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0930 - Das Loch im Universum

Titel: 0930 - Das Loch im Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Strom. „Und wo sind die anderen?"
    „Die anderen? Wie ist das zu verstehen? Ich bin der Strom. Du gehörst zu mir."
    Tatsächlich, gestand sich der Strömer ein, war er nichts Eigenständiges.
    Sobald die Quelle, der der Strom entsprang, einmal versiegen würde, gab es für den Strömer keine Existenzmöglichkeit mehr. Der Zustand, in dem er sich befand, würde bis in alle Ewigkeit anhalten, solange er sich nicht gegen den Strom bewegte oder sich in die Randgebiete vorwagte. So gesehen, bedeutete seine Existenz eine Sinnlosigkeit, aber der Strömer war nicht dazu geschaffen, sich deshalb Gedanken zu machen.
    Ab und zu träumte er davon, bis zur Quelle gegen den Strom zu schwimmen und das Gebiet, in dem der Strom entsprang, zu erkunden. Von den Randgebieten, die er noch niemals gesehen hatte, drangen oft seltsame Empfindungen bis in sein Wahrnehmungszentrum. Der Strömer wußte, daß er sich im Zuge des ständigen Energieaustauschs mit dem Strom ständig erneuerte, aber da seine Grundform immer die gleiche blieb, behielt er auch seine Identität. Er hatte sich schon so oft aufgelöst und wieder zusammengesetzt, daß man getrost davon ausgehen konnte, daß bestimmte Teilchen schon mehrere tausendmal in ihm gebündelt worden waren. Das verführte ihn oft zu der Annahme, er selbst könnte der Strom sein. Demnach wären alle Zwiegespräche im Grunde genommen nichts weiter als Monologe gewesen.
    So gleichmäßig, wie der Strom dahinglitt, konnte man annehmen, daß die Quelle ebenfalls eine Konstante war. Anders mußte es sich mit den Seitenarmen verhalten, in die recht unregelmäßige Energie abgegeben wurde. Einige dieser Phasen wiederholten sich und schienen einem bestimmten, wenn auch unerklärbarem Rhythmus zu unterliegen, andere präsentierten sich dem Strömer als willkürliche Erscheinungen. Niemals jedoch mußte der Strom soviel von seiner Kapazität in die Nebenarme abgeben, daß sein Kreislauf davon berührt worden wäre.
    Neben der Quelle und den Randgebieten stellte das Netzwerk von Verästelungen das größte Phänomen des Stromes dar.
    Der Strömer überlegte oft, ob es sich dabei vielleicht um eine Art von Wunde handelte, die dem Strom beigebracht worden war. Diese Theorie unterstellte jedoch, daß es außerhalb des Stromes „etwas" gab.
    Der Anlaß, daß der Strömer sich schließlich entschloß, zu den Seitenarmen vorzudringen, war vergleichsweise geringfügig, aber man muß bedenken, daß der Strömer in einer Umgebung existierte, in der niemals Veränderungen auftraten und in der niemals irgend etwas Ungewöhnliches geschah.
    Dieser Anlaß war ein kurzer Ruck, der den Kreislauf des Stromes für einen kurzen Augenblick beeinflußte. Es war, als ströme ein Schwall zusätzlicher Energie aus der Quelle, treibe den Strom an und überflute ihn mit Hitze. Doch der Strom nivellierte sich augenblicklich.
    Dies kaum wahrnehmbare Signal jedoch schreckte den Strömer aus seinem betulichen Dasein auf, es war für ihn das erste Anzeichen einer sich abzeichnenden Veränderung. Er, der immer in dem Glauben existiert hatte, daß sich niemals etwas verändern würde, sah sich plötzlich wieder mit allen möglichen Fragen konfrontiert, die er bisher erfolgreich aus seinem Bewußtsein verdrängt hatte. „Was ist geschehen?" wandte er sich an den Strom.
    Der Strom reagierte unsicher und zurückhaltend! Er wußte nicht, was sich ereignet hatte.
    Der Strömer brauchte vorerst nichts zu tun, als weiter mit dem Strom dahinzufließen. Der Kreislauf würde ihn schließlich an jene Stelle tragen, an der die Seitenarme begannen. Dann mußte er, wenn ihn der Mut bis dahin nicht verlassen haben würde, seitwärts abbiegen. Das war in der Nähe der Seitenarme nicht so gefährlich wie an anderen Stellen, denn der Strömer brauchte weiter nichts zu tun, als sich in eine der unzähligen Nebenströmungen einzuschleusen. Aber gab es, wenn er diesen Schritt getan hatte, überhaupt wieder ein Zurück?
    Seinem Weltverständnis entsprechend, mußten die Seitenarme irgendwo wieder in den Kreislauf zurückkehren, doch nun war sich der Strömer dessen nicht mehr so gewiß. Er mußte wieder an eine entsetzliche Wunde denken, aus der der Strom sich in ...
    Ja, wohin ergoß er sich? Der Strömer sah ein, daß die Bezeichnungen, mit denen er bisher operiert hatte, nicht mehr genügten. Die Vorstellung, der Strom käme aus dem Nichts und verschwände auch wieder darin, war philosophisch sicher sehr befriedigend, aber sie erklärte nun, da der

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