09 - Old Surehand III
sie mir wieder zusammenbinden.“
Sie taten dies, und daß ich nun wenigstens diese beiden Waffen wieder hatte, söhnte mich mit dem Umstand aus, daß mein Gespräch mit der Squaw ein Ende hatte nehmen müssen, denn die Tramps bestiegen ihre Pferde; es sollte aufgebrochen werden. Auch wenn dieser Aufbruch nicht gewesen wäre, hätte ich auf fernere Fragen verzichten müssen, denn in der kurzen Zeit, während ich mir die Gewehre umhing, hatte das Gesicht des armen Weibes schon wieder den trostlosen, geistesleeren Ausdruck angenommen wie vor meiner Unterredung mit ihr.
Ich wollte Apanatschka beobachten, wie er sich jetzt zu Tibo taka und Tibo wete verhalten werde; er kam aber zu mir und fragte mich:
„Der weiße Medizinmann wird sich nun von den Tramps trennen wollen?“
„Höchst wahrscheinlich.“
„Er nimmt die Squaw mit?“
„Ja, natürlich!“
„Uff! Kann sie nicht mit uns reiten?“
„Nein.“
„Warum sollte sie das nicht können?“
„Apanatschka mag mir erst vorher sagen, warum er den Wunsch hat, daß sie bei uns bleiben soll.“
„Weil sie meine Mutter ist.“
„Das ist sie nicht.“
„Wenn sie es wirklich nicht sein sollte, so hat sie mich doch liebgehabt und mich so gehalten, als ob ich ihr Kind sei.“
„Gut! Aber pflegen die Krieger der Komantschen, auch wenn sie Häuptlinge sind, ihre Squaws oder Mütter mitzunehmen, wenn sie so viele, viele Tagesreisen weit reiten und schon vorher wissen, daß sie mancherlei Gefahren zu bestehen haben werden?“
„Nein.“
„Warum will Apanatschka diese Squaw bei sich haben? Ich vermute, daß es für ihn einen ganz besonderen Grund dazu gibt.“
„Es gibt einen Grund: Sie soll nicht bei dem Bleichgesicht bleiben, der sich für einen roten Mann ausgegeben und die Krieger der Naiini viele Jahre lang damit betrogen hat.“
„Er wird sie nicht hergeben.“
„So zwingen wir ihn!“
„Das ist unmöglich. Apanatschka vergißt, daß wir gefangen sind.“
„Wir werden es nicht lange sein!“
„Dürfen wir das den Tramps sagen? Und würden sie selbst für diese kurze Zeit eine Squaw bei sich dulden?“
„Nein. Aber wo will der weiße Medizinmann mit der Squaw hin? Was will er mit ihr tun? Wenn wir ihn mit ihr fortlassen, werde ich die niemals wiedersehen, welche ich für meine Mutter gehalten habe!“
„Apanatschka irrt; er wird sie wiedersehen.“
„Wann?“
„Vielleicht schon in sehr kurzer Zeit. Mein Bruder Apanatschka mag an alles denken! Der weiße Medizinmann gibt sie nicht her; die Tramps nehmen sie nicht mit, und uns würde sie nur stören, ganz abgesehen davon, daß wir heut gefangen und gar nicht unsere eigenen Herren sind. Wenn Tibo taka sie aber mit sich nimmt, fällt dies alles fort, und du wirst sie in kurzer Zeit wiedersehen.“
„Aber der weite Ritt ist zu schwer für sie!“
„Mit uns müßte sie vielleicht noch weiter reiten!“
„Und Tibo taka wird nicht gut und freundlich mit ihr sein!“
„Das war er auch am Kaam-kulano nicht; sie ist es also gewöhnt. Übrigens ist ihr Geist nur selten bei ihr, und es wird ihr also nicht bewußt, wenn er nicht freundlich mit ihr ist. Und sodann scheint er die weite Reise zu einem Zweck unternommen zu haben, der ihre Gegenwart erheischt; er wird folglich so aufmerksam und sorglich für sie sein, daß sie keinen Schaden nimmt. Mein Bruder Apanatschka mag sie also mit ihm reiten lassen! Das ist der beste Rat, den ich ihm geben kann.“
„Mein Bruder Old Shatterhand hat es gesagt, und so mag es geschehen; er weiß stets, was für seine Freunde nützlich ist.“
Jetzt war man endlich damit fertig geworden, Old Wabble die Jacke wieder anzuziehen und ihn auf das Pferd zu bringen; nun konnte man weiterreiten. Es war ein Unsinn, seinen Arm wieder in den Ärmel zu zwingen. Wenn man ihm die Jacke einstweilen nur umhing, wurden ihm die großen Schmerzen erspart. Es konnte mir aber gar nicht einfallen, ein Wort dagegen zu sagen. Er hatte die Schmerzen mehr als reichlich verdient, und wenn er sie nun bis auf die Neige auskostete, so fühlte ich in mir keine Pflicht, etwas dagegen einzuwenden.
Tibo taka bestieg auch sein Pferd, auf welches er, seit ich ihn von demselben geworfen hatte, nicht wieder gekommen war. Er ritt zum alten Wabble hin, um Abschied zu nehmen.
„Nehmt meinen Dank, Mr. Cutter, daß Ihr Euch so kräftig meiner angenommen habt!“ sagte er. „Wir werden uns wiedersehen, und dann sollt Ihr so vieles und verschiedenes – – –“
„Seid so gut, und
Weitere Kostenlose Bücher