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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vorbehalten, eine längere Dauer, als wir jetzt ahnten, in dem verrufenen Tal auszuhalten.
    Wie hoch die schräg ansteigende Felsenwand war, welche unsere Pferde zu erklimmen hatten, läßt sich daraus ersehen, daß wir über eine Stunde brauchten, ehe wir die Höhe erreichten. Droben gab es ein langgestrecktes, auch bewaldetes Plateau, welches von zahlreichen Klüften zerrissen wurde und sich jenseits sehr steil abwärts senkte.
    Unten lag das ‚Bärental‘, auf welches wir aber des Waldes wegen jetzt noch keine Aussicht hatten. Winnetou leitete uns nach einer der Klüfte, welche durch ein rauschendes Gebirgswasser gerissen worden war; sie fiel so schnell in die Tiefe, daß wir absteigen und die Pferde führen mußten. Erwähnen muß ich, daß der Ritt von der Schmiede bis hierher mich nicht sehr angestrengt und das Fieber sich nicht wiederholt hatte. Schmerzen, und zwar nicht unbedeutende, verursachte mir die Wunde freilich, aber das war noch kein Grund, etwa anzuhalten oder gar auf dem Faulpelz liegenzubleiben.
    Unten angekommen, konnten wir einen Teil des ‚Bärentales‘ überblicken. Es war da, wo wir uns befanden, wenigstens eine englische Meile breit. Auf seiner Sohle floß ein Creek, welcher von den rechts und links herbeirauschenden Bergwassern gespeist wurde. Zahlreiche von oben herabgestürzte Felsblöcke lagen zerstreut umher und boten mit dem sie umgebenden Strauchwerk den Tieren dieser Wildnis willkommene Verstecke. Zu beiden Seiten gab es Schluchten wie diejenige, in welcher wir herabgekommen waren. Einzelne breitwipfelige Riesenbäume ragten gen Himmel, und an den Talwänden stieg der mit dornigem Gestrüpp unterholzte Wald zu den Höhen auf. Es konnte gar keinen bessern Aufenthalt für graue Bären geben, und daß diesen Tieren, falls sich jetzt welche hier befanden, reichlich Nahrung geboten war, das ersahen wir aus den Büffelfährten, welche zahlreich zu erkennen waren.
    Die eigentliche Zeit der großen Büffelwanderung war noch nicht gekommen, aber die Bisons, welche sich während des Sommers auf den hochgelegenen und also kälteren Gebirgswiesen aufgehalten hatten, waren doch schon herniedergestiegen und durch das Tal gekommen. Der Buffalo, besonders in seinen älteren, starken Exemplaren, ist das einzige Tier, welches es mit dem Grizzly aufzunehmen wagt; der graue Bär erreicht eine Schwere bis zu zehn und der Bison eine solche bis über zwanzig Zentner, was für gewaltige Kämpfe mußte dieses stille, weit abgelegene Kui-erant-yuaw schon gesehen haben!
    Wir durchquerten es, ohne uns um die Büffelspuren zu kümmern, und hielten auf eine Seitenschlucht zu, welche, wie Winnetou wußte, jenseits mit verhältnismäßiger Bequemlichkeit zur Höhe führte.
    Auch sie hatte einen, allerdings kleinen, schmalen Spring, welcher sich in zahlreichen dünnen Kaskaden abwärts stürzte und uns den nötigen Raum zum Aufstieg ließ. Wir mochten die halbe Höhe erreicht haben, als der Apache, welcher voranritt, anhielt und vom Pferd sprang. Er untersuchte den vielfach zerrissenen, oft mit Gras und Moos bedeckten Boden mit ungewöhnlicher Sorgfalt und sagte dann:
    „Wenn wir Zeit hätten, könnten wir uns jetzt das Fell eines grauen Bären holen. Er ist hier von rechts quer über die Schlucht gewechselt und wird sein Lager wahrscheinlich da links drin in den Felsen haben.“
    Wir waren natürlich alle auch schnell von den Pferden herunter, um die Spur anzusprechen. Winnetou wies die Gefährten mit den Worten zurück:
    „Meine Brüder mögen stehenbleiben, um die Fährte nicht zu verderben! Nur Old Shatterhand mag her zu mir kommen!“
    Ich ging hin. Es hatten die scharfen Augen des Apachen dazu gehört, sie zu entdecken. Wir beide folgten ihr über den Spring hinüber, wo sie deutlicher wurde. Es mußte ein alter, sehr starker ‚Vater Ephraim‘ sein, von dem sie stammte. – Der Westmann nennt den Grizzly nämlich ‚Vater Ephraim‘. – Die Spuren der gewaltigen Tatzen waren hier ganz deutlich zu sehen, und als wir ein Stück weiter geklettert waren, zeigten die von den Seiten herankommenden Gänge, daß wir wirklich das Lager des Bären vor uns hatten.
    Ich fühlte große Lust, diesem Ephraim einen Besuch abzustatten, und sah Winnetou fragend an. Er schüttelte den Kopf und kletterte zurück. Wir mußten freilich annehmen, keine Zeit zu haben, und uns mit dem schweren Pelz des Bären zu schleppen, war auch nicht grad bequem. Als wir drüben wieder ankamen, sah ich die Augen Schahko Mattos und

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