0912 - Das Weltennetz
was die Herrscher von ihm erwarteten.
Selbstmord war schiere Feigheit. Van Zant zögerte. Hatte er eine andere Wahl als diese? Vielleicht sollte er auf Professor Zamorra und dessen Team vertrauen, die alles versuchen würden, ihn hier heraus zu hauen. Vielleicht.
Van Zant schob einen Fuß um wenige Zentimeter nach vorne, in die Leere hinein. Er zuckte zurück, denn er war auf Widerstand getroffen. Ein zweiter Versuch brachte Gewissheit. Es ging nicht. Selbst wenn er es hätte tun wollen, wäre er nicht in der Lage gewesen, sich in die Tiefe zu stürzen. Van Zant wollte Gewissheit haben. Er lief die Treppen nach unten und verließ das Haus. Sein Weg führte über die Straße, wo ein noch höheres Gebäude lag. Auf dessen Dach angekommen, machte er den gleichen Versuch wie vorhin.
Mit dem gleichen Ergebnis - und nun war ihm klar, dass dieser Schutz in ihm verankert war, nicht in den einzelnen Gebäuden. Die Herrscher wollten so verhindern, dass der Krieger so vor der Aufgabe floh, die ihn erwartete. Van Zant resignierte. Müde und mit dunklen Gedanken stieg er die Stufen wieder hinunter.
Unten angekommen stutzte Artimus, denn vor dem Gebäude erwartete ihn der Ductor, der in Armakath das Regiment übernommen hatte, als die Stadt sich in den Kokon gehüllt hatte. Sekunden starrten sich die zwei unterschiedlichen Wesen an, dann erklang die Stimme des Ductors.
»Du wirst mir nun folgen, Krieger. Ich zeige dir das Gebäude.« Ohne auf eine Erwiderung von van Zant zu warten drehte er sich um und ging los. Dem Physiker blieb nicht viel anderes übrig, als dem Wesen zu folgen. Der Ductor war ihm körperlich so sehr überlegen, dass er van Zant bei einer Weigerung wahrscheinlich an dessen Zopf hinter sich her gezogen hätte.
Van Zant vermisste die Praetoren, die sich im Allgemeinen im Schlepptau ihres Anführers befanden. Auf dem Weg, den die beiden nun gingen, war jedenfalls kein Praetor zu sehen. Mehr aus Zufall entdeckte Artimus schließlich einen von ihnen. Er stand auf einem hohen Flachdach, unbeweglich und wie in Trance. Artimus maß dem keine großartige Bedeutung zu.
Der Ductor stoppte vor einem der höchsten Gebäude, die van Zant bisher in Armakath gesehen hatte. Ein durchaus schlichter Bau, der keinem Baustil zuzuordnen war. Stumm wies der Ductor auf den Eingang. Dann ließ er sich doch zu einigen Worten herab.
»Du wirst deine Aufgabe erfüllen. Wenn es so weit ist, wirst du sie erkennen. Wir sehen uns nicht wieder.«
Mit diesem letzten Satz, der van Zant aufhorchen ließ, verschwand er in einer der Nebenstraßen. Artimus sah ihm lange nach. Er legte keinen Wert darauf, dieser Kreatur noch einmal zu begegnen, doch in den letzten Worten des Ductors hatte etwas Endgültiges gelegen, das dem Physiker überhaupt nicht gefiel.
Mit schweren Beinen erklomm er die vielen Treppenstufen, die ihn schließlich zum Dach brachten. Es herrschte Windstille. Die Elemente, die in den Schwefelklüften oft tobten und schwere Schäden hinterließen, schwiegen hier, denn sie waren durch den Kokon ausgeschlossen.
Im Zentrum des Flachdachs loderte die schwarze Flamme, die man auf allen Gebäuden der Stadt finden konnte. Für van Zant war sie ein Symbol, das die Herrscher im Gedenken an ihre Vorfahren installiert hatten, mehr nicht. Diese Flammen erzeugten keine Hitze, waren kalt wie eine Winternacht. Wenn van Zant einmal zu nahe an eine von ihnen gekommen war, fröstelte es ihn immer wieder.
Van Zant sah sich um. Er hatte von hier aus einen guten Blick über die gesamte Stadt. Er drehte sich einmal um die eigene Körperachse, doch da war nichts Außergewöhnliches zu sehen. Dann jedoch hielt er inne. Gar nicht weit entfernt von seinem Standpunkt, konnte er eine Figur erkennen, die wie er auf einem Dach stand. Der Physiker kniff die Augen zusammen, um so gezielter sehen zu können.
Es war der Ductor. Unbeweglich stand er - wie Artimus - nahe der schwarzen Flamme. Van Zant bückte zu der Fackel, der er sich immer mehr genähert hatte. Warum tat er das? Diese Dinger waren ihm im Grunde nie geheuer gewesen. Er machte ein paar rasche Schritt zu Seite, doch wie an Strippen hängend, die ein anderer führte, verringerte er die Distanz wieder.
Dann ertappte er sich dabei, eine Hand in das kalte Feuer zu halten. Blitzschnell zog er sie zurück, doch sie war unversehrt. Waren diese Flammen weit mehr als nur ein Symbol? Es blieb ihm nicht die Zeit, sich darüber weitere Gedanken zu machen.
Ein nie gehörter Ton klang in ihm an.
Er
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