09 - Vor dem Tod sind alle gleich
zurückkehrte. War es so?«
»Das machte ihm Sorgen. Sie war nicht mehr da, als er zurückkam.«
»Hat er das gegenüber jemand anderem erwähnt?«
»Er hat es Bischof Forbassach gesagt.«
»Aha. Und was geschah? Was tat Forbassach?«
»Ich glaube nicht, daß noch einmal darüber gesprochen wurde. Schließlich war sich Daig nicht absolut sicher. Lassar bestätigte, daß der Mann Geld erhalten hatte, und sie wußte, daß er gewöhnlich eine Goldkette trug. Sie kannte ihn als ein ständiges Mitglied der Mannschaft Gabráns, der öfter ins Gasthaus kam. Er behauptete immer, er habe die Goldkette in einer Schlacht gegen die Uí Néill errungen.«
Fidelma schwieg einen Moment und überdachte diese Geschichte.
»Ich weiß, daß die Sache mit der Goldkette ihm Sorgen machte«, fügte Deog hinzu.
»Hat dir Daig auch erzählt, wie er die Spur zu Bruder Ibar verfolgen konnte?«
»Das hat er allerdings, und er meinte, es sei ein erstaunlicher Zufall gewesen. Gabrán kam am nächsten Tag zu Daig und sagte, er sei auf dem Markt gewesen, und da sei ein Mönch zu ihm gekommen und habe ihm eine Goldkette verkaufen wollen. Er habe sie sofort als die Kette erkannt, die seinem toten Schiffer gehörte.«
»Ein ziemlich eigenartiger Zufall«, bemerkte Fidelma trocken.
»Aber solche Zufälle gibt es«, erwiderte Deog.
»Kannte Gabrán diesen Mönch?«
»Er wußte, daß er der Abtei angehörte.«
»Er sagte also, er habe die Kette gekauft?«
»Er tat so, als sei er daran interessiert, und verabredete sich mit dem Mann für später. Dann folgte er ihm bis zur Abtei. Dort fragte er die rechtaire, wie dieser Bruder heiße – es war natürlich Ibar –, und anschließend kam er zu Daig und berichtete ihm die ganze Geschichte. Daig ging zur Abtei und besprach sich mit Äbtissin Fainder. Zusammen mit der rechtaire durchsuchte Daig Bruder Ibars Zelle. Sie fanden die Kette und einen Beutel mit Geld unter seinem Bett.«
»Was weiter?« erkundigte sich Fidelma.
»Gabrán erkannte die Kette wieder und erklärte auch, daß der Inhalt des Geldbeutels etwa dem entsprach, was er dem Schiffer an Lohn gezahlt habe. Fainder ließ Bischof Forbassach holen, und Bruder Ibar wurde förmlich angeklagt.«
»Man hat mir gesagt, er habe die Beschuldigung zurückgewiesen?«
»Das stimmt. Er leugnete den Mord, er leugnete den Versuch, Gabrán die Kette zu verkaufen, und er leugnete jede Kenntnis von dem unter seinem Bett versteckten Geld. Er nannte Gabrán einen Lügner. Aber angesichts der überwältigenden Beweise blieb nur eine Schlußfolgerung. Doch Daig machte sich Sorgen wegen des Zufalls – wie du schon sagtest, es war ein eigenartiger Zufall. Ihn beschäftigte auch der Gedanke, daß er die Kette am Hals des Opfers noch nach dem Mord gesehen hatte.«
»Aber du meinst, er habe Bischof Forbassach von seinen Sorgen berichtet?«
»Ja.«
»Hat er in der Sache sonst noch etwas unternommen? Hat er Gabrán nochmals befragt?«
»Du bist eine dálaigh. Du weißt doch ganz gut, daß Daig nur Wachmann war. Er war kein Anwalt, der solche Nachforschungen betreibt. Er berichtete alles Forbassach, und von da an war es dessen Aufgabe. Bischof Forbassach war mit den Beweisen zufrieden.«
»Bei der Verhandlung gegen Ibar kam das alles nicht zur Sprache?«
»Soviel ich weiß, nein. Mein Daig war schon vor der Verhandlung ertrunken und konnte also keine Fragen mehr stellen.«
Fidelma lehnte sich zurück und dachte über das nach, was Deog ihr erzählt hatte.
»Wieder erscheint Bischof Forbassach als Ankläger und zugleich als Richter. Das ist nicht rechtens.«
»Bischof Forbassach ist ein guter Mann«, protestierte Deog.
Fidelma schaute sie neugierig an. »Eins wundert mich immer wieder, Deog«, meinte sie. »Für eine Frau vom Lande, die nicht in Fearna wohnt, weißt du sehr viel über das, was dort vor sich geht, und du verkehrst anscheinend mit einflußreichen Leuten.«
Deog rümpfte abweisend die Nase. »War nicht Daig mein Mann, und hat er mich nicht auf dem laufenden gehalten? Wir haben oft über das gesprochen, was er dort unten in Fearna tat. Hast du nicht dadurch Antworten auf die Fragen erhalten, die du gestellt hast?«
»Allerdings. Aber dir ist mehr bekannt als das, was dir dein Mann erzählt hat. Soviel ich weiß, besuchen dich Bischof Forbassach und Äbtissin Fainder.«
Deog wurde plötzlich nervös. »So, das weißt du also?«
Fidelma lächelte dünn. »Genau. Äbtissin Fainder reitet regelmäßig aus und besucht dich, nicht
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