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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber hasse ich ihn, denn er verweigert mir die Squaw, welche mich geboren hat.“
    „Weißt du genau, daß sie deine Mutter ist?“
    Er warf mir einen Blick der Überraschung zu und sagte:
    „Warum fragst du so? Ich bin überzeugt, daß mein Bruder Shatterhand nie ein Wort sagt, zu welchem er keinen Grund hat; alles, was er tut oder spricht, ist vorher von ihm reiflich überlegt worden; darum wird er auch ganz gewiß eine Ursache haben, mir diese sonderbare Frage vorzulegen.“
    „Die habe ich allerdings; aber sie ist nicht eine Frucht der Überlegenheit, sondern die Folge einer Stimme, welche ich schon früher in meinem Innern gehört habe und auch noch heute höre. Will mein Bruder Apanatschka mir Antwort geben?“
    „Wenn Old Shatterhand fragt, werde ich antworten, auch ohne zu begreifen, warum er gesprochen hat. Die Squaw, von welcher wir reden, ist meine Mutter; ich habe das nie anders gewußt, und ich liebe sie.“
    „Und ist sie wirklich die Squaw des Medizinmannes?“
    Er erwiderte abermals im Ton der Verwunderung:
    „Auch diese Frage verstehe ich nicht. Man hat beide, so lange ich es weiß, für Mann und Weib gehalten.“
    „Auch du?“
    „Ja.“
    „Und du liebst ihn nicht?“
    „Ich habe dir bereits gesagt, daß ich ihn hasse.“
    „Und bist doch überzeugt, daß er dein Vater ist?“
    „Man hat ihn stets meinen Vater genannt.“
    „Er selbst auch? Denk genau darüber nach!“
    Er senkte den Kopf, schwieg eine Weile, hob ihn dann mit einer raschen Bewegung und sagte:
    „Uff! Jetzt fällt es mir zum erstenmal auf, daß er mich niemals, kein einziges Mal Schi Yeh genannt hat.“
    „Aber deine Mutter hat Se Tseh zu dir gesagt?“
    „Auch nicht!“
    Die Ausdrücke für ‚mein Sohn‘ sind nämlich bei den meisten Indianerstämmen verschieden, je ob sie von dem Vater oder von der Mutter angewendet werden. In dem vorliegenden Fall wird Schi Yeh vom Vater, Se Tseh aber von der Mutter gebraucht. Apanatschka fuhr fort:
    „Beide haben stets nur Omi (Du) zu mir gesagt, und nur die Mutter nannte mich allerdings zuweilen Se Tseh, aber nur dann, wenn sie mit andern von mir sprach.“
    „Sonderbar, höchst sonderbar! Nun möchte ich nur noch wissen, ob er sie Ivo Uschingwa (meine Squaw) und sie ihn Iwuete (mein Mann) zu nennen pflegt.“
    Er sann wieder eine Weile nach und antwortete dann:
    „Es ist mir, als ob sie, als ich noch jung, noch sehr jung war, sich so genannt hätten; seit jener Zeit aber habe ich diese Worte nicht wieder von ihren Lippen gehört.“
    „So hat sie also seit jener Zeit stets nur die Namen Tibo taka und Tibo wete gebraucht?“
    „Ja.“
    „Und du hältst diese Worte für Medizinausdrücke?“
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Weil der Vater stets sagte, daß sie Medizin seien. Sie müssen es auch sein, denn es gibt keinen einzigen roten oder weißen Mann, welcher weiß, was das Wort Tibo zu bedeuten hat. Oder sollte mein Bruder Shatterhand es wissen?“
    Ich wußte es allerdings auch nicht. Zwar mußte ich an die französischen Namen Thibaut und Thibault denken, aber es schien mir doch zu gewagt, das freilich gleichklingende Wort Tibo damit in Beziehung zu bringen. Ich wollte eine dieses sagende Antwort geben, kam aber nicht dazu, weil mir, und zwar zu gleicher Zeit und mit gleicher Eile, zwei Personen zuvorkamen, welche dem ersten Teil unseres Zwiegespräches keine Aufmerksamkeit geschenkt hatten, dann aber, sobald sie von mir den Namen Tibo taka und Tibo wete hörten, sich uns mit um so größerem Interesse zuwendeten.
    Es wird noch erinnerlich sein, daß ich damals im Llano estacado Apanatschka versprechen mußte, die geheimnisvollen Worte keinem Menschen mitzuteilen; ich hatte mein Versprechen so treu gehalten, daß ich sogar gegen Winnetou verschwiegen war. Darum erregte es meine Verwunderung, als er uns jetzt in die Rede fiel:
    „Tibo taka und Tibo wete? Diese Worte kenne ich!“
    Und noch hatte er nicht ganz ausgesprochen, so rief auch der Häuptling der Osagen:
    „Tibo taka und Tibo wete kenne ich! Sie sind im Lager der Osagen gewesen und haben uns viele Felle und die besten Pferde gestohlen.“
    Apanatschka war natürlich ebenso erstaunt wie ich. Er wendete sich zunächst an Winnetou.
    „Woher kennt der Häuptling der Apachen diese Worte? Ist er, ohne daß ich es erfahren habe, im Lager der Naiini gewesen?“
    „Nein; aber Intschu tschuna, mein Vater, hat einen Mann und ein Weib getroffen, welche Tibo taka und Tibo wete hießen. Er war ein Bleichgesicht, sie eine

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