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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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es auffallen würde.« Barbara beobachtete Emily. Sie studierte die Seite in dem gelben Buch, die durch das Satinbändchen gekennzeichnet war. Sie tippte mit dem Fingernagel auf die in Klammern gesetzte Passage. »Oder vielleicht war die Durchsuchung nur ein Vorwand, um die Entdeckung der Leiche plausibel zu machen.«
    Emily blickte auf. Sie blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Womit wir wieder bei Armstrong wären, richtig? Barb, wenn der in diese Geschichte verwickelt ist, nehmen die Pakistanis die Stadt auseinander.«
    »Aber es funktioniert, oder?« sagte Barbara. »Du weißt doch, was für ein Spiel ich meine. Er tut so, als machte er einen harmlosen kleinen Spaziergang, und stößt auf das Auto. ›Du meine Güte‹, ruft er, ›was haben wir denn hier? Da scheinen ja Vandalen am Werk gewesen zu sein. Wer weiß, was ich da unten am Strand noch finde.‹«
    »Ja, es funktioniert«, stimmte Emily zu. »Aber nur mit knapper Not. Überleg doch mal, mit was für einem Aufwand so ein Unternehmen verbunden gewesen wäre: Er hätte Querashi vom Tag seiner Ankunft an beobachten müssen, um sich mit seinen Gewohnheiten vertraut zu machen. Er hätte den richtigen Abend wählen müssen, dann hätte er den Draht spannen und sich verstecken müssen, bis Querashi heruntergestürzt wäre, er hätte die Leiche wegschaffen, das Auto durchsuchen und dann am nächsten Morgen wiederkommen müssen, bevor jemand anders ihm zuvorkommen konnte, um vorzugeben, er habe die Leiche zufällig entdeckt. Findest du das nicht ziemlich kompliziert?«
    Barbara zuckte die Achseln. »Kommt drauf an, wie dringend er seine Arbeit brauchte.«
    »Zugegeben. Gut. Aber ich hab' mich mit dem Mann unterhalten, und meiner Ansicht nach ist er einfach nicht clever genug, um etwas so Detailliertes zu planen.«
    »Aber er leitet wieder die Produktion der Firma, stimmt's? Du hast mir doch selbst erzählt, daß er dort gute Arbeit geleistet hat, bevor Querashi auftauchte. Wenn das der Fall ist, kann er ja nicht ganz blöd sein.« »Verdammt!« Emily blätterte den Rest des gelben Buches durch. »Wunderbar. Sanskrit. Von Anfang bis Ende.« Sie lief zur Tür. »Belinda Warner!« rief sie. »Suchen Sie mir jemanden, der Pakistanisch lesen kann.«
    »Arabisch«, sagte Barbara.
    »Was?«
    »Die Schrift. Das ist Arabisch.«
    »Na schön, dann eben Arabisch.« Emily holte die Kondome, die beiden Messingschlüssel und das Lederkästchen aus den Plastikbeuteln. »Das hier ist ein Bankschlüssel, vermute ich«, bemerkte sie, auf den größeren Schlüssel mit der Nummer 104 deutend. »Schaut mir aus wie ein Schlüssel zu einem Schließfach. Wir haben hier Barclay's Westminster, Lloyds und Midland. Hier und in Clacton.« Sie machte sich eine entsprechende Notiz.
    »Waren seine Fingerabdrücke am Auto?« fragte Barbara, während Emily schrieb.
    »Wessen?«
    »Armstrongs. Ihr habt doch den Nissan beschlagnahmt. Waren seine Abdrücke drauf, Em?«
    »Er hat ein Alibi, Barb.«
    »Aber sie waren drauf, richtig? Und er hat ein Motiv. Und -«
    »Ich hab' gesagt, er hat ein Alibi«, fuhr Emily sie gereizt an. Sie warf ihren Stift hin. Sie ging zu einem kleinen Kühlschrank neben der Tür, machte ihn auf, holte eine Dose Saft heraus. Sie warf sie Barbara zu.
    Barbara hatte noch nie erlebt, daß Emily die Nerven durchgegangen waren, aber sie hatte sie auch noch nie unter Druck erlebt. Erst jetzt wurde ihr so richtig klar, daß sie ja nicht mit Inspector Lynley zusammenarbeitete, dessen ungezwungene Gelassenheit seine Mitarbeiter stets ermutigte, ihren Standpunkt offen und, wenn nötig, leidenschaftlich zu vertreten. Emily Barlow war da ganz anders. Barbara wußte, daß sie das im Kopf behalten mußte.
    »Entschuldige«, sagte sie. »Ich bin leicht mal eigensinnig.«
    Emily seufzte. »Hör zu, Barb. Ich will deine Mitarbeit bei diesem Fall. Ich brauche jemanden, der auf meiner Seite steht. Aber wenn du dich auf Armstrong fixierst, bist du meiner Ansicht nach auf dem Holzweg. Mach mir bloß keinen Ärger, das tut Ferguson schon zur Genüge.« Emily öffnete ihre Saftdose und trank einen Schluck, ehe sie mit bemühter Geduld sagte: »Armstrong behauptet, seine Fingerabdrücke waren auf dem Wagen, weil er sich im Innern umgesehen hat. Er sah ihn mit offener Tür dastehen und meinte, jemand könnte in Schwierigkeiten sein.«
    »Glaubst du ihm?« Barbara brachte ihr nächstes Argument mit Vorsicht vor. Ihre Position im Ermittlungsteam war unsicher. Sie wollte sie gern behalten.

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