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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Kälte.
    »Ihre Enkelkinder?« fragte Barbara, sich umwendend.
    Sie sah, daß Mrs. Malik noch nicht ins Zimmer eingetreten war. Sie beobachtete sie vom Vestibül aus, immer noch im Schatten stehend, als wollte sie sich verstecken oder als hätte sie etwas zu verheimlichen. Woher, dachte Barbara plötzlich, sollte sie wissen, daß die Behauptung der Frau, Muhannad sei nicht mehr im Haus, wirklich stimmte?
    Sofort war sie auf der Hut. »Wo ist Ihr Sohn, Mrs. Malik?« fragte sie. »Ist er noch hier?«
    »Nein«, antwortete Mrs. Malik. »Nein, das habe ich doch schon gesagt.« Und als wollte sie ihren Worten Nachdruck verleihen, trat sie zu Barbara ins Zimmer, wobei sie ihren Schal noch fester um Kopf und Hals zog.
    Im helleren Licht konnte Barbara erkennen, daß die Hand, die den Schal am Hals zusammenhielt, voller Abschürfungen und blauer Flecken war. Sie hob den Blick zum Gesicht der Frau und sah auch hier ähnliche Verletzungen. »Was ist passiert?« fragte sie. »Hat jemand Sie angegriffen?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich bin im Garten gestürzt. Mein Rock ist an etwas hängengeblieben.« Und als wollte sie die Illustration zu ihren Worten liefern, raffte sie eine Handvoll vom Stoff ihres Rockes zusammen und zeigte sie. Der Stoff war in der Tat schmutzig, als wäre sie gestürzt und, um dies noch etwas auszukosten, sich windend auf dem Boden liegengeblieben.
    »Niemand holt sich bei einem Sturz im Garten solche Verletzungen«, sagte Barbara.
    »Ich leider doch«, entgegnete die Frau. »Wie ich schon sagte, mein Sohn ist nicht zu Hause. Aber ich erwarte ihn heute abend zum Essen mit den Kindern zurück. Er versäumt niemals ihre Mahlzeiten, wenn es nicht unbedingt sein muß. Wenn Sie dann noch einmal vorbeikommen möchten, wird Muhannad sicher gern -«
    »Du hast nicht für Muni zu sprechen«, sagte plötzlich eine andere Frau.
    Barbara fuhr herum und sah, daß Muhannads Frau die Treppe heruntergekommen war. Auch sie hatte Male im Gesicht. Und lange Kratzer auf ihrer linken Wange ließen auf einen Kampf schließen. Auf einen Kampf mit einer anderen Frau, sagte sich Barbara, die aus Erfahrung wußte, daß Männer sich im Kampf im allgemeinen auf ihre Fäuste verließen. Während sie nochmals einen nachdenklichen Blick auf Mrs. Malik warf, überlegte sie, wie sie die Beziehung zwischen den beiden Frauen zu ihrem Vorteil nutzen könnte.
    »Nur Muhannads Ehefrau spricht für Muhannad«, verkündete die jüngere Frau.
    Und das, dachte Barbara hoffnungsvoll, würde sich vielleicht als Segen erweisen.
    »Er sagt«, dolmetschte Taymullah Azhar, »seine Papiere seien gestohlen worden. Sie waren gestern noch in seiner Kommode. Er behauptet, das habe er Ihnen auch gesagt, als Sie bei ihm im Zimmer waren. Und als der Constable heute nachmittag nach diesen Papieren fragte, wollte er sie aus der Schublade holen und sah, daß sie verschwunden waren.«
    Emily hatte sich zu der Vernehmung nicht gesetzt. Sie stand in der stickigen kleinen Zelle, die der Dienststelle als einer von zwei Vernehmungsräumen diente. Auf dem Tisch lief der Kassettenrecorder, und nachdem sie ihn eingeschaltet hatte, hatte sie sich an der Tür postiert. So konnte sie auf Fahd Kumhar hinuntersehen und dem Mann auf diese Weise klarmachen, wer hier das Sagen hatte.
    Taymullah Azhar hatte an einem Ende des Tisches Platz genommen, und Kumhar saß rechts von ihm, mit Blick auf Emily. Bisher schien es zumindest so, als teilte Azhar seinem Landsmann in der Tat nur das mit, was Emily genehmigte.
    Das Gespräch hatte mit einer weiteren Runde ängstlichen Gebrabbels von Kumhar begonnen. Er hatte auf dem Boden gehockt, als sie den Raum betreten hatten, in einer Ecke zusammengekauert wie eine Maus, die weiß, daß der tödliche Prankenschlag der Katze unmittelbar bevorsteht. Er hatte an Emily und Azhar vorbeigesehen, als erwarte er eine weitere Person. Als sich zeigte, daß die beiden allein gekommen waren, begann er mit seinem Geschnatter.
    Emily hatte wissen wollen, was er sagte.
    Azhar hatte etwa dreißig Sekunden lang aufmerksam zugehört, ohne etwas zu sagen, bevor er antwortete. »Er zitiert Teile aus dem Qur'aan. Er sagt, daß unter den Menschen von Al-Madinah Heuchler sind, die Muhammad nicht kennt. Er sagt, sie werden bestraft werden und in die ewige Verdammnis eingehen.«
    »Sagen Sie ihm, er soll aufhören«, befahl Emily.
    Azhar sprach behutsam auf den Mann ein, doch Kumhar machte weiter wie zuvor.
    »Andere haben ihre Fehler bekannt. Auch wenn sie eine

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