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0901 - Die Zweidenker

Titel: 0901 - Die Zweidenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Was ist es?"
    „Ich will dich nicht belästigen, Lank. Darf ich wie die anderen dich so nennen?"
    „Selbstverständlich. Du könntest ruhig noch vertraulicher mit mir werden."
    „Das was du über Erziehung gesagt hast..." begann Baya und unterbrach sich. „Ich weiß natürlich, was du damit meinst. Ich glaube, ich bin wohlerzogen. Aber das, habe ich mir von Kerinnja abgeschaut. Ich höre zu, wenn Vater oder Mutter ihr sagen, was gut und richtig ist, und halte mich daran. Meine Eltern haben nicht die Zeit, sich um uns beide gleichermaßen zu kümmern. Einer muß eben zurückstehen."
    „Wenn ich dich recht verstehe, dann sorgst du für dich selbst", sagte Lank-Grohan. „Verstehe mich nicht falsch, ich will mich nicht über mangelnde Obhut beschweren", sagte Baya. „Es geht mir gut, ich bin zufrieden, wie es ist."
    Lank-Grohan traute seinem Gehör nicht. War das ein terranisches Kind, das da zu ihm sprach? Und dazu noch ein angeblich in seiner Entwicklung zurückgebliebenes? Von den anderen Terranern, die er viel höher eingeschätzt hatte, hatte er so kluge Worte noch nie so einfach und treffend formuliert gehört. Baya war eine Entdeckung für ihn. „Würdest du bitte noch einmal wiederholen, was du über meine Arbeit gesagt hast?" fragte er. „Aber davon verstehe ich doch nichts."
    „Vorhin hast du aber das Gegenteil behauptet", erinnerte der Loower sie. „Sagtest du nicht, daß du verstehen konntest, was ich deinem Vater oder den beiden Frauen verständlich zu machen versuche? Und daß es dich - wie sagtest du noch?"
    „Juckte", half sie ihm aus. „Es kribbelte mir förmlich auf der Zunge, mich einzumischen. Aber das ist natürlich Unsinn. Ich habe zwar verstanden, was du sagtest, ich wußte, was du wolltest, aber es ausdrücken, in Worte fassen, hätte ich nicht gekonnt.
    Dafür bin ich nicht klug genug."
    „Du verwechselst das mit Bildung, Baya", sagte er. „Das ist dasselbe. Wer nicht gebildet ist, der ist dumm", sagte Baya altklug und bewies damit, daß sie nicht nur Positives aufgeschnappt hatte. „Es gibt auch einen anderen Blickpunkt, von dem aus gesehen Bildung verderblich wirken kann", sagte Lank-Grohan. „Und für manche Situationen ist auch eine strenge Erziehung unerwünscht. Du ahnst wahrscheinlich gar nicht, was für ein Glück es für mich ist, daß du völlig unbelastet bist. Dadurch, daß du frei aufgewachsen bist, hast du eine natürliche entelechische Begabung."
    „Das ist das Wort, das ich mir nicht merken konnte", rief Baya aus. „Es muß schön sein, entelechisch zu leben."
    „Du kannst es erlernen"
    „Meinst du das wirklich, oder willst du mich nur verulken?"
    „Hast du noch nicht bemerkt, daß wir Loower immer das meinen, was wir sagen?"
    „Ja, richtig, ihr versteht keinen Spaß."
    „Das hat auch sein Gutes. Und es ist nicht der gravierendste Unterschied zu den Menschen."
    Der gedrungen wirkende Loower und das kleine Mädchen gingen Seite an Seite durch die Gänge des Trümmerturms.
    Für eine ganze Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen.
    Schließlich sagte Goran-Vran hoffnungsvoll: „Aber ich denke, mit deiner Hilfe werden wir diesen Unterschied ausmerzen und vielleicht eine Brücke über die Kluft schlagen können, die unsere beiden Völker einstweilen noch voneinander trennt."
     
    ENDE

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