0902 - Zurück zu den Toten
hob die Schultern. »Dieses Wissen könnte ja mal wichtig für uns sein.«
Ich breitete die Arme aus. »Wenn du das sagst, kann ich dir nicht widersprechen. Jedenfalls werde ich mich um Sergio Marcote kümmern. Mal schauen, wie weich der Killer geworden ist.« Ich wandte mich wieder an Sir James. »In welch einem Hospital kann ich ihn finden?«
Ich erfuhr den Namen, und mein Chef erklärte mir auch, daß der Killer zu seinem eigenen Schutz bewacht wurde. »Ich werde dort anrufen und Ihren Besuch melden.«
»Danke, Sir.«
Für mich war der Tag oder zumindest der Vormittag gerettet. So hatte ich gedacht. Was aus diesem Besuch allerdings werden würde, das hätte ich mir nie träumen lassen…
***
Geräusche rissen mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte die Vergangenheit schlagartig ab und spitzte die Ohren. Diejenigen die vor der dicken Kellertür aufgeklungen waren, brauchten mir keine Furcht einzujagen, es waren Tritte gewesen.
Auch wenn die Lage nicht sehr bequem war, drehte ich mich nach rechts, um die Tür ins Blickfeld zu bekommen. Da in meiner Nähe kein Licht brannte, sah ich sie nur als etwas helleren Schatten inmitten des Mauerwerks. Die Tür hatte weder Klinke noch Knauf. Sie konnte nur von außen geöffnet werden.
Dann kam die Frau.
Ich kannte sie. Sie und ihre Schwester hatten mich in diese Falle gelockt, und ich wußte auch, daß sie mit Namen Olivia hieß. Der Nachname war mir nicht bekannt, doch ich sah, daß sie sich seit unserer ersten Begegnung äußerlich verändert hatte. Sie trug andere Kleidung. Eine Hose und einen Pullover, beides so dunkel wie ihr kurzgeschnittenes Haar, über das der Schein der beiden Kerzen in hellen Streifen und Reflexen hinwegfuhr.
Sie stellte den Teller vorsichtig neben der Tür auf und verschwand wieder.
Ich schaute die Kerzen an. Sie waren nicht mehr als zwei dicke, rote Stummel. Die Flammen umtanzten die Dochte und sorgten für ein gewisses Flackerlicht.
Sehr schnell war die Frau wieder da. Diesmal hielt sie eine Schale mit beiden Händen fest. Das Gefäß war bis zum Rand mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt. Der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee erreichte meine Nase, und in mir stieg so etwas wie eine kleine Freude hoch.
Wenn Sie mir jetzt noch die Stricke an den Händen losgebunden hätte, wäre alles in Butter gewesen, aber dabei war nur der Wunsch der Vater des Gedankens, denn daran dachte Olivia nicht, als sie sich bückte und die Schale auf eine möglichst flache Stelle des Steinbodens stellte.
Entwaffnet hatten die beiden Frauen mich auch. Denn meine Beretta schaute mit dem Griff aus dem Gürtel der Hose hervor. Eine Chance, an sie heranzukommen, hatte ich nicht.
»Muß ich fragen, wie es Ihnen geht, Mr. Sinclair?«
Ich grinste verbissen. »Nein, müssen Sie nicht.«
Beinahe traurig schaute sie mich an. »Ich kann es mir auch denken, aber wenn Sie ehrlich sind, dann haben Sie sich Ihren Zustand selbst zuzuschreiben.«
»Warum?«
»Sie waren zu neugierig.« Olivia seufzte. »Wissen Sie, meine Schwester und ich haben im Prinzip nichts gegen Polizisten, wenn sie nicht im falschen Augenblick auftauchen.«
»Ja, das weiß ich mittlerweile auch.«
»Eben, Mr. Sinclair. Nun sind wir keine Unmenschen. Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich in dieser Kälte und zwischen den Mauern fühlen, leider sahen wir keine andere Möglichkeit für Sie. Aber das wissen Sie selbst, und ich habe Ihnen den Kaffee gebracht, damit er ihre Lebensgeister wenigstens etwas weckt.«
»Wieder Kaffee?« fragte ich.
»Ja«, sagte sie erstaunt. »Was haben Sie dagegen?«
»Im Prinzip nichts. Es ist ein wunderbares Getränk. Nur ist mir Ihr letzter Kaffee nicht besonders gut bekommen. Ich schlief ein und erwachte in diesem Raum hier.«
»Das mußten wir leider tun. Diesmal verspreche ich Ihnen, daß ich dem Getränk kein anderes Mittel beigefügt habe. Sie können sich hundertprozentig darauf verlassen.«
»Bleibt mir etwas anderes übrig?«
»Nein.«
»Dann trinken Sie bitte.«
Ich tat sehr hilflos. »Wie denn, Olivia? Mit gefesselten Händen? Das ist unmöglich. Sie haben mir die Arme auf dem Rücken zusammengebunden, wie soll ich da die Tasse halten?«
»Ich bin ja hier, um Ihnen zu helfen«, sagte sie wie eine besorgt klingende Krankenschwester. »Ich werde die Schale an ihren Mund führen, und Sie werden trinken können, vorausgesetzt, Sie sind in der Lage, sich aufzurichten.«
»Wenn Sie mich an die Wand schieben, schon.«
Das tat sie auch, wobei mich
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