090 - Moerderische Knochenhaende
Julia unten zerschmettert auf dem Boden liegen zu sehen.
Als sie schließlich doch hinaustrat, sah sie, daß das Mädchen im Fenster kauerte und die Hände vor das Gesicht preßte. Zwei männliche Gestalten erschienen hinter ihr und zogen sie behutsam in Sicherheit.
„Die Augen in das geweihte Wasser zu werfen, war wirklich eine fabelhafte Idee“, sagte Silvana strahlend. „Carlotta, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.“
„Ich bin so froh, daß Julia lebt, und daß jetzt alles in Ordnung ist.“
„Auch die anderen Augen sind im Weihwasser vergangen?“
„Alle, ich bin sicher, daß dieses Schloß nun für immer Ruhe haben wird.“
Sie reichte Silvana die Hand, nahm ihren Koffer und ging hinaus.
„Kommen Sie bald wieder, Carlotta, bitte“, sagte Silvana, die ihr bis zur Tür gefolgt war. „Wir werden Sie vermissen.“
„Ich verspreche, daß ich bald wiederkehren werde.“
„Danke.“
„Geh hinein, Silvana, du solltest dabei sein, wenn der Anwalt mit Julia und Adriano spricht. Schließlich geht dich das auch alles etwas an.“
„Ich wollte noch winken.“
„Das ist nicht notwendig.“
Die Schloßtür fiel zu. Carlotta Vespari ging die Stufen langsam hinunter zu ihrem Auto, vor dem bereits einige Koffer standen. Sie blinzelte in das helle Sonnenlicht und lächelte. Ein Sportwagen rollte auf sie zu, und wenig später küßte sie Piero di Abbaccio.
„Hilfst du mir, die Koffer zu verstauen?“ fragte sie.
„Das ist doch selbstverständlich, wir können sie auch in meinen Wagen legen.“
Er nahm einen der Koffer, um ihn in seinen Sportwagen zu stellen. Das Schloß öffnete sich, der Koffer ging auf, und alles, was darin war, fiel zu Boden. Carlotta Vespari schrie leise auf. Sie bückte sich rasch, um die Sachen aufzuheben, aber Piero di Abbaccio war schneller.
„Was ist das?“ fragte er und nahm eine Maske in die Hand. „Das Gesicht von Marchese Marco di Cosimo? Ein Tonbandgerät? Lautsprecher? Schlüssel?“
Er schaltete das Tonbandgerät ein, es lief mit Batterien. Das Adagio von Beethoven erklang.
Er öffnete eine der Schachteln, die mit herausgefallen waren, und verzog das Gesicht, als ihm ein betäubender Verwesungsgeruch entgegenschlug.
„Carlotta, das darf doch nicht wahr sein! Du?“
Ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie wischte sie weg, erhob sich dann und preßte die Lippen trotzig zusammen.
Er packte alles wieder in den Koffer.
„Carlotta, warum?“
„Weil ich die Marchesa gehaßt habe.“
„Warum hast du sie gehaßt?“
„Weil sie meinen Vater ermordet hat.“
„Deinen Vater?“
„Den Marchese Marco di Cosimo. Ja, ich bin eine Schwester von Silvana und Julia. Mein Vater wollte meine Mutter heiraten, aber das gefiel Luisa di Cosimo überhaupt nicht. Luisa di Cosimo war wohlhabend, Marco di Cosimo war arm. Er brauchte Geld, um das Schloß erhalten und Schulden bezahlen zu können. Luisa versprach, meiner Mutter zu helfen. Sie verwickelte sie in Immobiliengeschäfte, bei denen meine Mutter hohe Gewinne erzielen sollte, mit denen wiederum die finanziellen Sorgen meines Vaters behoben werden konnten. Aber die Gewinne steckte nicht meine Mutter ein, sondern Luisa di Cosimo. Meine Mutter verlor fast alles dabei.“
„Und dann hat Luisa di Cosimo deinen Vater gezwungen, sie zu heiraten.“
„So war es, sie stellte ihn vor die Wahl, entweder Ruin und Armut oder sie. Er fühlte sich seiner Familie verpflichtet. Er wollte das Schloß und das Gut erhalten, und er heiratete sie. Aber er brach die Beziehung zu meiner Mutter nie ab. Er war oft bei uns und gab uns viel Geld. Er bezahlte meine Erziehung. Wir sprachen oft über Silvana und Julia, über das Schloß, über das Gut, über dich und auch über Luisa di Cosimo, die vor Eifersucht raste. Sie wußte, daß mein Vater ihr nicht treu war, und deshalb brachte sie ihn eines Tages um. Sie nahm meiner Mutter zum zweiten mal den Mann, den sie liebte. Sie nahm mir den Vater, und sie wurde noch nicht einmal dafür bestraft.“
„Du bist also aufs Schloß gekommen, um deinen Vater zu rächen. Du kanntest dich im Schloß gut aus, du hattest alle wichtigen Schlüssel, und du wußtest genau, was du tun mußtest. Daß der Fluch sich gegen Julia zu richten begann, war dir gerade recht, denn dadurch verwischte sich alles, so daß niemand Verdacht schöpfte. Und wenn der Koffer nicht aufgesprungen wäre, hätte niemand etwas bemerkt. Ganz schön raffiniert.“
Er zündete sich eine Zigarette an.
„Zu
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