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0919 - Bücher des Grauens

0919 - Bücher des Grauens

Titel: 0919 - Bücher des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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glatzköpfigen Schläfer aufrecht erhalten wurde. »Sollten Archen nicht voller sein?«, fragte er dann leise. »Wo ist die Menschheit, die Sie retten wollen? Hier drin sehe ich nur uns und Ihre Kollegen.«
    Benedikts Miene verfinsterte sich. »So unwahrscheinlich das jetzt auch klingen mag: Wir wurden von den Geschehnissen überrascht.«
    Der Geologe lachte trocken auf. »Wenn Sie seit zweitausend Jahren von ihnen gewusst haben wollen, gebe ich Ihnen recht, Benedikt: Dann klingt das wirklich unwahrscheinlich.«
    »Nur, weil Sie die Zeit noch als etwas Chronologisches ansehen«, erwiderte der Geistliche sanft. »Ich versichere Ihnen, Herr Struttenkötter: Das ist sie nicht. Nicht mehr. Es gibt kein Vorher und kein Nachher, sondern nur noch Jetzt. Und Jetzt ist… gewissermaßen immer. Die Vergangenheit, an die Sie und ich uns erinnern, hat nie stattgefunden. Nicht mehr.«
    Hinter Eusebius Stirn schienen Raketen zu explodieren, während er versuchte, der Logik seines Gesprächspartners zu folgen. »Verzeihen Sie, Bruder, aber ich bin Geologe, kein… kein Quantenphysiker, oder was immer man sein muss, um Ihren seltsamen Erklärungsversuch nachvollziehen zu können. Wenn ich Sie richtig verstehe, geht der Untergang der Welt, von dem Sie sprechen, vom Auftauchen dieser Fischwesen aus, dieser Slissaks.«
    Benedikt nickte. »Unter anderem, ja. Es wird nicht bei den Slissaks bleiben, doch sie sind beziehungsweise waren die Vorboten, die Wegbereiter des Wandels. So sagt es uns die Prophezeiung, der mein Orden seit zweitausend Jahren folgt.«
    Struttenkötter hob abwehrend die Hände. »Und wieder überschütten Sie mich mit zu vielen Informationen. Eins nach dem anderen, bitte. Die Slissaks brachten das Ende der Welt, okay. Und das geschah… heute?«
    »Auch.« Der Mönch lächelte leicht. »Heute, gestern, vor hundert Jahren… Die Slissaks kamen und machten unsere Welt zu ihrer. Und zum Dank nahmen sie uns die Chronologie. Den Ablauf von Aktion und Reaktion, den Sie und ich als Zeit kennen. Das wird jetzt ein wenig kompliziert, von daher geben Sie besser Acht.«
    Staunend lauschte Eusebius den Worten des jungen Mannes. Benedikt zufolge hatte dieses Ende der Welt in der Vergangenheit angefangen, doch gleichzeitig auf alle anderen Epochen, Jahre und Tage übergegriffen. »Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, jemand reist aus der Gegenwart in die Vergangenheit und verändert diese grundlegend, sodass die Gegenwart, aus der er stammt, nicht mehr so ist, wie er sie verlassen hat«, sagte Benedikt. »Hat sie deswegen nie existiert? Das kann nicht sein, immerhin erinnert er sich an sie. Und dennoch ist sie nicht mehr da, wenn er zurückkehrt.«
    Struttenkötter nickte zögerlich, während er versuchte, Benedikts Ausführungen zu folgen.
    »Die Slissaks erschienen erstmals in der Vergangenheit. Doch sie änderten diese - und mit ihr alle Gegenwarten, die darauf folgten. Seitdem sind sie immer da. Sie tauchen in Gegenwarten auf, die längst Geschichte sind, schleichen sich in Epochen und Tage, die Sie und ich als Vergangenheit erinnern. Und somit auch in unsere Zeit. Für die Slissaks ist gewissermaßen immer Jetzt, Herr Struttenkötter. Als wäre die Zeit keine Abfolge von Ereignissen, sondern eine Kette von Gleichzeitigkeiten, zwischen denen sie nach Belieben hin und her springen können. Wir, meine Ordensbrüder und ich, wussten, dass der Tag kommen würde, an dem sie unsere Welt betraten - doch erst, als es geschehen war, wussten wir, wann das war. Ergibt das für Sie einen Sinn?«
    »Ich fürchte schon«, sagte Struttenkötter leise. »Die Slissaks veränderten die Geschichte, und seitdem gibt es sie in allen Zeiten.«
    »Das ist korrekt. Auch in denen, die in Ihrer und meiner Erinnerung anders verlaufen sind. Weil wir sie anders kennen, ohne den fremden Einfluss.«
    »Aber wann war der Anfang«, fragte Eusebius. »Wo haben diese Wesen angesetzt, um die Welt… wie Sie es sagten… unchronologisch zu machen?«
    »Damals.« Bruder Benedikt deutete auf eine Zeichnung, die an einer der Wände der unterirdischen Kammer hing. »Übrigens gar nicht weit von hier. In der Nähe der heutigen Christophstraße.«
    Es handelte sich um einen Holzschnitt, wie Struttenkötter feststellte, einen Druck aus den Anfangszeiten der Neuzeit. Er zeigte das Innere einer historischen Druckerwerkstatt. Und außerdem… »Ist das, wer ich glaube, dass es ist?«, hauchte Eusebius erschrocken.
    »Johannes Gutenberg.« Benedikt nickte. »Und den Dämon

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