090 - Moerderische Knochenhaende
anderen es gemerkt hatten. Julia und Carlotta Vespari folgten ihr, so daß nun alle das Verbot des Kommissars übertreten hatten. Maria erzählte ihnen ihre Beobachtung, und jeder begann noch einmal damit, die Räume zu durchsuchen. Sie blickten dabei auch in die Schränke, in die Truhen und unter das Bett, aber sie waren nicht erfolgreicher, als Maria und Rodrigo zuvor allein gewesen waren.
„Also, mir ist das auch alles egal“, bemerkte Carlotta Vespari schließlich seufzend. „Uns sollte es doch auf etwas anderes ankommen.“
„Worauf?“ erkundigte sich Adriano di Cosimo.
„Die schattenhafte Gestalt – ich vermute, daß es die Mörderin Simonetta ist – hat angekündigt, daß Julia heute nacht sterben wird.“ Die anderen blickten sie erschrocken an. Bis auf Julia schienen sie es alle vergessen oder zumindest aus ihrem Bewußtsein verdrängt zu haben. „Wir sollten uns voll und ganz darauf konzentrieren, wie wir es verhindern können. Alles andere ist unwichtig.“
„Sie haben recht“, stimmte Silvana zu. „Nur darauf kommt es an.“
„Zunächst sollten wir diese Räume verlassen“, schlug Carlotta vor. „Falls der Kommissar kommen sollte, braucht er nicht…“
„Er ist schon da“, meldete sich eine zornige Stimme. Der Untersuchungsbeamte betrat die Suite. „Wollen Sie mir bitte erklären, wie Sie dazu kommen, diese Räume…?“
„Schon wieder“, sagte Maria seufzend. „Wie oft soll ich das denn noch erzählen?“
Adriano di Cosimo lachte kopfschüttelnd.
„Ich glaube, ich bin in einem Narrenhaus“, sagte er, dann aber übernahm er es freiwillig, den Kommissar zu unterrichten.
„Unter den gegebenen Umständen werde ich veranlassen, daß das ganze Schloß durchsucht wird“, erklärte der Polizist.
„Machen Sie sich doch nicht lächerlich“, entgegnete Carlotta heftig. „Die Marchesa ist verunglückt. Niemand hat sie umgebracht, falls Sie das etwa meinen. Sollte sie wirklich heimlich ab und zu eine Droge genommen haben, dann brauchen Sie nun wohl nicht mehr zu befürchten, daß sie das auch weiterhin tun wird.“
Der Kommissar blickte sie bestürzt an. Von ihr hatte er offenbar derart ironische Töne am wenigsten erwartet.
„Ich bin ebenfalls der Meinung, daß Sie sich zu viel herausnehmen“, sagte Adriano di Cosimo energisch. „Sie werden Ihre alberne Aufführung so lange abbrechen müssen, bis unser Anwalt hier ist.“
„Sie haben sich einen Anwalt genommen? Warum, fühlen Sie sich schuldig?“
Adriano di Cosimo lachte ihm ins Gesicht.
„Ach, das möchten Sie wohl? Nein, wir haben einen Anwalt genommen, weil wir nicht daran denken, uns von Ihnenschikanieren zu lassen.“
„Wir zweifeln nicht an Ihrer Integrität, Kommissar, sondern an Ihren Fähigkeiten“, fügte Carlotta Vespari herablassend hinzu.
Der Polizist ging zu einem Tisch, der unter dem Fenster stand. Er hob eine Weinkaraffe auf.
„Sie ist leer“, stellte er fest. „Jemand hat den Wein weg geschüttet.“
Er öffnete sie und roch daran.
„Sie ist auch ausgespült worden.“
Carlotta Vespari seufzte.
„Wir können diesen Menschen nicht belehren, lassen wir ihn also gewähren, es macht ihn glücklich“, sagte sie und wandte sich ab. Die anderen folgten ihr. Lediglich der Kommissar blieb zurück. Er hielt sich bis zum späten Nachmittag in der Suite auf, dann erst kam er nach unten in den Salon, wo Carlotta Vespari, Julia und Piero di Abbaccio zusammensaßen. Er setzte sich zu ihnen an den Tisch.
„Ich habe einige Male mit Florenz telefoniert“, sagte er, „die Marchesa stand tatsächlich unter dem Einfluß eines Halluzinogens, das allerdings nicht unter das Drogengesetz fällt. Ein Grund, das Schloß deswegen zu untersuchen, besteht nicht. Ungeklärt bleibt, weshalb der Wein weg geschüttet wurde, in dem sich die Droge befand.“
„Sie vermuten, jemand hat der Marchesa die Droge mit dem Wein verabreicht. Sie hat die Droge also gar nicht freiwillig eingenommen?“ fragte Carlotta Vespari.
„So wird es gewesen sein, aber beweisen können wir es nicht.“
Er blickte Julia forschend an.
„Ich weiß aber, daß tatsächlich jemand in der Suite war und den Wein weg geschüttet hat.“
„Unmöglich“, entgegnete Carlotta. „Wir hätten ihn doch finden müssen.“
„Nein, er war nicht mehr drinnen.“
„Sie sprechen in Rätseln“, sagte Piero di Abbaccio.
„Der Unbekannte ist durch eine versteckte Geheimtür hinausgegangen. Die Tür führt in den Schloßturm. Dorthin ist der
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