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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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man sie denn gefragt, warum sie nicht geschrien hat oder ihrer Freundin zu Hilfe gekommen ist?«
    »Ich denke, daß man sie das bei der Verhandlung gefragt hat. Wahrscheinlich hatte sie solche Angst, daß sie sich nicht rühren konnte. Das gibt es.«
    »Das gibt’s wohl. Aber warum trat sie nicht vor, als die Äbtissin angeritten kam oder als du erschienst? Warum hat sie nicht die Wache zu Hilfe gerufen?«
    Mel dachte darüber nach und zuckte dann die Achseln.
    »Ich bin kein dálaigh, Lady. Ich bin nur ein einfacher Hauptmann der Wache…«
    Fidelma schaute ihn an und lächelte. »Jetzt nicht mehr. Du bist nun Befehlshaber der Palastwache. Wie bist du zu der Beförderung gekommen?«
    Mel wurde nicht verlegen.
    »Mir wurde mitgeteilt, der König habe sich über meine Wachsamkeit gefreut und ich solle Befehlshaber der Palastwache werden. Bischof Forbassach habe mich empfohlen.«
    Fidelma schwieg einen Moment.
    »Diese Fial tauchte also aus dem Nirgendwo auf…«
    »Hinter den Ballen am Kai«, verbesserte sie Mel.
    »Sie sagt, sie hat in der Dunkelheit alles gesehen, aber getan hat sie nichts«, stellte Fidelma spöttisch fest. »Hat sie die Geschichte der Äbtissin Fainder bestätigt?«
    Mel machte ein überraschtes Gesicht. »Ich wußte nicht, daß die Aussage der Äbtissin eine Bestätigung brauchte.«
    »Alles, was mit einem unnatürlichen Tod zu tun hat, braucht eine Bestätigung, sogar die Aussage einer Heiligen«, erwiderte Fidelma kurz. Sie ging zu den Ballen hin und blickte von dort zum Tor der Abtei.
    »Stellen wir uns das Ganze einmal vor«, begann sie ruhig. »Fial und das tote Mädchen sind Novizinnen in der Abtei. Fial sagt, sie hat sich mit ihrer Freundin hier am Kai verabredet. Lassen wir mal beiseite, daß es sich um eine sehr ungewöhnliche Zeit handelt – mitten in der Nacht. Fial erklärt uns, sie sei angekommen und habe gesehen, wie ihre Freundin von einem Mann überfallen wurde, in dem sie Bruder Eadulf erkannte. Dann rannte dieser zurück in die Abtei. Ist das soweit richtig?«
    »Das ist die Geschichte, wie sie mir das Mädchen erzählt hat.«
    »Um sich aber hinter den Ballen verstecken zu können – und ich gehe davon aus, daß du ihre Lage richtig bezeichnet hast –, muß Fial an ihrer Freundin vorbeigegangen sein, während diese überfallen wurde. Nur wenn sie vor ihrer Freundin oder mit ihr zugleich hier eingetroffen wäre und sich verborgen gehalten hätte, während Gormgilla angegriffen wurde, ergibt ihre Geschichte überhaupt einen Sinn.«
    Mel runzelte die Stirn und blickte drein, als sei ihm die Bedeutung von Fials Schilderung soeben zum erstenmal aufgegangen.
    »Es war dunkel«, vermutete er, »vielleicht lief sie in der Dunkelheit an ihrer Freundin und dem Angreifer vorbei?«
    Fidelma lächelte spitz. Sie brauchte nichts zu sagen, um ihm die Schwäche seiner Erklärung darzutun. Sie kam nun zu dem offenkundigen Widerspruch.
    »Es gibt einen sehr merkwürdigen Zeitunterschied zwischen der Mordtat, die das Mädchen beobachtete, und dem Moment, wo sie sich bemerkbar machte. Wir müssen davon ausgehen, daß der Mörder geflohen war, bevor Äbtissin Fainder eintraf. Sein einziger Weg vom Kai zum Tor der Abtei wäre sonst von ihr blokkiert gewesen, denn sie hielt mit ihrem Pferd am Ende des Kais. Stimmst du mir zu?«
    Mel nickte stumm.
    »Also hatte Fial lange hinter den Ballen gewartet. Sie beobachtete den Mord, sie sah den Mörder weglaufen – in Richtung auf die Abtei, nach ihrer Aussage. Sie sah Äbtissin Fainder ankommen, sie sah, wie du erschienst und die Leiche untersuchtest, sie wartete, bis die Äbtissin in die Abtei ging und du deinen Kameraden herbeiriefst. Erst dann trat sie vor. Ist sie jemals gefragt worden, warum sie so lange in der Dunkelheit dastand und abwartete?«
    »Damals habe ich nicht daran gedacht«, sagte Mel.
    »Ich trug die Leiche in die Abtei, und mein Kamerad brachte Fial mit. Äbtissin Fainder hatte den Arzt geweckt und die Verwalterin, Schwester Étromma. Sie waren anwesend, als ich Fial befragte. Da erklärte sie, der angelsächsische Bruder sei der Mann, der ihre Freundin überfallen und getötet habe. Fial blieb in der Obhut einer der Schwestern, während wir alle…«
    »Wir?« fragte Fidelma.
    »Die Mutter Äbtissin, Schwester Étromma, ein Bruder namens Cett, ich und mein Kamerad…«
    »Vielleicht nennst du den Namen deines Kameraden?«
    »Er hieß Daig.«
    »Hieß?« Fidelma hatte die Betonung herausgehört.
    »Er ertrank hier im Fluß nur ein

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