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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Willow
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Schritt zurück. Dann faßte er sich ein Herz und holte mit dem rechten Arm aus. In der Hand hielt er ein Pentagramm, das man aus zehn Messerklingen zusammengelötet hatte – ein messerscharfer Bumerang mit fünf tödlichen Stahlspitzen.
    Jean hatte den Wurf stundenlang geübt. Die Waffe schoß, sich wie ein Kreisel drehend, auf den Kopf des Untiers zu. Doch der Unhold duckte sich blitzschnell. Das Pentagramm segelte über ihn hinweg, quer durch Manons Zimmer und durch das offene Fenster in die Nacht hinaus.
    Ein mächtiger Stoß vor die Brust warf Jean zu Boden, während die riesige Fledermaus sich neben ihm über das Geländer der Galerie schwang und, Manon in seinen Krallen, mit gespreizten Schwingen durch die Halle auf die Haustür zusegelte.
    Doch dort bremste sie scharf ab und kauerte sich auf den Boden. Jean hatte alle Ausgänge mit Pentagrammen versehen.
    Das Untier hüpfte in die Küche, kam aber sofort in die Halle zurück. Es flog gegen ein Fenster und drehte im letzten Moment wieder ab. Dabei ließ es unheimliche fauchende Töne hören wie eine Raubkatze, die vergeblich einen Ausgang aus ihrem Käfig sucht.
    Und dann machte es einen Satz, löste sich wieder vom Boden und schoß trotz seiner schweren Last wie ein Pfeil auf Jean zu, der sich hinter dem Geländer auf der Galerie duckte.
    „Gott möge mich schützen“, betete er in seiner Todesangst, „Manon und mich!“
    Wieder bekam er einen Stoß – diesmal gegen die Schulter. Er kippte gegen die Tür der Bibliothek und sah ein paar Sekunden lang nichts als farbige Sterne.
    Dann tastete er sich benommen ab. Er schien sich nichts gebrochen zu haben. Ein Wunder, dachte er. Er hatte das Pentagramm ganz vergessen, das er sich auf die Brust gemalt hatte.
    Dann sah er sich um, während unten Inspektor Jolliet an der Haustür rüttelte und irgend etwas rief, was er nicht verstand. Er hatte jetzt auch ganz andere Sorgen. Der Unhold war verschwunden.
    Rasch richtete sich Jean auf und sah sich verstört um. Er hatte doch alle Türen mit Pentagrammen gesichert, und trotzdem war ihm der Dämon entschlüpft.
    Da sah er eine Tür, die ihm vorher verborgen geblieben war. Eine geheime Tapetentür, direkt gegenüber von Madame Robins Schlafzimmer.
    Jean stürmte los. Hinter der Tapetentür lag eine steile Holztreppe. Sie führte hinauf in den Speicher. Er sah zuckende rote Flammen über sich. Dieser Unhold hatte das Haus angezündet. „Manon, Manon!“ rief er verzweifelt und rannte stolpernd die steile Treppe hinauf. Oben blieb Jean einen Augenblick wie angewurzelt stehen. Das war kein Speicher, sondern ein kleines Zimmer mit einer breiten Dachluke und alten Möbeln, auf denen eine dicke Staubschicht lag.
    Unter den schrägen Wänden war ein breiter, offener Kamin. Er öffnete sich direkt in den Schornstein hinein. Vor dem Kamin kauerte das Untier, die bewußtlose Manon in den Krallen. Es schlug verzweifelt mit den Flügeln und fauchte, während es die glühenden Scheite auf dem Kaminrost zu knisternden Flammen entfachte.
    Offenbar wollte die Fledermaus durch den Kamin entweichen. Aber das konnte sie nicht, denn die glühenden Scheite bildeten ein perfektes Pentagramm.
    „Teufel“, dachte Jean. „Ich habe diese Scheite nicht hierhergebracht. Und das Feuer habe ich auch nicht angezündet. Sollte vielleicht der Inspektor so schlau…?“
    Doch dann sah er die Gestalt vor dem Kamin. Es war eigentlich keine Gestalt, sondern nur der Hauch einer Gestalt. Ein Gebilde, durch das hindurch man die knisternden Scheite im Kamin sehen konnte.
    Aber so etwas war doch physikalisch gar nicht möglich, dachte die nüchterne Hälfte Jean Dougnacs, während die andere Hälfte längst wußte, daß hier nichts mehr unmöglich war.
    Diese Gestalt nahm jetzt verschiedene durchsichtige Färbungen an – schwarze lange Strümpfe, eine blaurot gestreifte Pluderhose und darüber ein schwarzer Brustharnisch, auf dem sich die Flammen spiegelten.
    Und dann sah Jean das Gesicht über der weißen Halskrause – sein Gesicht!
    „Jean!“ hörte Jean Dougnac eine tiefe Stimme. Er hörte sie nur in seinem Kopf, aber das wußte er nicht. „Jean!“ rief diese Stimme noch einmal. „Du mußt rasch handeln, ehe das Pentagramm verbrennt. Nimm den glühenden Pfahl, der auf dem Rost liegt, und stoße ihn dem Dämon durchs Herz. Rasch, Jean, rasch, ehe es zu spät ist.“
    „Ja“, sagte Jean laut und ging geduckt um das Untier herum.
    Erst jetzt sah er, daß in der Mitte des Pentagramms eine lange

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