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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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paar Tage nach diesen Ereignissen.«
    »Anscheinend haben die Zeugen in diesem Fall die Angewohnheit, zu verschwinden oder zu sterben«, bemerkte Fidelma trocken.
    »Schwester Étromma führte uns in das Gästehaus. Der angelsächsische Mönch war da und tat so, als ob er schliefe.«
    »Tat so?« fragte sie scharf. »Wie kannst du sicher sein, daß er nur so tat?«
    »Wie sollte es sonst sein, wenn er doch gerade von dem Mord am Kai hereingekommen war.«
    » Wenn er gerade von dem Mord am Kai hereingekommen war.« Fidelma wiederholte den Satz mit starker Betonung auf dem ersten Wort. »Könnte es nicht sein, daß er den Mord nicht begangen hatte und tatsächlich schlief?«
    »Aber Fial hatte ihn doch erkannt!«
    »Es hängt viel davon ab, was Fial gesehen hat, nicht wahr? Also lag der Angelsachse im Schlafraum im Bett?«
    »Ja. Bruder Cett war derjenige, der ihn weckte. Im Lampenlicht stellte sich heraus, daß der Bursche Blut an seiner Kleidung hatte, und ein abgerissenes Stück Stoff wurde bei ihm gefunden. Später ergab sich, daß der Stoff von Gormgillas Kutte stammte. Auf ihm waren auch Blutflecke.« Mels Miene hellte sich auf. »Das beweist, daß ihre Freundin Fial die Wahrheit sagte, denn wie sonst sollte das Blut auf die Kleidung des Angelsachsen und das Stück Kutte in seinen Besitz gekommen sein?«
    »Ja, wie wohl?« fragte Fidelma rhetorisch. »Hast du Bruder Eadulf verhört?«
    Mel schüttelte den Kopf. »An der Stelle erklärte Äbtissin Fainder, daß sie die Angelegenheit übernehme, da sie die Abtei betreffe. Sie bat mich, Bruder Cett dabei zu helfen, den Angelsachsen in eine Zelle in der Abtei zu bringen. Das geschah, und man holte Bischof Forbassach, den Brehon. Mehr weiß ich nicht von der ganzen Sache, bis ich natürlich in der Verhandlung als Zeuge auszusagen hatte.«
    »Warst du mit dem Gang der Verhandlung zufrieden?«
    »Die Frage verstehe ich nicht.«
    »Kam dir nicht der Gedanke, daß die Ereignisse, so, wie du sie geschildert hast, Widersprüche aufweisen und Fragen aufwerfen?«
    Mel überlegte einen Moment.
    »Es stand mir nicht zu, darüber nachzudenken, sobald die Verantwortlichen den Fall übernommen hatten«, meinte er schließlich. »Wenn es Fragen zu stellen gab, dann war es die Aufgabe des Brehons, Bischof Forbassachs, das zu tun und auf alles hinzuweisen, was nicht stimmte.«
    »Aber Forbassach stellte keine Fragen?«
    Mel wollte etwas sagen, doch plötzlich spähte er aufmerksam über Fidelmas Schulter. Sie wandte sich rasch um nach dem Ziel seiner Blicke und erkannte trotz der langen schwarzen Kutte ohne Schwierigkeit die Gestalt der Äbtissin Fainder, die auf einem kräftigen Pferd den Weg an der Abteimauer entlanggaloppierte. Offenbar war sie eben durch das Tor herausgekommen.
    Fidelma verzog das Gesicht vor Ärger.
    »Mit ihr wollte ich gerade ein Wort reden. Die Frau kann einen aufregen! Die Zeit drängt. Aber wahrscheinlich will sie sich um das gesunkene Schiff kümmern.«
    Mel schaute zum Stand der Sonne auf.
    »Um die Zeit reitet Äbtissin Fainder immer aus«, erklärte er. Dann malte sich Überraschung in seinen Zügen. »Gesunkenes Schiff? Was für ein Schiff ist gesunken?«
    Fidelma ignorierte ihn für einen Augenblick, denn sie fand es seltsam, daß eine Äbtissin regelmäßig ihre Abtei verließ und ausritt. Mönche und Nonnen verzichteten weitgehend auf Pferde und dehnten ihr Armutsgelübde auch auf das Reisen aus, wenn sie nicht einen gewissen gesellschaftlichen Rang besaßen. Fidelmas Stellung als dálaigh im Range eines anruth gab ihr das Recht, zu Pferde zu reisen, das sie als Nonne nicht genossen hätte.
    »Wo reitet sie jeden Tag um diese Zeit hin?« fragte sie.
    Mel ließ ihre Frage unbeantwortet »Gesunkenes Schiff?« wiederholte er. »Was meinst du damit?« Fidelma berichtete ihm von der Nachricht, die Schwester Étromma erhalten hatte, die daraufhin zur Hilfeleistung fortgeeilt war.
    Es überraschte sie etwas, als Mel sehr ernst wurde und sich eilig entschuldigte.
    »Du wirst mir verzeihen, Schwester, wenn ich gleich nachsehe, was da geschehen ist. Es gehört zu meinen Pflichten, mich um solche Vorfälle zu kümmern. Wir müssen dafür sorgen, daß der Fluß dadurch nicht für andere Schiffe blockiert wird. Entschuldige bitte.«
    Schnell lief er den Uferweg entlang in die Richtung, die Schwester Étromma und ihr Begleiter wie auch Äbtissin Fainder eingeschlagen hatten.
    Fidelma hatte keine Zeit, über deren Sorgen nachzugrübeln. Sorgfältig besah sie sich

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