Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Wahrheit gesagt.
    Staunen, Erinnerungen und namenlose Ängste ließen sie instinktiv innehalten, und sie kam erst wieder zu sich, als Liand halblaut drängte: »Linden! Dein Sohn ist sicher in der Nähe. Und die Ungeduld des Eggers wächst. Wir dürfen nicht trödeln.«
    Es kostete sie Mühe, den Steinhausener anzusehen. Dabei war ihr Blick eigenartig distanziert, als kennte sie ihn gar nicht mehr.
    »Lady!«, knurrte der Egger. »So töricht der Jüngling oft ist - in diesem Punkt spricht er wahr. Die Verlorene Tiefe spiegelt den ganzen Umfang der Träume ihrer Schöpfer wider. Säle und Lehrenwerke sind weitläufig, erstrecken sich über Meilen hinweg.
    Wir brauchen uns nicht in ihnen zu verlieren, aber all unsere Mühen sind vergebens, wenn du dein Staunen nicht unterdrücken kannst. Dieses Reich bleibt kaum weniger gefährlich als das Übel in der Kluft.«
    Drängend schloss er: »Wir müssen uns beeilen!«
    Du hast recht, sagte Linden sich. Du hast. Recht. Trotzdem setzte sie sich nicht wieder in Bewegung. Verstreute und zertretene Spielautos hielten sie fest: Trümmer, die Roger bei seinem gewaltsamen Eindringen in ihr Haus zurückgelassen hatte. Sie erkannte Omina in dem Schloss; jede Linie seiner Wälle prophezeite schmerzlichen Verlust.
    »Spar dir deine Ermahnungen, Insequenter.« Die Eisenhand schien mehr entzückt als verärgert zu sein. »Wünschst du Eile, sollst du sie bekommen. Aber kurz, nur ganz kurz müssen wir unser Erstaunen befriedigen.« Sie sah sich um, als verblüffte sie der bloße Umfang ihrer Verwunderung. »Wir sind Riesen, wir lieben Stein in jeder Form, aber wir haben noch niemals solche Pracht gesehen. Dies ist absolute Vollkommenheit …« Sie breitete die Arme aus, als hätte sie am liebsten das ganze Schloss umarmt. »Makellos wie eine himmlische Melodie. Wahrlich, Insequenter, ihr Lied ist fast vernehmbar …«
    Einige der Schwertmainnir nickten, die anderen verharrten verzaubert in stummem Staunen.
    »Du wirst schon bald deine Freude daran haben, wie wir uns beeilen«, schloss Raureif Kaltgischt. Sie seufzte schwärmerisch oder ehrfürchtig. »Aber nicht sofort. Nicht jetzt gleich …«
    Ihre Stimme verklang, während sie das hoch aufragende Gebilde studierte.
    »Linden!«, drängte Liand. »Linden, hör mir zu. Dieser Ort ist wahrhaft gefährlich, obwohl ich die Gefahr nicht genau bezeichnen kann.« Als Steinhausener hätte er so verzaubert sein sollen wie die Riesinnen. »Ich weiß nur, dass schlimme Vorahnungen mir das Herz beschweren. Wenn nicht alles fehlschlagen soll, müssen wir auf den Egger hören.«
    Mein Sohn, mein Sohn!
    Linden erinnerte sich bewusst an den Croyel, der wie ein unterernährtes Kind auf Jeremiahs Rücken hing; an die in sein Fleisch gebohrten Zehen und Krallen; an die Reißzähne, die sich in seinen Hals gruben, damit er das Blut des Jungen trinken konnte. Dann war sie wieder in Bewegung - zwischen Liand und Stave, die sie an den Armen hielten, während der Egger mit großen Schritten vorausging.
    Als kenne er keine Angst, führte der Insequente sie geradewegs ins Herz des nur angedeuteten Schlosses. Irgendwo hinter Linden murmelte der Eifrige: »Hab keine Angst. Hier ist das Wissen des Eggers zuverlässig.« Aber die Furcht verlieh seiner Stimme einen klagenden Unterton. »Bleiben wir unter seiner Führung, droht uns keine Gefahr. Ich werde zweifellos in Erinnerungen an die zahllosen Wunder dieses Reichs schwelgen, wenn …«Er verstummte, als scheute er sich davor, diesen Satz zu Ende zu bringen.
    Einen Augenblick lang fürchtete Linden, nur Stave, Liand und sie folgten dem Egger, doch ein Blick über die Schulter hinweg zeigte ihr die Gedemütigten, die mit Covenant zwischen sich folgten. Covenant selbst schien alles gleichzeitig zu beobachten, als versuchte er, sich alle zeitlosen Erinnerungen an das Schloss und die Höhle ins Gedächtnis zu rufen. Auf Linden aber achtete er nicht.
    Dann hörte sie in einiger Entfernung Mahrtiirs Stimme. »Sind die anderen schon vorausgegangen? Warum bewacht ihr die Ring-Than nicht?« Das klang gereizt, ärgerlich vor Hilflosigkeit.
    Als Linden einen langen Hals machte, konnte sie endlich sehen, wie die Riesinnen ihre Verzauberung abschüttelten und sich in Bewegung setzten. Spätgeborene trug weiterhin den Mähnenhüter; Böen-Ende hatte Anele auf dem Arm. Hinter den beiden bildete Zirrus Gutwind mit den Seilträgern die Nachhut.
    Der Egger schritt durch den Bergfried, als existierte er überhaupt nicht; aber Linden

Weitere Kostenlose Bücher