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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von der mühsamen Arbeit ihrer Gefährtinnen ab. So wortlos wie die Seilträgerin legte sie Pahni eine Hand auf die Schulter, führte sie zu Anele und nötigte sie, sich zu dem Alten zu setzen. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit hatte Anele sein Essen nicht angerührt, seit er zuletzt gesprochen hatte. Statt dessen kauerte er in Sturmvorbei Böen-Endes Brustpanzer, starrte blind ins Leere und hielt den Sonnenstein mit beiden Händen umklammert, als brauchte er ihn und wiese ihn zugleich zurück.
    Vor dem für Anele bestimmten Mahl sitzend, schien Pahni so wenig Appetit zu haben wie der Alte. Ihr Blick war fast so leer wie seiner. Aber Gutwind ließ die Seilträgerin dort zurück und ging davon, um einen Wasserschlauch zu holen. Als sie ihn Pahni an die Lippen hielt, griff Pahni danach und trank gierig.
    Linden seufzte innerlich erleichtert. Offenbar wollte die junge Frau trotz ihrer Trauer um Liand weiterleben.
    Wenig später gesellte Bhapa sich zu Linden, Gutwind und Stave. Beim letzten Abstieg war er wieder einigermaßen zu Atem gekommen. Vor Linden verbeugte er sich, wie Mahrtür es getan hatte: ernst und schweigend. Aber zu der Riesin sagte er heiser: »Nimm den Dank eines Seilträgers entgegen, Zirrus Gutwind. Deine Freundlichkeit und Fürsorge gegenüber allen Gefährten ist ein Geschenk, das man nicht genug rühmen kann. In meinen langen Jahren als Seilträger habe ich Schmerz kennengelernt, der die Kraft eines Mähnenhüters auf die Probe stellen würde.« Dann nickte er zu Pahni hinüber. »Aber ich habe zuvor noch nie erlebt, dass eine Ramen vor Kummer fast gestorben wäre.«
    Pahni hatte zu essen begonnen. Sie nahm kleine Bissen und kaute sie qualvoll langsam, als hätten sie keinen anderen Zweck als ihr Überleben zu sichern. Sie schien nicht gehört zu haben, was Bhapa sagte.
    »In den Leben, die wir kennen«, fuhr der ältere Seilträger fort, »ist unsere Liebe zu den Ranyhyn ein bewährtes Mittel gegen Trauer. Wie könnten unsere Herzen sich nicht aufschwingen, wenn wir die großen Pferde in ihrer Herrlichkeit sehen? Aber diesmal muss Pahni dreifach trauern. Ihr Geliebter ist tot, die Ring-Than hat sie notwendigerweise abgewiesen, und hier gibt es keine Ranyhyn.
    Meine Dankbarkeit für deine Rücksichtnahme …«
    Bhapa schluckte angestrengt, konnte seine Stimme nicht wiederfinden. Er schien kurz davor zu sein, in Tränen auszubrechen, obwohl sein Körper keine Flüssigkeit entbehren konnte. Jetzt senkte er den Kopf, als schämte er sich seiner Gefühle.
    Strenger als beabsichtigt fragte Linden: »Hast du nicht daran gedacht, ihr Ranyhyn zu rufen? Naharan hätte bestimmt geantwortet. Und Pahni hätte weniger leiden müssen …«
    Dann verstummte sie, war wütend auf sich selbst. Sie war nicht zornig auf Bhapa. Es war ihr eigener Beitrag zu Pahnis Leid, der sie ärgerte.
    Bevor sie sich entschuldigen konnte, hob Bhapa ruckartig den Kopf. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, sah sie seine Augen zornig blitzen.
    »Die Ranyhyn leben nicht, um uns zu dienen«, sagte er mit einer Stimme wie Sandpapier. »Wir haben ihnen nichts zu befehlen. Wir leben, um ihnen zu dienen. Bevor du zu uns gekommen bist, hat kein Ramen sie jemals geritten. Indem sie uns ermöglicht haben, dich auf deiner gefährlichen Suche zu begleiten, haben sie uns schon zu viel Ehre angetan. Nur ein Mähnenhüter könnte mehr von ihnen erbitten.«
    »Tut mir leid«, antwortete Linden so sanft wie möglich. »Das hätte ich nicht vorschlagen sollen. Ich weiß, dass es falsch war. Ich bin nur durcheinander, weil ich anscheinend nichts für Pahni tun kann.«
    Bhapa funkelte sie weiter an; er schien nicht bereit zu sein, ihre Entschuldigung anzunehmen. Sie hatte seinen Stolz als Ramen verletzt. Aber Zirrus Gutwind legte ihm den Arm um die Schultern und zog ihn mit sich fort. »Komm, Seilträger«, sagte sie dabei. »Du hast meine Rücksichtnahme gelobt, also lass mich sie jetzt beweisen. Du musst so ausgehungert sein wie Pahni. Ich bitte dich, setz dich zu ihr und iss, damit du wieder zu Kräften kommst. Wir werden bald auf dein Herz und ihres und alle unter uns angewiesen sein.«
    Gutwind führte Bhapa mit sanftem Nachdruck zu Pahni und setzte ihn neben die junge Seilträgerin.
    »Danke«, murmelte Linden. Das war wenig genug, aber zu mehr war sie im Augenblick nicht imstande. Das tröstliche Gefühl, sich an Covenant lehnen zu können, war verschwunden, durch die Nachwirkungen von Liands Tod erodiert. Und Pahnis Verzweiflung weckte

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