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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Leben beginnt jetzt‹?«
    »Warten Sie.« Connie ging in eine Ecke des Ladens hinüber, wo ein großer Ventilator stand. Sie schaltete ihn ein, und Barbara vermerkte erfreut, daß er, im Gegensatz zum Ventilator in Emilys Büro, durchaus effektiv arbeitete.
    Connie nahm die Quittung mit zur Kasse, wo ein schwarzes Heft mit dem goldenen Aufdruck Racon Schmuck lag. Sie schlug es auf.
    »AK steht für den Künstler«, erklärte sie Barbara. »Damit wir immer gleich wissen, von dem das Stück ist. Das hier war von Aloysius Kennedy, einem Künstler aus Northumberland. Ich verkaufe nicht viele von seinen Stücken, weil sie für hiesige Verhältnisse ein bißchen teuer sind. Aber das hier ...« Sie leckte sich den Mittelfinger und blätterte in dem Heft. Mit langem Acrylfingernagel - im Farbton ihres Haares lackiert - fuhr sie eine Liste hinunter, als sie die richtige Seite gefunden hatte. »Die 162 ist die Artikelnummer«, bemerkte sie. »Und in diesem Fall - ja. Hier haben wir es schon. Es war eine seiner festen Armspangen mit Scharnier. Oh! Die war wirklich wunderschön. Ich habe kein zweites Stück mehr da, aber« - sie kehrte plötzlich die Verkäuferin hervor -»ich kann Ihnen etwas Ähnliches zeigen, wenn es Sie interessiert.«
    »Und ›Das Leben beginnt jetzt‹?« sagte Barbara. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Gesunden Menschenverstand, würde ich sagen«, meinte Connie und lachte ein wenig zu herzlich über ihren kleinen Scherz. »Tja, da werden wir Rachel fragen müssen. Das ist ihre Schrift.«
    Sie ging zur Tür zum Hinterzimmer und rief: »Rachel, Schätzchen. Scotland Yard ist hier und fragt nach einer Quittung, die du ausgestellt hast. Könntest du mir einen Kennedy bringen?« Sie lächelte Barbara zu. »Rachel, meine Tochter.«
    »Das Ra von Racon.«
    »Sie sind ganz schön auf Draht«, bestätigte Connie.
    Im Hinterzimmer waren Schritte zu hören. Einen Augenblick später kam eine junge Frau an die Tür. Mit einem kleinen Kasten in der Hand blieb sie im Schatten stehen. Sie sagte: »Ich hab' gerade die Sendung aus Devon durchgesehen. Sie verarbeitet diesmal Muscheln, wußtest du das?«
    »Ach was? Na, der Frau braucht man wirklich nicht zu sagen, was sich gut verkauft. Das ist Scotland Yard, Rachel.«
    Rachel kam nur ein ganz kleines Stück näher, aber es reichte, um Barbara erkennen zu lassen, daß sie keinerlei Ähnlichkeit mit ihrer Mutter hatte. Trotz des unnatürlichen feuerroten Haars war Connie eine Frau mit einem hübschen Gesicht und makelloser Haut, langen Wimpern und einem feingezeichneten Mund. Das Gesicht ihrer Tochter hingegen sah aus, als wäre sie aus den aussortierten Teilen von fünf oder sechs unattraktiven Menschen zusammengesetzt.
    Ihre Augen lagen unnatürlich weit auseinander, und bei einem hing das Lid herab, als litte sie an einer Nervenschwäche. Das Kinn war ein kleiner Fleischbuckel unter der Unterlippe, der direkt in den Hals überging. Und dort, wo die Nase hätte sein sollen, war offensichtlich früher einmal gar nichts gewesen. Ein künstlich geschaffener Auswuchs nahm jetzt diese Stelle ein; zwar war er wie eine Nase geformt, doch der Rücken war viel zu winzig ausgefallen, daher sah es aus, als wäre ein Daumen in ein Tonmodell gedrückt worden.
    Barbara wußte nicht, wohin sie sehen sollte, ohne auf die junge Frau kränkend zu wirken. Sie überlegte krampfhaft, was Menschen mit körperlichen Gebrechen sich von ihren Mitmenschen wünschten: Sie anzustarren war beleidigend, aber eine solche Person einfach nicht anzusehen, während man mit ihr sprach, schien Barbara noch grausamer zu sein.
    »Also, was kannst du Scotland Yard über diese Quittung erzählen, Schätzchen?« sagte Connie. »Es ist ein Stück von Kennedy, du hast die Quittung geschrieben, und verkauft hast du das Ding an -« Sie brach ab, als sie jetzt zum ersten Mal den Namen auf der Quittung sah. Sie sah ihre Tochter an, und ihre Tochter begegnete ihrem Blick. Ein Austausch schien zwischen ihnen stattzufinden.
    »Aus der Quittung geht hervor, daß das Schmuckstück an Sahlah Malik verkauft wurde«, sagte Barbara zu Rachel Winfield.
    Endlich kam Rachel ins Licht des Ladens. Einen Schritt vom Empfangstisch entfernt, auf dem die Quittung lag, blieb sie stehen. Sie richtete ihren Blick so zaghaft auf sie, als hätte sie ein unbekanntes Wesen vor sich, vor dem Vorsicht geboten war. Ein Puls pochte in der Ader an ihrer Schläfe, und während sie die Quittung aus sicherem Abstand anstarrte, umschlang sie ihren

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