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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von diesem missgebildeten Klumpen liefen acht Arme oder Grate die Wände hinunter, als wären sie über Äonen hinweg von herabtropfendem Wasser zurückgelassen worden.
    Hier war die Luft wärmer, als sie sonst wo in der Verlorenen Tiefe gewesen war, und gemahnte an heiße Quellen voller Mineralstoffe. Trotzdem konnten diese Formationen nicht durch Zeit und Wasser entstanden sein. Vier von ihnen griffen geradewegs nach den Portalen in den Wänden aus, wo sie sich verzweigten, wie um die Korridore zu betonen oder zu unterstreichen; die vier anderen klebten genau in der Mitte zwischen den Öffnungen an den Kuppelwänden - und wo die dunkle Masse jedes Zweiges oder Grates den Fußboden erreichte, verschmolz sie mit dem polierten Stein und hörte wie abgeschnitten auf, als würde sie nicht länger gebraucht. Naturkräfte hätten Überreste des Steinmaterials auf dem glatten Boden hinterlassen. Und dass es hier merklich wärmer war - auch das war unnatürlich.
    Linden wusste, woher diese Wärme kam. Sie kannte die Wärmequelle sehr gut.
    Ihr wieder erstarkter Gesundheitssinn versicherte ihr, der Felsbrocken und die Grate aus lavaartigem Material seien jünger als der Kuppelsaal, den sie entstellten - weit jünger sogar. Sie mussten innerhalb des letzten Jahres dort hingekommen sein, vermutlich erst in den letzten Monaten.
    Das Steinmaterial wirkte zerbrechlich; es war so porös, als müsste es bei der ersten Berührung zerbröseln -, aber Linden wusste bereits, dass es für seinen Zweck haltbar genug war. Sie hatte hier etwas Ähnliches zu finden erwartet, obschon sie sich nicht hätte vorstellen können, welche Form es annehmen würde.
    Dann befreit meinen Sohn, hatte sie von Infelizitas gefordert. Gebt ihn mir zurück.
    Das werden sie nicht tun, hatte der Egger ihr erklärt. Das können sie nicht.
    Der Travertin war das Gebilde, das Jeremiah vor den Elohim verbarg: vor Infelizitas und Kastenessen ebenso wie vor Esmer. Der Gebrauch, den Roger und der Croyel von Jeremiahs Talenten gemacht hatten, tarnte ihren Sohn vor jeder übersinnlichen Wahrnehmung, jedoch nicht vor dem indirekteren menschlichen Wissen des Eggers - oder vielleicht dem seltsamen Lehrenwissen der Urbösen und Wegwahrer.
    Die Dämondim-Abkömmlinge hätten sie nicht hierherbringen können. Sie bewegten sich auf eine Weise, die Linden nicht imitieren konnte. Vielleicht hatten sie sogar versucht, ihr zu sagen, wo sie suchen musste; aber Esmer hatte sich geweigert, ihre Sprache zu übersetzen.
    Fast in der Mitte des Kuppelsaals stand der Insequente, den Stab des Gesetzes zwischen seinen Füßen auf den Steinboden gestellt, hielt er Covenants Ring hoch über seinen Kopf. Aber er versuchte nicht, ihre Macht zu gebrauchen; noch nicht. Stattdessen starrte er in den beißend gelben Blick des Croyel, als versuchte er, den Willen und die Macht dieses deformierten Wesens mit seinen unergründlichen dunklen Augen zu verschlingen.
    Die Bestie hing weiterhin auf Jeremiahs Rücken: ein haarloses Ungeheuer von der Größe eines Säuglings, hager und unersättlich. Seine Finger umfassten Jeremiahs Schultern, während die Zehen sich in seine Rippen gruben, wie Krallen ins Fleisch eindrangen. Reißzähne zerfleischten seine Halsseite, damit der Croyel sein Blut trinken, seinen Verstand aussaugen konnte. Seine Augen glühten, als heulten und kreischten sie, aber noch setzte die Kreatur nicht bereits ihre ganze Kraft gegen den Egger ein. Stattdessen schien sie es zu genießen, ihm trotzen zu können.
    Zwischen diesen beiden Antagonisten stand Jeremiah mit hängendem Kopf, als wäre er nicht viel mehr als eine Marionette des Croyel: ein Mittel, seine Bösartigkeit zu definieren und auszudrücken. Jeremiahs trüber, unscharfer Blick betrachtete den Boden mit der Leere eines Jugendlichen, der längst keine Hoffnung mehr hat. Von schlaffen Lippen floss ein dünner Speichelfaden in den Bartflaum an seinem Kinn; seine Arme hingen nutzlos an den Seiten herab; die Finger baumelten kraftlos, als wären sie zu nichts nütze - als hätten sie nie etwas gehalten, das so gewöhnlich und menschlich wie ein rotes Rennauto war.
    Er war ein missbrauchter Junge, dessen einziger Ausweg aus dem Gefängnis seines beschädigten Verstands die Wildheit des Croyel war.
    Aber er lebte.

9
    Das Verderben beschleunigen
    I    m Laufe der Zeit wirst du die Frucht meiner Bemühungen sehen.
    Linden konnte Lord Foul hören, als stünde er neben ihr und lache wie eine Hyäne.
    Dient dein Sohn mir, wird er

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