestand aus zwei Würfeln, deren Kantenlänge etwa dem Maß entsprach, das ausgestreckter und weggespreizter Daumen und letzter Finger einer Hand umspannten. Die beiden Würfel waren von einem Säulenabschnitt miteinander verbunden; auch dieser runde Gegenstand war etwa so lang wie eine Würfelkante. Im hellen Licht schimmerte und glühte der Fund auf und leuchtete in violetter Farbe. Der Priester und der Baumeister bückten sich gleichzeitig und strichen vorsichtig mit den Fingerkuppen über den Gegenstand. „Metall", sagte Menketre verblüfft. „Metall, das ich nicht kenne."
„Ich bin deiner Meinung", unterstützte ihn der Priester.
Der Pharao erkundigte sich gefaßt: „An welcher Stelle genau
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