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0901 - Die Zweidenker

Titel: 0901 - Die Zweidenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Einfluß der Eltern auf ihre Kinder gehemmt.
    Baya jedenfalls stand für Lank-Grohan überhaupt nicht zur Debatte.
    Er hatte es nicht einmal der Mühe wert gefunden, ihr ein Helk beizustellen, und sie hatte auch gar nicht nach einem solchen „Spielgefährten" verlangt.
    Doch an diesem Tage mußte Lank-Grohan seine Meinung schlagartig ändern.
    Der Wissenschaftler für nonentelechische Psychologie kam gerade von einer Sitzung mit Haman und war entsprechend deprimiert. Er war nach diesem enttäuschenden Gespräch in seinem Tiefenbewußtsein zu der Überzeugung gekommen, daß der Terraner nie in der Lage sein würde, das entelechische Denken zu begreifen.
    Aldina und Kerinnja waren seine letzte Hoffnung, denn immerhin waren die terranischen Frauen in ihrer Denkweise weniger der Ratio unterworfen und gaben eher dem Gefühl nach, was in diesem Fall ein positiver Aspekt war. Dennoch hatte sich auch bei ihnen noch kein Erfolg eingestellt.
    Lank-Grohan war nahe daran, das Experiment einfach abzubrechen, als Baya seinen Weg kreuzte. Das kleine, stille Mädchen, das nicht nur unscheinbar und unaufdringlich war, sondern geradezu krankhaft darum bemüht, jedermann auszuweichen und einem Kontakt zu entgehen, stand plötzlich vor ihm. „Oh!" machte sie, und Lank-Grohans auf die terranische Sprache programmierte Körperplatte identifizierte das als Überraschungslaut. „Habe ich dich erschreckt, kleine Terranerin?" fragte Lank-Grohan aus Höflichkeit. „Warum nennst du mich eigentlich nicht beim Namen ?" wollte das Mädchen wissen. „Du nennst alle anderen beim Namen, sagst zu Vater nicht '"dicker Lotsen-Kontakter und zu Mutter nicht terranisches Mütterchen und zu meiner Schwester nicht Sternenfräulein. Aber ich bin deine kleine Terranerin."
    „Wieso weißt du, wie ich die anderen anspreche?" fragte Lank-Grohan. „Du bist doch bei unseren Gesprächen nicht dabei."
    „Doch, ich bin dabei", sagte Baya. „Ich bin immer da, nur kann ich mich ganz klein machen, so daß mich niemand sieht. Das habe ich schon immer getan. Auch zu Hause."
    „Wirklich? Warum?"
    „Es macht Spaß."
    „Nur deshalb machst du dich so klein?"
    „Naja, es beachtet mich sowieso keiner. Außerdem erfahre ich viel mehr, wenn ich mithöre. Zu mir würde man gewisse Sachen nicht sagen, weil ich sie ohnehin nicht verstehe.
    So glaubt man jedenfalls."
    „Aber du verstehst?"
    „Nicht alles. Aber manches. So, jetzt will ich dich nicht länger aufhalten.
    Ich weiß, daß du viel zu tun hast. Ich wollte dich nur bitten, mich auch beim Namen zu nennen."
    „Nicht so hastig, kleine ... Baya.
    Ich möchte dich etwas fragen."
    Das Mädchen wollte schon davoneilen, drehte sich aber um. „Du willst mit mir sprechen?" fragte sie erstaunt. „Ist deine Zeit dafür nicht zu kostbar?"
    „Mach dir darüber keine Sorgen", sagte Lank-Grohan, der erstaunt war über die Sprechfertigkeit des kleinen Mädchens. Von ihrem Vater wußte er, daß sie geistig etwas nachhinkte, und er hatte ihm das ungeprüft geglaubt. Baya war für ihn nur Ballast. „Was weißt du denn über meine Arbeit?" fragte er. „Ich beneide dich nicht darum", meinte Baya. „Ich finde es zum Verzweifeln, wie du Vater ständig etwas zu erklären versuchst, aber dafür nicht die richtigen Worte findest.
    Wenn ich dir zuhöre, tust du mir richtig leid. Manchmal hat es mich schon gejuckt, mich einzumischen und dir zum Trost zu sagen, daß wenigstens ich dich verstehe. Aber das gehört sich nicht. Vorlaut sein ist eine der größten Untugenden bei kleinen Mädchen. Ich weiß, was sich gehört."
    „Du scheinst gut erzogen zu sein, Baya", sagte Lank-Grohan. „Vater braucht mich nie zu tadeln", sagte sie stolz. „Vater braucht mir nie zu sagen, was ich tun und lassen soll, ich weiß das von selbst. Wenn er trotzdem mal ein böses Wort zu mir sagt, dann weiß ich ja, woher das kommt. Er hat es nicht leicht."
    „Wenn du so rücksichtsvoll deinem Vater gegenüber bist, dann hat dich vermutlich deine Mutter in diesem Sinn erzogen", meinte Lank-Grohan.
    Darauf antwortete Baya nichts.
    Sie wirkte auf einmal verstockt. „Was bedrückt dich denn?" forschte Lank-Grohan, dessen Interesse an dem Mädchen geweckt war. Ihr Verhalten entsprach gar nicht seinen Vorstellungen von einem geistig zurückgebliebenen Kind. Er fand, daß sie geistig sogar sehr rege war - und auch gar nicht so verschreckt, wie es den Anschein hatte. „Irgend etwas scheint dir an meinen Fragen mißfallen zu haben, daß du plötzlich schweigst.

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