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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Gabrán.«
    Einen Moment war es still, dann schmatzte Gabrán anerkennend.
    »Ich wollte mich hier in der Nähe mit einem Kaufmann treffen, der mir neue Ware aus Rath Loirc bringen sollte. Du hast wohl nichts von einem Fremden hier in der Gegend heute morgen gehört?« fragte er.
    Eadulf erstarrte, unsicher, ob sein neuer Freund ihn verraten würde. »Ich habe heute von keinem Kaufmann hier gehört«, erwiderte Dalbach ausweichend.
    »Na, ich muß zurück zu meinem Schiff und einen von meinen Leuten auf die Suche nach ihm schicken.« Er hielt inne und schien zu überlegen. »Waren andere Fremde hier? Es wird nach einem entkommenen Mörder, einem Angelsachsen, in dieser Gegend gesucht.«
    »Ein Angelsachse, sagst du?«
    »Ein Mörder, der aus Lord Cobas Burg geflüchtet ist und dabei einen Wachmann, der ihn aufhalten wollte, umgebracht und einen anderen bewußtlos geschlagen hat. Coba hatte dem Mann Freistätte gewährt, und so hat er ihm die Freundlichkeit vergolten.«
    Eadulf knirschte mit den Zähnen bei den Lügen, die dem Mann so glatt von der Zunge gingen.
    »Das hört sich schrecklich an«, sagte Dalbach leise.
    »Das ist auch schrecklich. Coba läßt seine Leute nach ihm suchen. Na, wie gesagt, ich muß zurück zu meinem Schiff. Falls dir mein verirrter Kaufmann begegnet… aber du sagst, du hast niemanden gesehen?«
    »Ich habe niemanden gesehen « , bestätigte Dalbach. Eadulf hörte den trockenen Humor aus seiner Stimme heraus, mit dem er das »gesehen« betonte. Der Blinde log ja nicht.
    »Na, schönen Dank für den Met. Ich schicke einen meiner Leute in die Berge, der soll den fehlenden Kaufmann und meine Ware auftreiben. Falls der inzwischen hierherkommt, sag ihm, er soll auf meinen Mann warten. Ich verliere ungern eine solche wertvolle…«
    Er brach plötzlich ab. Eadulf konnte nicht sehen, was unten geschah, und erschrak.
    »Wenn niemand hier war, wieso stehen dann zwei Schüsseln auf dem Tisch… mit den Resten von zwei Mahlzeiten?« In Gabráns Stimme schwang Mißtrauen.
    Eadulf stöhnte innerlich. Er hatte die Suppe vergessen, die er gegessen hatte. Der Rest stand deutlich sichtbar auf dem Tisch.
    »Ich habe nicht gesagt, daß niemand hier war.« Dalbachs Antwort kam rasch und sicher. »Ich dachte, du meinst Fremde. Es war keiner hier, den ich als Fremden ansehe.«
    Es trat eine gespannte Pause ein. Die Erklärung schien Gabrán zu genügen.
    »Na, sei gewarnt. Der Angelsachse hat eine glatte Zunge, aber er ist ein Mörder.«
    »Ich hab gehört, der Angelsachse wäre ein Mönch.«
    »Ja, aber er hat ein junges Mädchen vergewaltigt und umgebracht.«
    »Gott sei seiner Seele gnädig!«
    »Gott mag ihm gnädig sein, aber wir sind es bestimmt nicht, wenn wir ihn fangen«, lautete die zornige Antwort. »Einen guten Tag, Freund Dalbach.«
    Der Mann trat wieder in Eadulfs Gesichtsfeld, dann öffnete sich die Tür.
    »Ich wünsch dir Erfolg bei der Suche nach deinem Freund, dem Kaufmann, Gabrán«, rief Dalbach. Ihm antwortete ein Gemurmel.
    Die Tür schloß sich. Eadulf wartete ein bißchen, dann schob er sich auf Knien zu einer kleinen Öffnung. Er sah den Schiffer Gabrán auf dem Weg zum Wald davongehen. Er unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung und kehrte zur Leiter zurück.
    »Ist er fort?« flüsterte Dalbach.
    »Ja«, rief Eadulf leise hinunter. »Ich weiß nicht, wie ich dir dafür danken soll, daß du mich nicht verraten hast. Warum eigentlich?«
    »Ja, warum eigentlich?« wiederholte Dalbach. Eadulf stieg die Leiter herunter.
    »Warum hast du mich geschützt? Wenn dieser Gabrán dein Freund ist, warum hast du mich vor ihm versteckt? Du hast gehört, was er über mich gesagt hat. Ich bin ein Mörder, der anscheinend vor nichts zurückschreckt, um zu entkommen. Manch anderer hätte sich durch mich bedroht gefühlt.«
    »Hast du das alles getan, was er von dir behauptet hat?« fragte Dalbach plötzlich.
    »Nein, aber…«
    »Bist du aus Cobas Burg geflüchtet und hast einen Wachmann erschlagen, wie er sagte?«
    »Ich habe einen Bogenschützen bewußtlos geschlagen, aber ich habe keinen Wachmann getötet. Der Bogenschütze versuchte, mich zu töten. Es war Gabrán selbst, der zu mir kam und mir erklärte, ich wäre frei und könnte gehen. Sobald ich aus den Wällen der Burg heraus war, versuchte er mich niederzuschießen.«
    Dalbach stand einen Moment schweigend und nachdenklich da. Dann berührte er Eadulfs Arm.
    »Wie gesagt, Blindheit beraubt einen Menschen nicht aller seiner Sinne. Oft

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