091- Das Schloß der teuflischen Deborah
Ulbrandson, die nach ihren zahlreichen
Fragen sehr ruhig und nachdenklich geworden war.
Gegen halb
fünf traf David T. Wimburn ein. Er kam direkt aus dem Hospital, in dem sein
Sohn Poul wegen eines Schocks behandelt wurde. Der Milliardär war erregt und
puterrot, als stände er kurz vor einem Schlaganfall. Er tobte, beschuldigte
Bill Trailer des Mordes, wollte alles tun, um den Mörder der gerechten Strafe
zuzuführen. In der folgenden halben Stunde war er nicht zu beruhigen.
Als sich der
erste Sturm gelegt hatte, zitierte er die Anwesenden in den Speisesaal und bat
um detaillierte Schilderung der Ereignisse. Noch immer konnte er nicht fassen,
daß Liz wirklich tot war. Seine Frau ließ sich nicht sehen. Sie zog sich auf
eines ihrer Privatzimmer zurück.
Nur langsam
überwand sich Wimburn, Captain Lassiters Erklärungen anzuhören.
Draußen
verdunkelte der Himmel, auch im Saal wurde es duster. Es bestand die
Möglichkeit, die elektrische Beleuchtung einzuschalten, oder Kerzen anzuzünden.
Wimburn entschloß sich für letzteres. Gedämpftes, warmes Licht herrschte wenig
später im Saal.
Draußen
nieselte es. Sacht und leise fiel der Regen gegen die Fensterscheiben und wurde
dann stärker. Vom Meer her kam Wind auf. Es wurde ein ziemlich unfreundlicher
Abend.
Captain
Lassiter verabschiedete sich.
Morna gelang
es, ein eingehendes Gespräch mit dem Milliardär zu führen. Wimburn begriff, daß
sie einer Spezialabteilung angehörte, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte,
ungeklärte und außergewöhnliche Kriminalfälle zu lösen.
Er hatte
nichts dagegen, daß sie die Nacht blieb.
Die Schwedin
unterhielt sich mit ihm über die Geistergeschichte, die über dieses Schloß im
Umlauf war.
»Ich habe mir
immer einen Geist gewünscht«, murmelte Wimburn. »Ich glaube ernsthaft daran,
daß Manor-Castle einen hat. Geister rasseln mit Ketten, stöhnen oder poltern.
Aber sie morden nicht.«
Die Schwedin
schüttelte den Kopf. »Wir haben andere Erfahrungen gemacht, Mister Wimburn.«
»Sie meinen…«
Er sah sie groß und entgeistert an.
»Wir müssen
allem nachgehen, gerade in diesem Fall, denn er ist mehr als undurchsichtig.«
»Sie haben
die Erlaubnis, das ganze Schloß auf den Kopf zustellen«, sagte er, dumpf vor
sich hinbrütend.
»Sie kennen
die Geschichte des Bildes?« fragte Morna Ulbrandson unvermittelt.
»Welches
Bild?«
»Das der
teuflischen Deborah! Ihre Tochter selbst schien sehr viel darüber zu wissen.
Kurz vor ihrem Tod hat sie noch ausführlich mit Ihrem Sohn darüber gesprochen.«
»Ja, ich
weiß. Der Geist der teuflischen Deborah soll in diesen Mauern spuken. Damit
sagen Sie mir nichts Neues.«
»Es heißt
auch, daß sie aus ihrem Bild gestiegen sei, um ihre Nebenbuhlerin zu töten. Sie
glaubte, ihretwegen hingerichtet worden zu sein«, sagte Morna leise.
»Daran
glauben Sie? Das ist Unfug, wenn Sie mich fragen. Ich glaube an Geister, aber
nicht an Gestalten, die aus Bildern steigen.«
»Vielleicht
hängt das eine mit dem anderen zusammen. Ihre Tochter war kurze Zeit mit dem
Bild, das Ihr Sohn der Truhe entnahm, allein.«
Gemeinsam
gingen sie in die Folterkammer – David T. Wimburn gebeugt, als drücke eine
Zentnerlast ihn nieder.
Minutenlang
stand er im vollen Licht der elektrischen Lampen, die es hier unten gab, vor
dem Porträt der finster dreinblickenden Frau.
»Sie wußten
nicht, daß sich diese Bilder im Haus befanden?« brach Morna das Schweigen.
Ihr blondes
Haar schimmerte wie Gold und lag sanft auf ihren wohlgerundeten Schultern.
»Nein«,
erwiderte Wimburn knapp. Er stand unbeweglich vor dem Bild. Auf dem Boden und
der Treppe waren noch dunkle Flecken zu sehen – Liz Wimburns Blut.
David T.
Wimburns Lippen bildeten einen schmalen, scharfen Strich. Sein Gesicht war
nicht mehr rot, sondern aschgrau. Er bückte sich plötzlich und wuchtete das
schwere Bild in die Höhe. »Es ist Unsinn, aber ich habe mich von Lassiters
Gefasel anstecken lassen. Irgend jemand hat hier gelauert, nicht wahr?
Vielleicht hat aber auch der böse Geist Deborahs etwas mit dem Mord zu tun, und
Sie haben recht, Miß Ulbrandson!«
»Was haben
Sie vor?«
»Ich werde
das Bild an einer Stelle aufhängen wo ich es heute beobachten kann.« Er lachte
verbittert. »Ich will wissen, ob dieses finster dreinblickende Weib nochmals
aus dem Rahmen steigt.«
●
Sie
durchquerten die Halle, in der die meisten Bilder hingen.
Während
Wimburn einen geeigneten Platz zum Aufhängen suchte, brachte die Schwedin
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