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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Und selbst wenn er es versuchte - selbst wenn sie es mit ihm zusammen versuchte -, würden sie nichts bewirken. Sie würden höchstens gemeinsam ertrinken, während Emily Barlow gnadenlos dem anderen Boot in den Nebel folgte. »Emily! Halt an!«
    »Für so ein Pakibalg bestimmt nicht«, schrie Emily. »Nie im Leben!«
    Und im Wasser kämpfte Hadiyyah mit dem Tod. Barbara stürzte sich auf den Karabiner. Sie packte ihn. Sie richtete ihn auf Emily.
    »Dreh sofort um!« schrie sie. »Los, Emily, dreh um! Oder ich knall' dich ab, das schwöre ich dir!«
    Emily griff zu dem Holster, das sie trug. Sie umfaßte den Kolben der Pistole. »Chefin! Nicht!« rief Fogarty.
    Barbara sah ihr Leben, ihre Karriere, ihre Zukunft vor ihrem inneren Auge ablaufen. Dann drückte sie ab.

27
    Emily stürzte zu Boden. Barbara ließ die Waffe fallen. Doch statt Blut und zerfetzten Fleisches, das sie zu sehen erwartete, sah sie nur schäumendes Wasser, das von beiden Seiten ins Boot spritzte. Der Schuß war danebengegangen.
    Fogarty sprang vor. Er riß Emily Barlow in die Höhe. »Sie hat recht, Chefin!« rief er laut. »Sie hat recht.«
    Barbara übernahm das Ruder.
    Sie wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war. Ihr schienen es mehrere Ewigkeiten zu sein. Sie wendete das Boot mit solcher Geschwindigkeit, daß sie beinahe kenterten. Während Fogarty Emily entwaffnete, suchte sie auf dem Wasser nach dem Kind.
    Scheiße, dachte sie. O Gott, bitte. Bitte!
    Dann sah sie das kleine Mädchen plötzlich, etwa vierzig Meter entfernt auf der Steuerbordseite. Nicht um sich schlagend, still treibend. »Mike!« schrie sie. »Da!« Sie gab Gas.
    Fogarty sprang, sobald sie dem Kind nahe genug waren. Barbara schaltete den Motor aus. Sie schleuderte die Schwimmwesten und die Sitzkissen ins Wasser, wo sie wie Marshmallows herumschwammen. Dann betete sie.
    Es war ohne Bedeutung, daß ihre Haut dunkel war, daß ihre Mutter sie verlassen hatte, daß ihr Vater sie acht Jahre lang in dem Glauben gelassen hatte, sie wären ganz allein auf der Welt. Von Bedeutung war, daß dies Hadiyyah war: fröhlich, unschuldig und voll Lebenslust.
    Fogarty hatte sie erreicht. Hadiyyah trieb bäuchlings im Wasser. Er drehte sie herum, faßte sie unter dem Kinn und begann, zum Boot zurückzuschwimmen.
    Barbara kamen die Tränen. Wie eine Furie drehte sie sich zu Emily um. »Was hast du dir dabei bloß gedacht?« schrie sie. »Was, verdammt noch mal, hast du dir dabei gedacht? Sie ist acht Jahre alt. Acht Jahre!«
    Emily hob eine Hand, als wollte sie Barbaras Worte abwehren. Ihre Finger krümmten sich zur Faust. Und über der Faust wurden ihre Augen schmal.
    »Sie ist kein Pakibalg«, rief Barbara. »Sie ist kein namenloses Gesicht. Sie ist nicht entbehrlich. Sie ist ein Mensch!«
    Fogarty hatte das Boot erreicht. Er hob das Kind hoch.
    »Lieber Gott«, flüsterte Barbara, als sie den zerbrechlichen kleinen Körper ins Boot hob.
    Während Fogarty sich ins Boot zog, legte Barbara das kleine Mädchen flach auf den Boden. Ohne darüber nachzudenken, ob es überhaupt einen Sinn hatte, begann sie mit Wiederbelebungsmaßnahmen. Sie wechselte schnell zwischen Beatmung und Herzmassage und hielt dabei die ganze Zeit ihren Blick auf Hadiyyahs Gesicht gerichtet. Doch ihre Rippen schmerzten von den heftigen Erschütterungen, die sie hatten aushalten müssen, und jeder Atemzug brannte. Sie stöhnte. Sie hustete. Sie rammte Hadiyyah ihren Handballen unter die Brust.
    »Geh weg!« Es war Emily. Kurz und knapp. Direkt neben ihr.
    »Nein.« Barbara legte ihren Mund auf Hadiyyahs.
    »Hör auf. Geh mir aus dem Weg. Ich mach' das.«
    Barbara reagierte nicht. Noch immer keuchend von der Anstrengung, ergriff Fogarty ihren Arm. »Lassen Sie die Chefin machen, Sergeant. Sie kann's. Es ist okay.«
    Barbara überließ also Emily die Arbeit mit dem Kind.
    Und Emily arbeitete so, wie Emily Barlow immer arbeitete: wirkungsvoll, tüchtig, ohne sich von irgend etwas beirren zu lassen.
    Hadiyyah tat einen gewaltigen Atemzug. Sie begann zu husten. Emily drehte sie auf die Seite. Ihr Körper krampfte sich zusammen, ehe sie Salzwasser, Galle und ihren gesamten Mageninhalt auf den Boden von Charlie Spencers kostbarer Hawk 31 spie.
    Sie zwinkerte. Dann riß sie verdutzt die Augen auf. Dann nahm sie die drei Erwachsenen wahr, die sich über sie beugten. Ihr verwirrter Blick flog zuerst zu Emily, dann zu Fogarty und fand schließlich Barbara. Sie lächelte glücklich.
    »In meinem Bauch hat's hopplahopp gemacht«, sagte

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