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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sie.
    Der Mond war aufgegangen, als sie endlich im Jachthafen von Balford einliefen. Er war strahlend hell erleuchtet. Und es wimmelte von Menschen. Als die Sea Wizard um das Kap bog, an dem der Twizzle mit dem Balford-Kanal zusammentraf, konnte Barbara die Menge sehen. Sie wartete beim Liegeplatz der Hawk 31, und ganz vorn stand ein Mann, dessen kahler Kopf im Licht der Scheinwerfer leuchtete.
    Emily, die am Steuer war, blickte mit zusammengekniffenen Augen nach vorn und sagte wütend: »Na großartig.«
    Barbara saß hinten im Boot und hielt Hadiyyah, die sie in eine muffig riechende Decke gehüllt hatte, im Arm. »Was ist denn da los?« fragte sie.
    »Ferguson«, antwortete Emily. »Der verdammte Donald Ferguson. Er hat doch tatsächlich die Presse zusammengetrommelt.«
    Die Medien waren vertreten durch Fotografen mit Blitzlichtern, Reporter mit Notizblöcken und Kassettenrecordern und einen Aufnahmewagen vom Fernsehen, der ITV Munition für die Spätnachrichten liefern sollte. Zusammen mit Ferguson schwappte die Menge vorwärts und strömte über die Pontons zu beiden Seiten der Sea Wizard, als Emily den Motor ausschaltete und das Boot hereintreiben ließ.
    Lautes Geschrei von allen Seiten. Blitzlichter explodierten. Ein Videokameramann drängte sich durch das Gewühl.
    Ferguson schrie: »Wo ist er, gottverdammich?«
    Charlie Spencer heulte: »Meine Sitzkissen! Was haben Sie mit meinen schönen Sitzkissen angestellt?«
    Zehn Journalisten brüllten: »Bitte! Nur eine Frage!«
    Und alle reckten die Hälse nach dem - leider abwesenden - Bösewicht des Stückes, den man ihnen in Ketten, mit gesenktem Kopf und seine Untaten bereuend, in Aussicht gestellt hatte und den man angeblich gerade noch rechtzeitig geschnappt hatte, um ein politisches Desaster abzuwenden. Nur hatten sie ihn eben nicht geschnappt. Sie hatten nichts weiter zu bieten als ein zitterndes kleines Mädchen, das sich an Barbara klammerte, bis ein schlanker, dunkler Mann mit erregten schwarzen Augen drei Polizeibeamte und zwei gaffende Teenager zur Seite stieß, um sich Raum zu schaffen.
    Hadiyyah sah ihn. »Dad!« rief sie laut.
    Azhar streckte die Arme nach ihr aus, riß sie von Barbaras Seite. Er drückte sie an sich, als trüge sie all seine Hoffnung auf Erlösung, was wahrscheinlich auch so war. »Danke«, sagte er inbrünstig. »Barbara, ich danke Ihnen.«
    In den nächsten Stunden sorgte Constable Belinda Warner dafür, daß der Kaffee nicht ausging. Es gab eine Menge zu besprechen und zu erledigen.
    Als erstes mußte man sich um Superintendent Ferguson kümmern. Emily tat es hinter verschlossener Tür. Für Barbara hörte sich das Gespräch wie eine Mischung aus einer Löwenbändigernummer und einem erbitterten Wortgefecht über die Stellung von Frauen im Polizeidienst an. Sie schienen sich da drinnen gegenseitig gekränkte Proteste, wütende Anschuldigungen und zornige Verwünschungen um die Ohren zu schlagen. Dreh- und Angelpunkt war Fergusons mehrmals lauthals wiederholte Frage, was zum Teufel er seinen Vorgesetzten über »diesen monumentalen Mist, den Sie da gebaut haben, Barlow« sagen sollte, sowie Emilys Erwiderung, es sei ihr scheißegal, was er wem sagte, Hauptsache, er tue es weit weg von ihrem Büro und lasse sie ihre Arbeit machen. Die Unterhaltung endete damit, daß Ferguson mit der Bemerkung aus dem Büro stürmte, sie könne sich auf ein Disziplinarverfahren gefaßt machen, und Emily zurückschrie, er könne sich darauf gefaßt machen, daß sie ihn wegen ständiger Belästigung anzeigen würde, wenn er sie nicht endlich in Ruhe ihre Arbeit tun ließe.
    Barbara, die mit dem Rest des Teams voll Unbehagen im Konferenzraum neben Emilys Büro wartete, wußte, daß die weitere Entwicklung von Emilys Karriere in ihrer Hand lag. So, wie Barbaras berufliches Schicksal in Emily Barlows Hand lag.
    Keine von ihnen hatte ein Wort über jene Momente auf der Sea Wizard gesagt, die dazu geführt hatten, daß Barbara das Kommando an sich gerissen hatte. Auch Constable Fogarty hatte eisern den Mund gehalten. Er hatte die Waffen eingesammelt, als sie wieder im Jachthafen angekommen waren, und hatte sich mit ihnen in das ARV verzogen. Er hatte ihnen zugenickt, »Sergeant, Chefin, gute Arbeit« gesagt und war dorthin zurückgekehrt, wo auch immer er gewesen war, als ihn der Befehl, zum Jachthafen zu kommen, ereilt hatte. Er hatte bei Barbara den Eindruck erweckt, daß er es nicht als seine Sache betrachtete, sich über die Verfolgungsjagd zu

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