0932 - Grausame Zeit
neben ihm aus. »Ich will gar nicht wissen, wer dich geschickt hat. Ich will auch deinen Namen nicht erfahren, aber ich will dir hier und jetzt eine Lektion erteilen. Es kommt darauf an, wie gut du in Form bist. Wenn du okay bist, überlebst du. Wenn nicht, hast du Pech gehabt.« Buzea freute sich und richtete sich wieder auf. Er rieb seine Hände, trat an die rechte Seite des am Boden Liegenden heran und hob seinen rechten Fuß.
»Ich kenne es aus dem Knast. Drei Tritte. Ich fange bei deinen Eiern an, dann höher - zwischen Magen und Brustkorb, und den letzten setze ich dir ins Gesicht.« Er schniefte. »Klar?«
Es war klar, das aber konnte ihm Harry nicht deutlich machen. Er kämpfte mehr mit sich selbst. Zwar trug er eine Waffe bei sich, doch der Versuch, sie zu ziehen, wäre bereits tödlich gewesen. Er mußte eine andere Möglichkeit finden, um zu verhindern, daß er verletzt oder sogar totgetreten wurde.
Bewegen konnte er sich. Und das war sein Glück. Zudem gehörte Harry zu den Menschen, die nicht so leicht aufgaben. Er hatte es gelernt, sich zu verteidigen und zu überleben, und dieses Training machte sich auch jetzt bezahlt.
Bevor Buzea seinen Vorsatz in die Tat umsetzen konnte, griff Harry mit beiden Händen zu. Er hatte sich dabei herumgewälzt, und die Finger umklammerten den Stoff der neuen Hose dicht über dem Knöchel.
Harry schrie und zerrte zugleich. Selbst der an Auseinandersetzungen und Schlägereien gewohnte Buzea wurde von dieser Aktion überrascht.
Das eine Bein wurde ihm förmlich weggerissen, und auch das Standbein gab ihm nicht den nötigen Halt. Er wurde zu einem unfreiwilligen Tänzer, der in der Luft schwebte, dann nach hinten kippte und hart gegen das Geländer schlug. Nicht mit dem Kopf direkt, aber der Nacken wurde schon getroffen.
Natürlich wußte Harry, daß er mit dieser Aktion nicht aus dem Schneider war. Er mußte mehr tun, er mußte besser sein, er mußte vor allen Dingen die Leere des Flurs verlassen und auch an seine Waffe herankommen, wobei er Mühe hatte, sich zu bewegen, was auch an seinem verdammten Luftmangel lag.
Deshalb rollte er sich zur Seite. Dabei sah er auch die Tür vor sich, die für ihn die Rettung bedeutete.
Hinter ihm fluchte Buzea. Er hatte diesen Aufprall abgeschüttelt, er wollte weiterhin bei seinem Plan bleiben und den anderen vernichten. Aber das Schicksal machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Es ließ auch nicht mehr zu, daß Harry seine Waffe zog. Er kniete noch, als er über sich die Stimmen der beiden Verkäuferinnen hörte, die die Stufen der Treppe herabkamen und beide Männer schon sehr bald sehen mußten.
Buzea zog daraus die Konsequenzen. Er ließ Harry zwangsläufig in Ruhe, war blitzschnell an der Tür, zerrte sie auf und huschte durch den Spalt in den Verkaufsraum.
Stahl hatte das Nachsehen. Er war ja auch nicht so schnell wie noch vor ein paar Minuten.
Mühsam versuchte er, auf die Beine zu kommen, was ihm nicht so schnell gelang. Er fluchte über den Schwindel, dann hörte er von der Treppe her einen erschreckten Ruf. Jemand kam auf ihn zu!
Dann hatten ihn die Verkäuferinnen erreicht. Er wurde von zwei Seiten gestützt. Wie ein alter Mann. Besorgte Stimmen fragten, ob ihm übel geworden sei, und Harry erklärte, daß er ausgerutscht war.
»Das haben wir schon öfter gehabt«, sagte die ältere der beiden. »Aber was ist mit ihrer Stimme?«
»Ich habe Ärger mit dem Hals.«
»Brauchen Sie einen Arzt?«
»Nein, es geht schon. Danke, meine Damen.« Zwar fühlte er sich noch immer wie durch den Wolf gedreht, aber er konnte normal gehen, ohne Furcht davor zu haben, zu stolpern und hinzufallen.
Harry bewegte sich auf die Eisentür zu, hinter der auch Buzea verschwunden war. Nur zog er sie wesentlich langsamer auf und betrat mit matten Schritten den großen Verkaufsraum in der ersten Etage.
Harry Stahl war kein Spinner oder Träumer. Er gab zu, daß man ihn klassisch ausgekontert oder hereingelegt hatte. Alfons Buzea war inzwischen über alle Berge.
An die Folgen dachte er noch nicht, denn er hatte im Augenblick mit sich selbst genug zu tun. Harry wollte etwas trinken. Auf der Rolltreppe fuhr er hoch ins Restaurant, holte sich dort eine Flasche Saft aus der Kühlbox, ein Glas und trank sie halbleer, noch bevor er bezahlt und den Kassenbereich passiert hatte.
Wenig später nahm er an einem leeren Tisch Platz und massierte dabei seinen Hals.
Er war geschwollen und schmerzte noch. Das Schlucken tat ihm weh.
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