0917 - Laertes' Grab
einem hohen technischen Standard ruhend, innovativ und kampfstark - waren das Haupteinsatzgebiet für die Neslin. Es gab Dinge, um die sich auch die größte Macht nicht im Einzelnen kümmern konnte oder wollte.
Dafür gab es Söldner wie die Neslin.
Und es gab sicher kein zweites Volk, das seine Aufträge so gründlich erledigte. Kylion befehligte 1.000 Neslin, die er mit harter Hand und einem straff organisierten Kampfprogramm stets handlungsfähig hielt. Hier und heute bewiesen sie es wieder einmal.
Kylion ließ sich nicht von dem Anblick seiner Frau ablenken. Sein Blick wanderte weiter, und wohin er auch kam, traf er auf Blut und Tod. Er fühlte, wie sein Blut in Wallung geriet. Und nicht zum ersten Mal war da ein nagender Zweifel, der sich in seine Gefühle mischte.
War das hier wirklich der einzige Sinn und Zweck, den seine Rasse in den Weiten des Alls zu erfüllen hatte? Morden, zerstören… Furcht und Panik verbreiten? Dem Willen einer Macht folgen, die so unendlich weit über den Neslin thronte? Es war zumindest eine Form der Absicherung, denn die Heimatwelt der Neslin wurde bisher stets verschont. Bisher…
Gewena gesellte sich zu ihm. Gemeinsam sahen sie zu, wie ihre Artgenossen das Gemetzel beendeten. Von dieser Welt würde für eine lange Zeit keine Opposition mehr ausgehen, die auch nur in irgendeiner Form zu beachten war.
»Du bist nicht richtig bei der Sache, Kylion.« Gewena befestigte ihre Sensenklinge am Hüftgurt, den sie trug.
Kylion konnte ihr nicht widersprechen. Er beschloss ihr zu berichten, was er in Erfahrung gebracht hatte.
»Bevor wir auf diese Welt geschickt wurden, habe ich Gerüchte gehört. Die Vernichtungen kommen dem Sektor unserer Heimatwelt immer näher.«
Gewena blickte ihren Gefährten an. »Aber das kannst du doch nicht wirklich glauben, oder? Dass wir dienen, ist doch immer unter der Voraussetzung geschehen, dass unsere Welt verschont bleibt. Ich kann es nicht glauben… es müssen falsche Informationen sein, die man dir zugetragen hat. Wer tötet das Tier, das seine Lasten für ihn trägt?«
Kylion lachte freudlos auf.
»Wir sind weniger als Tiere für die große Macht. Sie benutzt uns so lange, bis wir nicht mehr nützlich genug sind. Und dann?« Kylion sprach das alles mit gequälter Stimme aus. »Dann werden sie uns fallen lassen, werden unsere Heimat zerstören, wie sie es mit ungezählten anderen Welten gemacht haben.«
Gewena erschrak. So hatte sie Kylion noch nie sprechen hören.
Und doch… sie mochte ihm nicht widersprechen.
Als die Neslin dann von dieser Welt verschwanden, hatten sie ganze Arbeit geleistet. Die große Stadt glich einem einzigen Friedhof. Der Funke des Widerstandes war hier für alle Zeit verloschen.
Kylion öffnete die Augen, um die Gedankenbilder zu beenden. Sein Geist war in die Vergangenheit geglitten - weit über 300 Jahre. Es waren weitere Planeten gefolgt, die durch die Neslin gestraft wurden. Strafe war gleichbedeutend mit Tod. Doch an diese Welt, deren Bilder zu ihm gekommen waren, erinnerte Kylion sich noch am deutlichsten.
Der Zweifel war damals zum ersten Mal deutlich aus ihm heraus nach außen getreten. Von diesem Tag an sollte er auch nie wieder verschwinden.
Bis zu dem einen, dem ganz bestimmten Tag. Dem Tag, der alle bösen Vermutungen bestätigte.
Kylion schüttelte den Kopf. Erinnerungen konnte man oft nicht vermeiden, dennoch waren sie nur schmerzhaft und meist auch sinnlos. Das alles war so lange her, war verwehte Vergangenheit. Hier war die Realität, mit der die Neslin leben mussten.
Diese Welt war nun alles, was ihnen geblieben war. Kylion war ganz sicher, dass er die verbliebenen Neslin sofort zu einer Reise auf eine andere Welt hätte gewinnen können, doch sie besaßen die Fähigkeit dazu nicht mehr. Sie war ihnen hier abhanden gekommen, und so waren sie Gefangene einer Welt, die aus den perfekten Kriegern lethargische Wesen gemacht hatte, die ihre Lebenszeit verstreichen ließen, als würde die niemals enden.
Kylion fühlte die Kälte der Nacht, doch sie konnte ihm nichts anhaben. Neslin konnten überall existieren - auf Eiswelten oder in glühender Hitze. Immer wieder hatte er sich gefragt, was geschehen würde, wenn irgendwann einmal ein Raumschiff auf dieser kargen Welt landen würde? Aber diese Frage war müßig, denn welche Gründe sollte es dafür geben? Es gab hier nichts zu entdecken, nichts zu holen.
Er blickte sich um und fragte sich zugleich, wie viele Tage und Nächte er bereits hier auf
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