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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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ihr, bis vor ein paar Monaten. Da kam sie zu Pferde an meine Tür und erklärte, sie sei zurückgekehrt und jetzt Äbtissin von Fearna.«
    »Du hattest sie nicht gesehen, seit sie achtzehn Jahre alt war?«
    Deog lächelte traurig. »Sie war zehn Jahre in Bobbio und zog dann weiter nach Süden, nach Rom. In Rom erweckte sie die Aufmerksamkeit von Abt Noé, der sich zufällig auf einer Pilgerreise dort aufhielt. Er lud sie ein, nach Fearna zurückzukehren, und überredete sie, Äbtissin zu werden.«
    Fidelma war verblüfft. »Abt Noé hat Fainder tatsächlich zur Rückkehr nach Laigin überredet, damit sie an seiner Stelle als Äbtissin die Leitung der Abtei übernahm?«
    »So hat sie es mir gesagt, und so sage ich es dir.«
    »Ich dachte, Noé hinge dem Glauben Colmcilles an, Fainder hingegen hat anscheinend viele Gebräuche Roms angenommen.«
    »Sie tritt eifrig für Rom ein«, stimmte ihr Deog zu.
    »Sie folgt den strengen, hochmütigen Gebräuchen des römischen Klerus. Aber ich glaube, das ist bei ihr nur äußerlich. Sie strebt fanatisch danach, unsere Kirche in Übereinstimmung mit den Regeln der römischen zu bringen.«
    »Sind die Hinrichtungen ein Zeichen für diese Entschlossenheit?«
    Deog machte ein unglückliches Gesicht und gab keine Antwort.
    »Sie scheint ihren Willen bei Bischof Forbassach und dann auch beim König durchgesetzt zu haben«, bemerkte Fidelma nach einer Weile. »Sie hat ihnen eingeredet, daß dieses Königreich die Bußgesetze einführen solle.«
    »Sie hat eine sehr mächtige Stellung erlangt«, gab Deog zu. »Ich wünschte aber…«
    »Ja?« lockte Fidelma.
    »Diese Härte, die kann zu schlimm werden. Viele Leute – und davor habe ich sie schon gewarnt –, viele Leute haben Furcht vor der Abtei Fearna. Daß dort ein Bruder im Glauben hingerichtet wurde, und diese Bestrafungen, von denen wir gehört haben…«
    »Bestrafungen?«
    »Vor ein paar Wochen wurde ein Bruder ausgepeitscht.«
    » Ausgepeitscht? «
    »Es wurde behauptet, er habe gelogen, also ließ ihn Fainder bis zum Gürtel entkleiden und mit Birkenruten auspeitschen. Ich kann das auch kaum glauben.«
    »Weißt du, wie der Bruder hieß, der ausgepeitscht wurde?«
    Deog antwortete mit einem Kopfschütteln.
    »Du sagst, die Leute haben Furcht vor der Abtei Fearna. Wie reden sie denn über die Abtei?«
    »Sie meinen, die Abtei sei böse geworden. Hast du die Statue des Engels vor dem Haupttor der Abtei gesehen? Das ist die, die der heilige Máedóc mit eigenen Händen angefertigt haben soll.«
    Fidelma erwiderte, sie kenne sie.
    »Sie wurde früher Unsere Liebe Frau vom Licht genannt, und die Leute brachten ihr Opfer dar. Jetzt nennt man sie anders.«
    »Und wie?« fragte Fidelma.
    »Unsere Liebe Frau von der Finsternis.«
    »Hast du mit deiner Schwester darüber gesprochen, wie die Leute reden?«
    »O ja«, sagte Deog verbittert. »Sie hat mir geantwortet, ich solle mich um meinen Garten kümmern und mich nicht in religiöse Dinge mischen, von denen ich nichts verstehe.«
    »Begreift sie denn nicht, daß sie die Leute beunruhigt? Erkennt sie nicht, welchen Schaden sie dem Glauben zufügt?« forschte Fidelma.
    »Ich denke nicht. Sie ist so an die Bräuche gewöhnt, die sie im Ausland gelernt hat, besonders an diese mitleidslosen Arten der Bestrafung und an die erbarmungslose Härte des Lebens dort, daß sie meint, wir hier wären im Irrtum, wir lebten zu locker und unmoralisch. Sie ist entschlossen, uns allen die Regeln der Bußgesetze aufzuzwingen.«
    »Und die Unschuldigen müssen ebenso leiden wie die Schuldigen?«
    »Glaubst du, daß Bruder Ibar unschuldig war?«
    »Hat dein Ehemann Daig das nicht auch gedacht?«
    »Daig hatte seine Zweifel. Er meinte, es gebe Fragen, die man stellen müßte.«
    »Und Daig starb, bevor er sie bei der Verhandlung stellen konnte.«
    Einen Moment schaute Deog Fidelma mit großen, entsetzten Augen an.
    »Was meinst du damit?« flüsterte sie. »Daß Daig… daß Bischof Forbassach, der Brehon…?« Sie hob die Hand vor den Mund.
    Fidelma entgegnete rasch: »Ich ziehe keine Schlußfolgerungen, ich bemerke nur etwas zu den Tatsachen. Mir scheint, Gabrán müßte ein paar Fragen beantworten. Warum hat Forbassach sie nicht gestellt?«
    »Bischof Forbassach tut, was Fainder ihm sagt«, erwiderte die Frau leise.
    Fidelma musterte sie vorsichtig.
    »Gibt es einen besonderen Grund, weshalb sich Bischof Forbassach und Fainder in deiner Hütte treffen?«
    Deog lachte bitter auf. »Glaubst du wirklich,

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