0902 - Das Mädchen und die Loower
geheilten Paratendern hatte Boyt Margor keine PSI-Affinität mehr, so daß sie von ihm nie mehr versklavt werden konnten.
Mit der Einnahme der Bastion auf Athos hatte man zum größten Schlag gegen Boyt Margor ausgeholt. Nur hatten die Verantwortlichen das unbestimmte Gefühl, daß es sich bei allem Erfolg um einen Pyrrhussieg handelte.
Denn nach wie vor fanden sich keine Hinweise auf den Aufenthalt von Boyt Margor. Der Gäa-Mutant, der sich im Besitz des loowerischen Augenobjekts befand und somit die Hauptschuld an der augenblicklichen Krise hatte, blieb weiterhin spurlos verschwunden.
Es gab nur eine schwache Hoffnung, daß Boyt Margor vielleicht doch noch einmal hier auftauchen würde. Das waren an verschiedenen Orten der Halbinsel versteckte Container mit technischem Gerät, Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens.
Sie schienen nur zu dem Zweck bereitgestellt worden zu sein, damit Margor sie abholen und in sein Versteck bringen konnte - wo auch immer sich dieses befand.
Stefen Commer war ein Psychologe aus dem Kreis von Ferengor Thaty und hatte sich zu einem Spezialisten für die Heilung von Paratendern entwickelt. „Paratender sind nicht bloß Sklaven von Margor", erklärte er, während er den wiedererwachten Cheftender Alexis Therakides behandelte. „Sie haben nicht das Gefühl, von ihm unterdrückt oder ausgenützt zu werden. Sie sind sich ihrer Hörigkeit bewußt, empfinden diese jedoch nicht als negativ. Sie sehen sich als gleichwertige Symbionten. Und das ist unser Problem."
Er gab dem Cheftender eine Beruhigungsspritze und erklärte dazu: „Zuerst muß ich einen Paratender auf Schock behandeln. Die Erkenntnis, daß er versagt hat und dem von ihm geradezu abgöttisch geliebten Margor dadurch vielleicht schaden könnte, löst einen Schock aus. Erst wenn dieser abgeklungen ist, kann man mit der eigentlichen Behandlung beginnen. Dabei muß man von der Voraussetzung ausgehen, daß Margor seine Paratender konditioniert hat. Denn was er mit ihnen gemacht hat, ist nichts anderes als eine operante Konditionierung."
Während Stefen Commer sprach, prüfte er auf verschiedene Art und Weise die Reflexe des Patienten. Er schien mit dessen Reaktionen jedoch nicht zufrieden, denn er gab einem Assistenten das Zeichen, ihm noch eine Spritze zu geben. „Frühere Konditionierungsmethoden zielten darauf ab, den Menschen ihre Neurosen durch Schockbehandlung auszutreiben", führte der Psychologe weiter aus. „Unglückliche wurden regelrecht darauf gedrillt, glücklich zu sein. Im wesentlichen ging man davon aus, daß man etwa Angst sich ebenso abgewöhnen konnte, wie man sie sich angewöhnt hatte, daß emotionale Gewohnheiten erlernbar waren. So behandelte man zum Beispiel einen Alkoholiker nicht durch Enthaltsamkeit, sondern stellte ihm jede Menge Alkoholika zur Verfügung. Aber jedesmal wenn der Patient von einem alkoholischen Getränk nippte, bekam er einen Elektroschock - so lange, bis ihm vor Alkohol ekelte. Der Gedanke dabei war, ein bestimmtes negatives Verhalten mit unangenehmen Reizen zu verbinden und unerwünschte Gewohnheiten dadurch zu vertreiben.
Diese Drillmethoden erbrachten immer den gewünschten Erfolg, nur kamen in der Folge für eine ,ausgetriebene' Neurose zehn weitere ..."
„Ich habe das Gefühl, Sie schweifen etwas ab, Commer", schaltete sich Bran Howatzer ein, der als Pastsensor bezeichnet wurde und die Fähigkeit des „Erlebnis-Rekonstruierens" besaß. Damit konnte er bei Personen, auf die er sich fixierte, durch einen telepathieähnlichen Sektor seines Gehirns getreu nachempfinden, was sie in den letzten zwölf Stunden erlebt und gesehen hatten. „Sie wollen mit diesem Vergleich zweifellos sagen, daß Margor seine Paratender in seinem Sinn konditioniert. Er drillt ihnen die Hörigkeit zu sich sozusagen ein. Ist es so?"
„Jawohl, nur geht Margor den umgekehrten Weg", erwiderte der Psychologe. „Bei Menschen, zu denen er eine PSI-Affinität hat, weckt er Neurosen. Er konditioniert Gesunde zu Neurotikern, so daß sie in ihm eine verehrenswürdige Vaterfigur sehen.
In der Regel sind das Menschen, die zu Gehorsam und strenger Disziplin erzogen wurden. Ich würde sogar sagen, daß jeder Soldat, der den militärischen Mindesterfordernissen entspricht, ein potentieller Paratender ist. Dieser Valdo Susper, den ich vor einigen Tagen untersucht habe, ist ein Paradebeispiel dafür. Ich hoffe, daß er meine Theorie bestätigt."
„Das hoffe ich auch", sagte Bran Howatzer.
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