Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
1
Als wir im süßen Gras unter dem Sternbild Orion lagen, wusste ich, dass das, was wir getan hatten, nicht so sehr ein Akt des Geschlechtlichen, sondern eher die Entfesselung einer unerklärlichen Leidenschaft gewesen war .
Hohepriesterin von Avalon
»Verdammt, Jordan, Sie haben mich angelogen.« Vivianne Blackstone, geschäftsführendes Mitglied der Vesta Corporation, schlug sich mit dem belastenden Bericht gegen das Bein und bekämpfte den Drang, ihn ihrem Chefentwickler Jordan McArthur an den Kopf zu werfen. Die Welt befand sich kurz vor dem Zusammenbruch, nachdem bekannt geworden war, dass ein uralter Feind sowohl die Regierungen als auch die wesentlichen Industriezweige der Erde unterwandert hatte. Und Vivianne wollte ihr Draco -Projekt geheim halten.
In ihren Schläfen pochte es, als sie auf die komplizierte Verkabelung des Raumschiffes starrte. Die Draco war das einzige Schiff seiner Art. Als das fortschrittlichste, das jemals auf der Erde gebaut worden war, hatte es wie geplant an den Start zu gehen. Es musste einfach funktionieren. So viel hing davon ab, den verlorenen, legendären Gral zu finden: Vestas Zukunft, die Zukunft der Erde, Viviannes Zukunft – alles, was sie je gewollt und geliebt hatte, könnte verloren gehen, wenn dieses Projekt erfolglos blieb.
Als Jordan aber keine Antwort gab, stieß sie seinen Fuß mit ihrem Schuh an. »Ich rede mit Ihnen.«
Jordan lag auf dem Deck, sein Kopf war halb hinter einer Klappe verborgen. Er wandte sich um, bis sie seine strahlend blauen Augen sehen konnte.
»Ich hab’s ja gehört. Warum soll ich Sie angelogen haben?«
Sie warf den Bericht auf den Boden, aber seine Aufmerksamkeit hatte sie zugunsten des Schiffes schon wieder verloren. Er hatte sich in die Öffnung geschlängelt und zog an einem weiteren Draht, den er mit den Schaltkreisen verbinden wollte, deren Schema ausschließlich in seinem Kopf existierte.
Dann fädelte er den Draht in ein Armaturenbrett mit filigranen Schaltkreisen ein. »Reichen Sie mir einen Schraubenzieher.«
Hinter seinem Rücken runzelte sie die Stirn und drückte ihm das Werkzeug in die Hand.
»Sagen Sie mir, dass diese Informationen hier falsch sind.«
»Welche Informationen?« Er warf nicht einmal einen Blick auf den Ordner, den sie fallen gelassen hatte. Sein kantiges und ernstes Profil blieb vollkommen reglos; nur ein winziges Zucken am Kiefer verriet ihr, dass er über die Unterbrechung seiner Arbeit etwas unglücklich war.
»Sie sind niemals in Harvard gewesen. Sie haben Ihren Doktor nicht am MIT gemacht. Sie haben auch nie in Cambridge gelehrt.«
»Den Kreuzschlitzschraubenzieher.« Wieder streckte er die Hand aus; Ungeduld schwang im Ton seiner Stimme mit. »Das ist der Schraubenzieher mit einem X an der Spitze.«
Glaubte er etwa, sie würde einen Kreuzschlitzschraubenzieher nicht erkennen? Ihr Fachgebiet war zwar Kommunikationstechnologie, aber ihre erste Wasserstoffrakete hatte sie im Alter von zwölf Jahren entworfen und dann auch selbst gebaut.
Doch wenn es um Raumschiffe ging, war Jordan der anerkannte Fachmann. Trotz seines geschönten Lebenslaufs kannte sich der Mann in Aeronautik nun einmal bestens aus. Von der Gestaltung der Hülle bis zur Verkabelung des Antigraven gab es keine Einzelheit an der Draco , die Jordan nicht verändert und verbessert hätte.
Einer von seinen Ingenieuren sagte über die Sprechanlage des Schiffes: »Diese Spannungswandlergleichungen können einfach nicht stimmen.«
»Doch, das tun sie«, antwortete Jordan gleichmütig.
»Sie werden die Schaltkreise rösten.« Der Stimme des Mannes war seine Frustration deutlich anzuhören.
»Sean, Sie werden schon einen Weg finden, sie in Gang zu halten. Ist doch immer so.«
»Ich bin einfach ratlos.«
»Ich helfe Ihnen, sobald ich kann.«
»Danke, Boss.«
»Aber ich bin sicher, dass Sie schon vorher auf die Lösung kommen werden.«
Sean kicherte. »Ich werd mein Bestes tun.«
Dies war zwar eine von Jordans Seiten, die sie noch nicht kannte, aber der ungezwungene Umgang mit seinen Mitarbeitern überraschte sie keinesfalls. Allerdings waren es auch gar nicht seine Führungsqualitäten, die sie infrage stellte. Vivianne wurde wütend. »Jordan, wir müssen miteinander reden.«
»Dann reden Sie doch.«
Vivianne hielt inne und überlegte sich ganz genau, was sie sagen sollte. Sie hatte bereits den Fehler begangen, Jordan anzuheuern, bevor er gründlich ärztlich untersucht worden war. Also konnte sie es sich nicht leisten, noch
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