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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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rechtschaffene Handlung mit einer anderen verknüpften, die von Übel war, wird Allah ihnen gegenüber vielleicht dennoch Nachsicht üben. Weil Allah -«
    »Das hatten wir doch gestern schon«, unterbrach Emily. »Die Gebetsleier zieht heute nicht. Sagen Sie Mr. Kumhar, ich möchte wissen, was er ohne ordnungsgemäße Papiere in England tut. Und ob Querashi gewußt hat, daß er illegal hier ist.«
    Daraufhin erklärte ihr Kumhar mit Azhars Hilfe, daß seine Papiere irgendwann zwischen dem vergangenen Nachmittag, als er aus Clacton abgeholt worden war, und seiner Rückkehr am heutigen Tag gestohlen worden seien.
    »Das ist doch absoluter Blödsinn«, versetzte Emily. »Constable Honigman hat mir eben berichtet, daß alle anderen Mieter in Mrs. Kerseys Haus Engländer sind, die seine Papiere bestimmt nicht brauchen und auch keinerlei Interesse an ihnen haben. Die Haustür ist immer abgeschlossen, bei Tag und bei Nacht, und vom Garten zu Mr. Kumhars Zimmerfenster hinauf sind es ungefähr dreieinhalb Meter glatte Mauer. Möchte er mir unter diesen Umständen vielleicht erklären, wie jemand seine Papiere gestohlen haben soll und warum?«
    »Er hat keine Erklärung dafür, wie es passiert ist«, übersetzte Azhar, nachdem er Kumhar aufmerksam zugehört hatte. »Aber er sagt, daß solche Papiere einen großen Wert haben, man kann sie auf dem Schwarzmarkt an Leute verkaufen, die in ihrer Verzweiflung zu allem bereit sind, um die besseren Arbeits- und Erfolgsmöglichkeiten zu nutzen, die England bietet.«
    »Natürlich«, brummte Emily und kniff die Augen zusammen, um den Pakistani mit taxierendem Blick zu betrachten. Seine Hände hinterließen sichtbare feuchte Streifen auf dem Tisch, wenn er sie bewegte. »Sagen Sie ihm«, sagte sie unverblümt, »daß er sich wegen seiner Papiere keine Sorgen zu machen braucht. London wird ihm gern Duplikate liefern. Vor ein paar Jahren wäre das natürlich noch ein Problem gewesen, aber dank den Computern wird die zuständige Behörde ohne Schwierigkeiten feststellen können, daß er mit dem entsprechenden Visum eingereist ist. Es wäre allerdings eine Hilfe, wenn er uns seinen Einreiseort nennen könnte. War es Heathrow? Oder Gatwick?«
    Kumhar befeuchtete seine Lippen. Er schluckte. Er begann leise zu jammern, während Azhar ihm Emilys Worte übersetzte.
    Emily behielt diese Taktik bei und sagte sachlich: »Wir müssen natürlich wissen, was für ein Visum Mr. Kumhar gestohlen worden ist. Sonst können wir ihm ja bei der Beschaffung eines Duplikats nicht behilflich sein, nicht wahr? Fragen Sie ihn also, auf welcher Grundlage ihm die Einreise nach England gestattet wurde. Hat er Verwandte hier? Ist er als Saisonarbeiter hier? Oder wollte er vielleicht als Hausangestellter arbeiten? Ist er Arzt? Oder Geistlicher? Er könnte natürlich auch Student sein oder der Ehemann einer hier ansässigen Frau, nicht wahr? Nur hat er ja eine Ehefrau und Rinder in Pakistan, da ist das wohl nicht wahrscheinlich. Aber ist er vielleicht nach England gekommen, um sich hier privatärztlich behandeln zu lassen? Wohl eher nicht, er sieht nicht aus, als verfüge er über die nötigen Mittel dazu, nicht wahr?«
    Kumhar wand sich auf seinem Stuhl, während er sich Azhars Übersetzung anhörte. Er gab keine direkte Antwort auf die Fragen.
    »›Allah verheißt den Heuchlern und Ungläubigen die Feuer der Hölle‹«, übersetzte Azhar. »›Allah verflucht sie und verdammt sie zu ewiger Qual.‹«
    Der Kerl war die reinste Betschwester, dachte Emily. Wenn er sich tatsächlich einbildete, Gebete könnten ihn aus seiner jetzigen Situation retten, war er dümmer, als er aussah.
    Sie sagte: »Mr. Azhar, erklären Sie diesem Mann, daß - «
    »Darf ich einmal etwas versuchen?« unterbrach Azhar sie. Er hatte Kumhar auf seine ruhige Art beobachtet, während Emily gesprochen hatte. Jetzt sah er sie an, ruhig und offen.
    Emily blaffte mißtrauisch: »Was denn?«
    »Mein eigenes - Gebet, wie Sie es formulieren.«
    »Wenn ich die Übersetzung bekomme.«
    »Natürlich.« Er wandte sich wieder Kumhar zu, sprach mit ihm und übersetzte dann für Emily. »›Die werden triumphieren, die sich in Reue Allah zuwenden, die ihm dienen, die ihn preisen ... die das Rechte gebieten und das Unrechte verbieten.‹«
    »Ja, wunderbar«, sagte Emily. »Aber jetzt reicht's wirklich mit den Gebeten.«
    Doch Azhar entgegnete: »Wenn ich ihm vielleicht noch eins sagen darf: daß es keinen Sinn hat, sich in einem Labyrinth von Lügen zu

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