09 - Old Surehand III
Redensarten, sondern Platz gemacht!“
Der Schmied ließ sich vorwärts schieben; die Tramps drängten sich hinter Cox her. Als der Schmied zur Tür hereingeschoben wurde, sagte er:
„Hier seht Ihr mein Fleisch. Es ist Menschenfleisch, lebendiges Menschenfleisch.“
Unsere Gewehre waren alle nach der Tür gerichtet. Cox sah uns und erschrak:
„Zurück, zurück!“ rief er. „Macht doch zurück, ihr Kerls! Hier sind sie in der Stube, Old Shatterhand und Winnetou und alle andern auch!“
Die hinter ihm kamen, sahen uns auch; sie wendeten sich schleunigst um. Es gab ein Stoßen, Schieben und Drängen, zurück, wieder zum Haus hinaus; unser Lachen schallte hinter ihnen her. Draußen sprangen sie auf die Pferde und ritten schleunigst davon, schneller, als sie gekommen waren. Der letzte war wieder der Medizinmann, welcher das Pferd seiner Squaw am Zügel zog. Der dicke Hammerdull konnte es nicht unterlassen, ihnen durch das Fenster einen Schuß nachzusenden, indem er rief:
„Da machen sie sich fort, ohne Fleisch und ohne Mehl! Die Suppe ist ihnen versalzen! Habe ich da nicht recht, Pitt Holbers, altes Coon?“
„Hm, bloß auf eine Suppe hatten die es gar nicht abgesehen! Die hätten es heut grad so wie gestern die Rowdies hier gemacht. Es ist ein wahres Glück für den Schmied, daß wir nicht fortgeritten, sondern hiergeblieben sind!“
„Ob ein Glück oder ein Unglück, das ist ganz egal, das bleibt sich sogar gleich, wenn nur sie kein Glück dabei gehabt haben!“
Winnetou war schnell hinaus und zu den Pferden; eine Minute später sahen wir ihn fortreiten, um den Tramps zu folgen. Ich wußte, warum er das so rasch tat: sie sollten ihn sehen; sie sollten wissen, daß er hinter ihnen war und sie beobachtete. Dadurch benahm er ihnen die Lust, etwa heimlich umzukehren und uns zu belauern. Als er nach vielleicht zwei Stunden wiederkam, konnte er uns versichern, daß sie sich aus dem Staube gemacht und wir wenigstens in der nächsten Zeit nichts Feindliches von ihnen zu erwarten hätten.
Da wir uns nun sicher fühlen konnten und nicht zur gegenseitigen Hilfe beieinander zu bleiben brauchten, gingen Schahko Matto und Apanatschka fort, um ‚Fleisch zu machen‘; sie hatten guten Erfolg. Winnetou blieb daheim, um sich nur mit meiner Blessur zu beschäftigen.
Erwähnen muß ich, daß schon seit dem Morgen das Feuer brannte, denn der Schmied hatte für unsere Pferde zu arbeiten, wobei ihm dann auch seine Söhne halfen. Wir befanden uns nicht mehr auf dem weichen Boden der Prärie und wollten hinauf in die Felsenberge, wo wenigstens für die Pferde der Bleichgesichter ein guter Hufbeschlag sehr nötig war. Unsere beiden Rappen bekamen stets, sobald es nötig wurde, die Eisenschuhe angeschraubt, welche eine Erfindung des Apachen waren; sie und das nötige Werkzeug befanden sich stets in unsern Satteltaschen. Wir hatten uns für den Fall, daß Späher irrezuführen waren, sogar Hufeisen mit Vexierstollen machen lassen, die uns schon sehr oft von Nutzen gewesen waren.
So verging die Zeit bis zum Abend, wo ich wieder das Fieber bekam, doch gelinder als früher und nur für kurze Zeit. Die Nacht durchschlief ich ganz, und auch Winnetou schlief bis früh. Als er dann die Wunde untersucht hatte, sagte er befriedigt:
„Die kräftige Natur meines Bruders und die Wundkräuter haben meine Erwartungen übertroffen. Dein Hatatitla hat einen sanften Gang, und so wie du zu reiten verstehst, können wir es wagen, aufzubrechen, ohne daß es dir Schaden macht, wenn wir nicht gezwungen sein sollten, auf ein Terrain zu gehen, wo der Ritt zu anstrengend wird. Wir werden öfter ausruhen als sonst.“
Er nahm einige Nuggets aus seiner verborgenen Gürteltasche, um den Schmied zu bezahlen. Dieser meinte, es sei zu viel, er wolle sich nur seine Arbeit, nicht aber seine Gastfreundlichkeit bezahlen lassen; der Apache aber nahm nichts zurück; seine Noblesse gab dies nicht zu. Mit den herzlichen Wünschen der vier braven Menschen versehen, setzten wir uns auf und ritten fort, dem Gebirge zu.
Es liegt nicht in der Absicht dieser Zeilen, malerische Schilderungen unseres Weges zu geben, der uns von jetzt an stets aufwärts führte. Wir kamen am Abend jenseits der vorlagernden Sandsteinberge an und befanden uns nun vor den eigentlichen Felsenbergen.
Es war uns nicht eingefallen, uns sehr darum zu kümmern, wohin die Tramps geritten seien. Es galt für uns, so bald wie möglich den Park von San Louis zu erreichen, und wir wußten oder ahnten
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