Verfuehrerische Naehe
1. KAPITEL
Das elegante silberfarbene Coupe, das in der Einfahrt zu seinem Haus stand, war für Cameron Quade keine Überraschung. Das Fahrzeug gehörte entweder seinem Onkel oder seiner Tante, die stets die gleichen Modelle fuhren.
Wer außer den beiden wusste schon, dass er heute zurückkam, und hatte einen Grund, ihn daheim zu begrüßen? Er hatte zwar damit gerechnet, dass Godfrey und Gillian früher oder später bei ihm auftauchen würden, aber später wäre ihm lieber gewesen - am besten ungefähr in einigen Jahren.
Sobald er die Haustür hinter sich geschlossen hatte, stellte Quade das Gepäck ab und seufzte tief. Von der langen Reise erschöpft, ließ er kurz im Wohnbereich des alten Hauses, in dem er aufgewachsen war, den Blick wandern. Und dann sah er sich ungläubig um.
Ein Jahr lang hatte hier niemand gewohnt, doch alles blitzte und blinkte, dass es einen geradezu blendete. Hier war jemand äußerst eifrig gewesen, aber seine Tante Gillian und ein Staubtuch? Hätte er noch die nötige Energie besessen, hätte er schallend gelacht.
Während er durch die Räume ging, hörte er Musik. Eine Boygroup? Das war nun wirklich nicht Tante Gillians Geschmack. Dem entsprach eher schon die klassisch geschnittene graue Kostümjacke auf dem Kleiderständer in der Diele.
Quade berührte behutsam eine prächtige Orchidee. Ja, die Blumen passten auch zu seiner Tante, doch die Frau in seinem Schlafzimmer trug zwar den klassisch geschnittenen grauen Rock, der zur Kostümjacke passte, war jedoch nicht die Schwester seines Vaters.
„Komm schon, komm schon, melde dich endlich.”
Die leicht rauchig klingende Stimme der Frau und der ungeduldige Tonfall lenkten ihn von ihrem Rock ab. Sie hielt ein Handy ans Ohr und strich sich mit der freien Hand durch das dichte dunkle Haar. Es gelang ihr sogar, diese Mähne zu zähmen - vorübergehend, vermutete er allerdings, da sich schon wieder eine Locke aufrichtete.
„Julia, was ist dir bloß eingefallen? Habe ich nicht ausdrücklich Bettwäsche für einen Mann verlangt? Schlicht und nicht feminin?” Sie zerrte das Laken von der Matratze. „Und da hast du ausgerechnet schwarzen Satin ausgesucht?” Sie warf das Laken hinter sich. Es rutschte über den glänzenden Holzfußboden und landete vor Quades Füßen. Bisher hatte die Frau Quade noch nicht in der Tür entdeckt. „Lieber Himmel, Julia, da hättest du ihm auch gleich eine Packung Kondome aufs Kopfkissen legen können!”
Quade horchte auf. Bettwäsche aus schwarzem Satin und Kondome? Von seinem Onkel und seiner Tante erhielt er für gewöhnlich keine derartigen Geschenke, wenn er nach Hause kam. Und er erwartete keine Geschenke von anderen Leuten, schon gar nicht von der ihm unbekannten Julia, die soeben von der Fremden in seinem Schlafzimmer etwas zu hören kriegte.
„Ruf zurück, wenn du heimkommst, verstanden?”
Er verbesserte sich amüsiert. Der Anrufbeantworter dieser ihm unbekannten Julia hatte soeben etwas zu hören gekriegt.
Das Handy rutschte über den Tisch und prallte gegen die Wand, die noch wie in seiner Kindheit blau gestrichen war. Er hatte sich damals Feuerwehrrot gewünscht, aber seine Mutter hatte zum Glück nicht nachgegeben.
Sein wehmütiges Lächeln, das bei dieser Erinnerung auftauchte, schwand, als sich die Frau über das Bett beugte. Quade bemühte sich zwar, nicht zu genau hinzusehen, aber er war schließlich auch nur ein Mensch. Und nach einer Reise über fünfzehntausend Kilometer von den USA zurück nach Australien hatte er keine Widerstandskraft mehr.
Fasziniert sah er zu, wie der Rock der Frau hochrutschte und gar nicht mehr klassisch wirkte, da der Saum fast schon ihren tollen Po erreichte. Das war auf den ganzen fünfzehntausend Kilometern seiner Reise der erste Anblick, der tatsächlich seine volle Aufmerksamkeit beanspruchte.
Die Fremde zog den Rock noch höher, stützte sich mit einem Knie auf die Matratze und streckte sich. Erst jetzt wurde Quade klar, dass sie sein Bett machte. Dabei handelte es sich nicht um sein früheres Bett, sondern um das große alte Doppelbett aus dem Gästezimmer, dessen Federung ziemlich ausgeleiert war.
Während die Fremde sich nun daran zu schaffen machte, quietschte und knarrte das Bett rhythmisch. Das Geräusch sorgte dafür, dass Quade nicht nur den Anblick genoss, sondern dass ihm auch heiß wurde - so sehr, dass er den Kopf schüttelte. So ging das nicht.
Er betrat das Zimmer und stellte die seiner Meinung nach vordringlichste Frage:
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