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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zur Ruhe geleiteten. Nur Berek blieb zurück. Sein Wissen um Streben und Verzweiflung leuchtete aus ihm, als er sich nun Linden zuwandte.
    Der Moment, in dem sie zusammengezuckt wäre oder den Kopf eingezogen hätte, war vorüber. Auch den Blick der ersten Halbhand erwiderte sie nicht. In der Senke gab es eine weitere Gestalt, die nicht weniger litt als Kevin und ebenso trauerte. Berek hätte den Balsam seines Mitgefühls anderswo anbieten sollen. Linden hatte keine Verwendung dafür.
    Aber sie hatte sich getäuscht: Berek kam nicht, um sie zu trösten. Sein Tonfall wurde schärfer, als er zu sprechen begann. Seine Worte schienen wie ein Fuder Steine auf sie herabzuprasseln.
    »Linden Avery, ich kenne dich kaum. Trotzdem sehe ich, was du geworden bist. Du bist über die Heilerin hinausgewachsen, die einst mein Herz angerührt hat, weil sie Hoffnung in einem Meer aus Leid und Reue bot. Nun hast du dich in einen Galgenbühl verwandelt - auf einem kargen Boden, getränkt von Wut und Vorwürfen. Deshalb musst du dich noch einmal selbst übertreffen, während die Welt auf den Untergang wartet. Gelingt dir dies nicht, wird das Leid aller hier Versammelten kurz und grausam sein. Bestürzen dich die Folgen deiner Taten? Dann versuche eine Wiedergutmachung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du nicht mehr dienen und heilen wirst. Die Frau, die in mein Lager gekommen ist, um gegen den Tod anzukämpfen, hätte diese von ihr bewirkte Schändung niemals zugelassen.«
    Linden hörte ihn, aber sie achtete nicht auf seine Worte. Der Galgenbühl barg Wahrheiten, von denen Berek und seine Nachkommen nichts wussten. Zorn war nur ein Aspekt dessen, was sie in Caerroll Wildholz’ Reich und bei ihrer Feuerprobe auf dem Melenkurion Himmelswehr gelernt hatte. Durch ihre Statur und Macht hatten die alten Lords ihr geholfen, über sich selbst hinauszuwachsen. Jetzt fühlte sie sich zu den Gesetzesbrechern hingezogen.
    Zu Elena, Tochter Lenas und Covenants, die das Gesetz des Todes außer Kraft gesetzt hatte, weil sie Kevins Schmerz für echt gehalten - und weil sie wie Linden die Warnung der Ranyhyn missachtet hatte.
    Auch Linden war eine Gesetzesbrecherin. Und sie konnte nicht behaupten, in das erlösende Mysterium eingeweiht zu sein. Jenes Mysterium, das es Caer-Caveral ermöglicht hatte, das Gesetz des Lebens zu brechen, damit Covenants Geist weiter den Bogen der Zeit bewachen konnte, obwohl sein Körper ermordet worden war - und damit Hollian und ihr ungeborener Sohn wieder leben konnten. Der tote Forsthüter von Andelain hätte Linden nicht verstanden. Nur Elene konnte sie jetzt verstehen, nachdem auch Linden die Warnung der Ranyhyn missachtet hatte und alle ihre Entscheidungen zu Katastrophen geführt hatten.
    Linden ging um Covenants hilflos ausgestreckte Gestalt und das grelle Licht des Krill herum, ließ dabei ihren Stab und Covenants Ring achtlos im Gras zurück, durchquerte die Senke und näherte sich dem letzten Forsthüter und Hoch-Lord Elena. Sie spürte, wie Bereks Schatten sie beobachtete, spürte, wie er versuchte, ihren Seelenzustand oder die Richtung ihrer Gedanken auszuloten. Aber sie hatte keine Aufmerksamkeit für ihn übrig, und schließlich hörte sie ihn leise seufzen. Ungetröstet verblasste auch er und folgte seinen Nachkommen, als hätte Linden ihn fortgeschickt.
    Mit dem Verschwinden dieser ehrfurchtgebietenden Gestalten - und der Flammengeister, die vor Lindens großem Unrecht geflüchtet waren - begannen ihre Gefährten aus ihrem Schock und ihrer Verzauberung zu erwachen. Liand und die Ramen wurden unruhig, waren sichtbar besorgt. Der Gedemütigte und sogar Stave sahen Linden nach, als missbilligten sie ihre Weigerung, Berek Halbhand zur Kenntnis zu nehmen und sich vor ihm zu rechtfertigen. Der Egger beobachtete Linden angespannt, während Infelizitas’ Verzweiflung sie weiterhin umtanzte wie zerborstene Juwelen.
    Linden ignorierte auch sie und richtete all ihre Aufmerksamkeit auf die Gesetzesbrecher, die Covenant aus der Zeit begleitet hatten, um Lindens dringendstes Bedürfnis zu erfüllen.
    Elena schien ihren Blick nicht erwidern zu können und studierte stattdessen aufmerksam das Gras zu Lindens Füßen. Ihre Züge waren von Kummer und Bedauern verzerrt und ihr zerrauftes, vom grellen Licht des Krill erleuchtetes Haar umrahmte sowohl ihre Verbitterung als auch ihre nackte Abscheu vor sich selbst.
    Unter anderen Umständen hätte Linden vielleicht aus Mitgefühl geschwiegen. Elena war Covenants Tochter,

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